Deutsche MInderheit

Durch Hermann Augustin lebendige NG-Geschichte

Durch Hermann Augustin lebendige NG-Geschichte

Durch Hermann Augustin lebendige NG-Geschichte

Tingleff/Tinglev
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Während der Buchvorstellung gab es die Vorführung eines Filmausschnittes des „NDR“, in dem die Amtseinführung des neuen deutschen Pastors im Pfarrbezirk Feldstedt, Hermann Augustin, durch den damaligen Bischof Reinhard Wester zu sehen ist. Vorn rechts auf dem Foto Augustins Schwiegervater, der Hamburger Pastor Dr. Gregor Steffen, der bei dem Ereignis dabei war. Foto: Volker Heesch

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Während der Tagung der Kirchenvertreterinnen und -vertreter in Tingleff würdigte Senior Matthias Alpen das neue Buch „Kirche muss Kirche bleiben!“ über die Nordschleswigsche Gemeinde. Der dort anwesende Autor und emeritierte Propst erhielt Beifall für sein Werk und lieferte zusätzliche Informationen zur Gemeindevergangenheit.

Während der Zusammenkunft der Kirchenvertreterinnen und -vertreter der Nordschleswigschen Gemeinde (NG) am Donnerstag in Tingleff gab es mit der Präsentation des kürzlich veröffentlichten Buches „Kirche muss Kirche bleiben!“ eine spannende Einstimmung auf das 100-jährige Bestehen der Gemeinde. 

Autor in Bülderup geboren

Geschrieben hat es der 1932 in Bülderup (Bylderup) geborene einstige Pastor der Nordschleswigschen Gemeinde in Feldstedt und spätere Propst in Ratzeburg, Dr. Hermann Augustin. Unter Mitarbeit des deutsch-nordschleswigschen Kirchenhistorikers Dr. Günter Weitling hat Augustin nicht nur nationale und nationalsozialistische Einflüsse auf das kirchliche Leben der deutschen Nordschleswiger in seinem Werk beleuchtet, sondern auf der Basis seiner eigenen Erinnerungen und Fotodokumente die Geschichte der NG nach 1945 dargestellt.

Matthias Alpen stellte Buch und Verfasser in Tingleff vor. Foto: Volker Heesch

 

„Einen herzlichen Dank für das Werk möchte ich aussprechen“, so der Senior der Nordschleswigschen Gemeinde, Pastor Matthias Alpen, der auch Grüße an Günter Weitling übermitteln ließ, der sich in früheren Jahren auch mit dunklen Kapiteln der NG auseinandergesetzt hat.

Dank an Zeitzeugen

„Sie haben das Buch als Zeitzeuge und Pastor des 1963 neu gegründeten Pfarrbezirks Feldstedt der Gemeinde geschrieben, als das 40-jährige Bestehen der NG gefeiert wurde“, so Alpen, der Augustin für seine weite Anreise aus Ratzeburg in Begleitung seiner Frau Renate dankte.

 

In Tingleff bei der NG-Tagung dabei: (v. l.) Dr. Hermann Augustin, Renate Augustin, Dieter Todt, Gunda Todt, NG-Geschäftsführer Gerd Lorenzen, Dr. Friedrich Hauschildt, Margret Hauschildt Foto: Volker Heesch

 

Er begrüßte auch Augustins Schwester Gunda Todt nebst Ehemann Dieter. Gunda Todt hat in Bülderup den deutschen Kindergarten aufgebaut, Dieter Todt war Lehrer an der dortigen deutschen Schule. Ebenfalls dabei war Dr. Friedrich Hauschildt nebst Ehefrau Margret, der von 1976 bis 1985 in Feldstedt Pastor gewesen ist und später leitende Funktionen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland ausgeübt hat. Auch dieser lieferte Eindrücke aus seiner Wirkungszeit in Nordschleswig. 

Während Alpen sprach, wurden Lichtbilder gezeigt, die auch im Buch zu finden sind, und sogar eine historische Filmaufnahme aus dem Jahr 1963, als der von 1947 bis 1967 amtierende Schleswiger Bischof Reinhard Wester Augustin in sein Amt in Nordschleswig eingeführt hat.

