Europeada

Nordschleswigerinnen beenden 16-jährige Sieglosigkeit

Nordschleswigerinnen beenden 16-jährige Sieglosigkeit

Nordschleswigerinnen beenden 16-jährige Sieglosigkeit

Apenrade/Aabenraa
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Trotz drückender Überlegenheit reichte es nicht für ein Tor gegen die Sorbinnen. Foto: Karin Riggelsen

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Mit dem 3:2-Erfolg gegen Oberschlesien holen die Frauen vom Team Nordschleswig den ersten Sieg der deutschen Minderheit seit der Europeada 2008. Durch ein Unentschieden im zweiten Spiel gegen die Sorbinnen hat die Mannschaft von Trainer Arentsen damit beste Chancen, sich am Freitag den 5. Platz zu sichern.

„Ich bin total zufrieden mit dem, was unsere Frauen bisher erreicht haben. Sie haben eine super Leistung gezeigt. Egal, was jetzt bei den Platzierungsspielen herauskommt, sie können sehr stolz sein“, sagt die Teamleiterin der Frauenmannschaft vom Team Nordschleswig – Æ Mannschaft, Friederike Kuhrt, kurz vor dem Beginn des Europeada-Platzierungsturniers, bei dem die Plätze fünf bis neun ausgespielt werden.

Teamleiterin Friederike „Lulu“ Kuhrt (links) freut sich mit ihrem Nachwuchs auf die Platzierungsspiele. Foto: Karin Riggelsen

Auch der Trainer der Nordschleswigerinnen, Kristian Arentsen, zeigt sich vor Beginn des ersten Spieles gegen die Lausitzer Sorbinnen eher verhalten.

„Wir haben uns bisher super präsentiert und konnten uns jedes Spiel steigern, aber heute müssen wir aufgrund von Arbeit und Urlaub auf vier Spielerinnen verzichten. Das tut natürlich weh, aber so haben die anderen Spielerinnen die Möglichkeit, zu zeigen, was sie können, und ich bin sicher, das werden sie auch tun“, so Arentsen vor dem Anpfiff.

Trainer Kristian Arentsen war nicht immer mit den Schiedsrichterentscheidungen zufrieden – mit seiner Mannschaft dafür umso mehr. Foto: Karin Riggelsen

Drückende Überlegenheit

Wie sehr es seine Mannschaft ihm und allen Zuschauerinnen und Zuschauern an diesem Tag zeigen wird, ahnt er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

In den ersten zwei Minuten schaffen es die Sorbinnen das Team Nordschleswig in die eigene Hälfte zu drängen, ohne wirklich gefährlich zu werden. Anschließend gehört das Spiel voll und ganz den blau-gelben Gastgeberinnen. Ein Angriff nach dem anderen rollt aufs sorbische Tor. 

In der 7. Minute ist es Sara Bargum, die einen zurückgelegten Ball auf die Sechzehnerlinie knapp links neben den Pfosten setzt. Nur wenigen Minuten später vergibt Toptorjägerin Rikke Bøttcher die nächste Großchance, als sie den Ball knapp am Tor vorbei spitzelt.

Während auf der Bank des Teams Nordschleswig sichtliche Zufriedenheit herrscht, beginnt der Trainer der Sorbinnen bereits nach wenigen Minuten, wütend am Spielfeldrand zu gestikulieren und seine Mannschaft lautstark anzutreiben.

Allerdings ohne Erfolg.

Nordschleswig-Angreiferin Rikke Bøttcher war stets einen Schritt schneller als ihre Gegenspielerinnen. Foto: Karin Riggelsen

Die Einzigen, die Fußball spielen, sind die Nordschleswigerinnen. Hinten räumen Lena Hymøller und Stina Sørensen alles ab und entschärfen jeden langen Ball der Sorbinnen souverän. Im Mittelfeld lässt Anne Cathrine Petersen ihre Gegenspielerinnen ein ums andere Mal wie Fahnenstangen aussehen, und im Angriff ist es allen voran Rikke Bøttcher, die dauerhaft für Unruhe sorgt.

Einzig allein das Tor fehlt.

Die Nordschleswigerinnen ließen ihre Gegnerinnen lange Zeit gar nicht aus der eigenen Hälfte heraus. Foto: Karin Riggelsen

Die sorbischen Fans, die sich zahlreich auf der Tribüne versammelt haben und ihr Team lautstark mit Trommeln, Rasseln, Trompeten und Cheerleading-Equipment anfeuern, müssen bis zur 42. Minuten warten, ehe ihre Mannschaft den ersten Schuss aufs Tor abgibt. Es ist zugleich der erste Ballkontakt für die nordschleswigsche Torhüterin Anne Sofie Peters, die erst in der Schlussminute wirklich gefordert wird, als sie einen gut platzierten Schuss aus rund 13 Metern entschärfen muss.

Beim Stand von 0:0 pfeift der Schiedsrichter das Spiel schließlich nach 45 Minuten ab.

Die sorbischen Fans gaben alles. Foto: Karin Riggelsen

Zu viele Chancen vergeben

Stolz auf seine Mannschaft hadert Trainer Arentsen nach dem Spiel doch etwas mit dem Chancenwucher.

