Minderheitenpolitik

Sprachpolitische Forderungen des BDN noch nicht erfüllt

Sprachpolitische Forderungen des BDN noch nicht erfüllt

Sprachpolitische Forderungen des BDN noch nicht erfüllt

Apenrade/Aabenraa
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Im Folketingswahlkampf 2015 unterstützte die SF-Politikerin Karina Lorentzen Dehnhardt die damals bereits angelaufene Initiative des Bundes Deutscher Nordschleswiger für zweisprachige Ortstafeln in Nordschleswig. Neben der Politikerin (v. l.) der frühere Sekretariatschef Jan Diedrichsen, SP-Vorsitzender Carsten Leth Schmidt, der BDN-Hauptvorsitzende Hinrich Jürgensen und SP-Sekretärin Ruth Candussi Foto: Volker Heesch

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Der Bund Deutscher Nordschleswiger legt eine Zwischenbilanz vor: Die Vereine und Verbände der deutschen Minderheit in Dänemark werden um Anregungen gebeten, wo die per Europäischer Sprachencharta verbriefte Pflicht zur Berücksichtigung der deutschen Sprache im Landesteil noch umzusetzen ist.

„Unsere sprachpolitischen Forderungen zur stärkeren Berücksichtigung der deutschen Sprache bei Behörden und Einrichtungen in Nordschleswig stehen bereits seit über zehn Jahren auf der Tagesordnung“, berichtet der Kommunikationschef des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Harro Hallmann.

Zwischenbilanz nicht befriedigend

Der Dachverband der deutschen Minderheit hat gerade eine Zwischenbilanz vorgelegt, die zeigt, dass viele der Forderungen noch nicht umgesetzt worden sind. Und das, obwohl Dänemark mit dem Beitritt zur Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen des Europarates Verpflichtungen hinsichtlich der deutschen Minderheit akzeptiert hat. Zuletzt hat der BDN 2019 seine sprachpolitischen Forderungen für den Zeitraum bis 2022 aktualisiert. 

Harro Hallmann ist im Haus Nordschleswig als Kommunikationschef des BDN tätig, und er leitet das Sekretariat der deutschen Minderheit in Kopenhagen. Foto: Karin Riggelsen

 

„Der BDN hat festgestellt, dass bisher leider nur die Kommune Apenrade der Anregung gefolgt ist, anzugeben, wie telefonisch deutschsprachiges Personal als Ansprechpartner in der kommunalen Verwaltung erreicht werden kann“, berichtet Harro Hallmann.

Angebot wegen deutscher Zuzügler sinnvoll

Ein solches Angebot wäre angesichts der aktuell vielen Zuzügler aus Deutschland ein Vorteil auch für die kommunalen Verwaltungen. Er verweist dabei auf schwer verständliche dänische Regeln im Bereich der Steuer- und Sozialgesetzgebung. Da vieles über das Internet auf Dänisch läuft, gebe es ebenfalls Probleme.

 

Im Europarat, auf dem Foto dessen Sitz in Straßburg, ist die Charta zum Schutz der Regional- und Minderheitensprachen von den Mitgliedsstaaten erarbeitet worden, zu deren Kreis fast alle europäischen Staaten zählen. Die Organisation ist 1949 gegründet worden, Dänemark war eines der Gründungsmitglieder. Der Europarat gehört nicht zur jüngeren EU, deren 27 Mitgliedsstaaten aber alle dem Europarat angehören, dessen Kernanliegen die Förderung der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind. Foto: Volker Heesch

 

Hallmann erinnert daran, dass sich Dänemark mit dem Beitritt zur Sprachencharta, die in Regie des Europarates, also nicht der EU, erarbeitet worden ist, verpflichtet hat, Minderheitensprachen in sozialen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen zu berücksichtigen. Deshalb sollten auch in Nordschleswig Pflegeheime Seniorinnen und Senioren, die beispielsweise nur noch Deutsch als Sprache ihrer Kindheit verwenden, in dieser Sprache betreuen.

 

Deutschsprachiges Personal vorhanden

Das sei auch umsetzbar, weil in vielen Einrichtungen das Personal dazu die sprachlichen Voraussetzungen hat. Ein positives Beispiel sei in Sachen Information in deutscher Sprache die staatliche Steuerbehörde Skat, die ihr deutschsprachiges Angebot laufend verbessere. Teilweise erfüllt sei die Verpflichtung, im Rahmen der Sprachencharta der deutschen Minderheit finanzielle Mittel für eigene Medien bereitzustellen. Dazu sollten aber Gelder dauerhaft im Staatshaushalt verankert werden.

Digitale Angebote mit Sprachproblem

Stiefmütterlich würde die deutsche Sprache bei vielen digitalen Lösungen behandelt. Das gelte für Portale wie „borger.dk“, die Mobilitätskarte „Rejsekortet“ ebenso wie für die digitale Signatur „NemID/MitID“ oder das Bezahlsystem per Mobiltelefon „MobilePay“.

Nicht weitergekommen sind die nordschleswigschen Kommunen hin zum Standard, der in vielen europäischen Ländern längst zum Alltag gehört, zweisprachige Ortstafeln in Nordschleswig aufzustellen. Dort, wo deutsche Ortsnamen nicht nur zum geschichtlichen Erbe des heutigen Grenzlandes zählen, sondern auch während der Zeit des dänischen Gesamtstaates vor 1864 im Alltag präsent waren.

In Flensburg seit 2008 deutscher und dänischer Ortsname

Der BDN erinnert daran, dass in Schleswig-Holstein die Stadt Flensburg bereits seit 2008 zweisprachige Ortstafeln „Flensburg/Flensborg“ verwendet. „Solche Tafeln auch in den größeren nordschleswigschen Orten wären ein Symbol für das friedliche Zusammenleben im Grenzland“, so Hallmann. Außerdem seien sie ein Alleinstellungsmerkmal, das Tourismus und Wirtschaft fördere. Leider sei die deutsche Minderheit in Dänemark dem Ziel der zweisprachigen Tafeln aber nicht nähergekommen.

Ein Erfolg ist es gewesen, dass die Streichung der Mittel für den Einsatz des Sozialdienstes Nordschleswig aus dem Staatshaushalt zurückgenommen wurde, weil beispielsweise der Beratungseinsatz des Verbandes nur an Mitglieder der Minderheit gerichtet sei.

Mitarbeit der Verbände und Vereine erbeten

Harro Hallmann, der als Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen auch in Sachen Sprachenpolitik Kontakt zu Regierung und Parlament hält, weist darauf hin, dass gerade die ständige technologische Entwicklung neue Sprachprobleme im Bereich der Minderheit sichtbar macht.

Hallmann fordert die Verbände und Vereine in Nordschleswig auf, die aktuell neu formulierten sprachpolitischen Forderungen zu diskutieren und zu untersuchen, ob deren Umsetzung beim eigenen Wirken relevant ist. Er nehme gern Hinweise entgegen, wo es Handlungsbedarf gibt.    

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