 

Der Jumper, ein einspänniger Pferdewagen, erinnerte als Lichtbild an die gemeinsame Kinderzeit Hermann Augustins und Christel Hansens in Bülderup. Foto: Volker Heesch

 

Auch ein Foto mit einem einspännigen Pferdewagen, einem Jumper, sorgte für Aufsehen. War darauf doch die heute 95-jährige frühere Kirchvertreterin Christel Hansen zu sehen, die den mehrere Jahre jüngeren Hermann Augustin schon als Kleinkind auf den Schoß genommen hatte, als dieser als Sohn des Bülderuper Lehrers Cornelius Augustin als Kleinkind still am Unterricht teilnehmen durfte. Alpen erwähnte in seinen Ausführungen den Fortzug der Familie Augustin aus Nordschleswig zu Beginn des Zweiten Weltkriegs.

 

Matthias Alpen würdigte das Werk Hermann Augustins. Foto: Volker Heesch

 

Der Vater wurde nach dem Einzug zur Wehrmacht noch nach Ratzeburg an die dortige Lehrerbildungsanstalt versetzt, nahm am Angriff auf die Sowjetunion teil und geriet gegen Kriegsende in Gefangenschaft, aus der er erst 1955 als Spätheimkehrer nach Rendsburg zurückkehrte, wo die Familie inzwischen lebte.

Blumen für den Spätheimkehrer

Auf die bis heute andauernde Verbundenheit der Familie Augustin ging Alpen mit dem Hinweis ein, dass zur Rückkehr Cornelius Augustins aus der Gefangenschaft 1955 zahlreiche Blumen aus Bülderup-Bau nach Rendsburg geschickt wurden.

Herrmann Augustin ergriff selbst auch das Wort und erwähnte eigene bittere Erfahrungen während der NS-Zeit und sein Interesse an der Erforschung der Rolle der schleswig-holsteinischen evangelischen Kirche während und nach der NS-Zeit. Bei Tagungen in Breklum, wo die dortige Mission dem starken NS-Einfluss in der Kirche widerstanden habe, sei ihm der Gedanke gekommen, was eigentlich in Nordschleswig in dieser Zeit los gewesen ist.

Sein Studienkollege Dr. Günter Weitling habe, wie Matthias Alpen auch unterstrichen hatte, in Sachen kritischer Erforschung auch unbequemer Kapitel der eigenen Geschichte Maßstäbe mit seinem Buch „Deutsches Kirchenleben in Nordschleswig seit der Volksabstimmung 1920“ gesetzt. Augustin erwähnte, dass es in seiner Familie eigentlich keine schlechte Meinung über nordschleswigsche Pastoren mit NS-Nähe gegeben habe. In Ratzeburg habe man aber über den dortigen nordschleswigschen Pastor Friedrich Jessen die Bekennende Kirche kennengelernt.

 

Hermann Augustin dankte der Nordschleswigschen Gemeinde für die Herausgabe seines Buches. Foto: Volker Heesch

 

Augustin bedankte sich bei der Nordschleswigschen Gemeinde für die Unterstützung, dass sein Werk als Buch herausgegeben werden konnte. Gerade vor dem Hintergrund der aus heutiger Sicht schlimmen NS-Verstrickungen auch von Pastoren der NG freue er sich über das heute gute Verhältnis der deutschen Kirche in Nordschleswig mit der dänischen Kirche nördlich und südlich der Grenze, die, abgesehen vom Wildschweinzaun, kaum mehr spürbar sei. Der frühere Feldstedter Pastor ging auch auf seine Tätigkeit von 1963 bis 1973 in Nordschleswig ein und erwähnte dabei einige treue Gemeindemitglieder.

Er erinnerte aber auch an Erlebnisse mit den damals noch gegenüber den Deutschen sehr reservierten dänischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern.

Die Versammlung dankte Augustin mit langem Beifall für das „Geschichtsbuch“ und seine Verbundenheit mit seiner Heimat. Herzlich verabschiedete sich Augustin von Christel Hansen.        

 

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