Deutsche Minderheit

Lesung: Das große Schweigen

Lesung: Das große Schweigen

Lesung: Das große Schweigen

Der Nordschleswiger
Der Nordschleswiger
Apenrade/Aabenraa
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Ulrike Dotzer war am Donnerstagabend in der Deutschen Zentralbücherei in Apenrade zu Gast. Foto: Burkhardt Hellwig

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Die Autorin Ulrike Dotzer stellte in der deutschen Bücherei in Apenrade ihr Erstlingswerk „Goldener Boden“ vor. Darin geht es um die Geschichte einer Friseurdynastie, die die Zuhörerinnen und Zuhörer nach New York, Pommern, in die sowjetische Besatzungszone, die DDR und bis nach Kiel führte.

Es hatte etwas von einem Kammerspiel mit digitalem Einschlag, als Ulrike Dotzer am Donnerstagabend in der Deutschen Zentralbücherei Apenrade ihren Erstling „Goldener Boden“ vorstellte.

Die in Kiel geborene Journalistin, die ihre ersten beruflichen Schritte bei Printzeitungen machte, um dann über viele Jahre als „Arte“-Verantwortliche beim „NDR“ für preisgekrönte Dokumentationen zu stehen, nahm die Gäste mit auf die lange Reise einer Friseurdynastie. Angelehnt an die eigene Familiengeschichte, ging es über New York nach Pommern, in die sowjetische Besatzungszone, die dann zur DDR wurde, bis nach Kiel.

„Wird es schwierig, wird geschwiegen“

In einem Mix aus Lesung und Gespräch mit Büchereidirektorin Claudia Knauer zeichnet Ulrike Dotzer den Weg der Familie, die von einer starken Frau, Clara Sahlcke, bestimmt wird, in den Nationalsozialismus hinein, in die Flucht und den Neuanfang in Kiel. Begleitet wird dies von einem Schweigen, das sich wie Mehltau auf alles legt.

Die vier Töchter von Clara und ihr Mann sind Kriegskinder – mit allen Folgen für ihr eigenes Leben. Gustav Hirsch, Claras Vater und Begründer der Friseurdynastie, der einst in die USA auswanderte, um dann nach Pommern, nach Stolp zurückzukehren, verstummt angesichts der Umbrüche der Welt und seines kleinen Kreises immer mehr. Und auch in der Familie wird geschwiegen – nicht nur über die Nazivergangenheit, sondern wie eine Krake erstreckt sich das, was bei der Mafia Omertà heißt, in alle Lebensbereiche. „Wird es schwierig, wird geschwiegen“, so Ulrike Dotzer.

Generationenübergreifender Austausch

Im intensiven Gespräch im Kammerspielrahmen, dem die Zuhörerinnen und Zuhörer, die digital aus Hamburg, Flensburg, Süderlügum oder Hadersleben (Haderslev) dazugeschaltet waren, trugen die Gäste mit ihren eigenen Gedanken und Erlebnissen zu diesem Abend bei.

Für junge Menschen kann diese Vergangenheitsbewältigung anmuten wie etwas „Abgelutschtes, das wir doch so oft schon gehört haben. Wir haben es verstanden“, wie ein Gast, der noch nicht viele Jahre zählt, es formulierte. Die Älteren widersprachen: „Fakten helfen nicht, wirklich zu verstehen. Ein solches Buch mit der einfühlenden, sprachlich äußerst gelungenen Schilderung von Menschen aber tut es.“

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