„Ich bin natürlich sehr zufrieden. Meine Mannschaft hat super gespielt, aber man muss auch sagen, dass es angesichts der vielen Torchancen etwas ärgerlich ist, dass wir nicht gewonnen haben. Ich denke, wir waren die klar bessere Mannschaft“, so Arentsen, der angesichts zwei angeschlagener Spielerinnen etwas skeptisch auf das zweite Spiel des Tages gegen Oberschlesien blickt.

„Wir kennen sie ja bereits aus der Vorrunde und wissen, dass sie noch mal ein Stück besser sind als die Gegnerinnen von gerade. Ich bin gespannt, wie wir uns schlagen, langsam wird es dünn auf der Auswechselbank“, so der Coach.

Auch gegen Oberschlesien hatte das nordschleswigsche Team alles unter Kontrolle. Foto: Karin Riggelsen

Offensivfeuerwerk

Sorgen, die sich als vollkommen unbegründet herausstellen sollten.

Zwar legen die Oberschlesierinnen los wie die Feuerwehr, drücken das Team aus Nordschleswig weit in die eigene Hälfte und schaffen es bereits in der 3. Minute mit einem Schuss aus 16 Metern früh mit 1:0 in Führung zu gehen, doch wer glaubt, dass die Nordschleswigerinnen den Kopf in den Sand stecken würden, sah sich schnell getäuscht.

Wie im ersten Spiel gegen die Sorbinnen folgt nach den verschlafenen ersten Minuten ein nordschleswigsches Offensivfeuerwerk, gegen das sich die Gäste aus Oberschlesien nicht wehren können.

Bereits zwei Minuten nach dem Rückstand gleicht Pernille Sommer mit einem satten Abschluss aus 18 Metern aus. Weitere zwei Minuten später ist es Tormaschine Rikke Bøttcher, die den Ball traumhaft über die herausstürmende Torhüterin hebt und den Ball anschließend ins leere Tor zur 2:1-Führung einschiebt.

Abwehrchefin Lena Hymøller war die überragende Spielerin des Tages. Foto: Karin Riggelsen

Die gefrusteten Gäste aus Oberschlesien legen anschließend eine härtere Gangart ein, die in der 13. Minute vom Schiedsrichter mit einem Elfmeter bestraft wird. Abwehrbollwerk Lena Hymøller schnappt sich den Ball und trifft souverän ins untere rechte Eck. Weil einige Spielerinnen zu früh in den Strafraum eingelaufen sind, lässt der Schiedsrichter den Strafstoß allerdings wiederholen. Hymøller entscheidet sich dieses Mal für die andere Ecke und trifft – nicht weniger souverän als beim ersten Mal – zur 3:1-Führung.

Historischer Sieg

Anschließend lassen es die Gastgeberinnen aus Nordschleswig ruhiger angehen. Doch Oberschlesien gelingt es trotzdem lange nicht, gefährlich nahe an das gegnerische Tor zu kommen. Erst eine Ecke in der 30. Minute bringt wieder Gefahr in den blau-gelben Strafraum und führt prompt zum Tor. Der nordschleswigschen Torhüterin flutscht der Ball beim Versuch, die Ecke abzufangen, durch die Finger, und die dahinterstehende Angreiferin aus Oberschlesien muss aus kurzer Distanz nur noch einschieben.

Wirklich spannend wird das Spiel in der Folge allerdings nicht mehr. Das Team aus Nordschleswig verwaltet die Führung souverän, und Oberschlesien hat nicht die Mittel, noch einmal gefährlich vor das gegnerische Tor zu kommen.

Beim Stand von 3:2 pfeift der Schiedsrichter die Partie nach einer vierminütigen Nachspielzeit ab.

Das Team Nordschleswig hatte allen Grund zu jubeln. Foto: Karin Riggelsen

Es ist der erste Sieg einer nordschleswigschen Mannschaft bei einer Europeada seit 2008. Damals schlug das Herrenteam der deutschen Minderheit die Frauenmannschaft der Nordfriesen mit 19:4.

Am Freitag folgen die letzten beiden Platzierungsspiele, ab 14 Uhr gegen die Rätoromaninnen und ab 16 Uhr gegen die Ladinerinnen. Die beiden Spiele dauern erneut jeweils 45 Minuten und werden in der Heimspielstätte von IF Stjernen Flensburg ausgetragen.

Europeada 2024

Die Europeada 2024

  • Die Europeada ist die Fußball-Europameisterschaft der autochthonen nationalen Minderheiten in Europa
  • Sie wird seit 2008 alle vier Jahre vom Minderheiten-Dachverband FUEN organisiert. 
  • Das Turnier soll den sportlichen Wettbewerb mit kulturellem Austausch verbinden und die Sichtbarkeit und den Respekt gegenüber Minderheiten fördern. 
  • Die Europeada 2024 wird von den vier Minderheiten im deutsch-dänischen Grenzland veranstaltet: der deutschen Minderheit in Nordschleswig, der dänischen Minderheit in Südschleswig, den Friesinnen und Friesen sowie den Sinti und Roma.
  • Das Motto „Between the Seas” ist Programm: Gespielt wird an 14 Orten in Deutschland und Dänemark, zwischen Nord- und Ostsee.
  • 24 Männer- und 9 Frauenteams nehmen teil. 
  • Die Gruppenphase der Männer findet vom 30. Juni bis 2. Juli in sieben Gruppen statt, die Frauen spielen in drei Gruppen gegeneinander. Die K.-o.-Runde sowie die Platzierungsspiele finden vom 4. bis 6. Juli 2024 statt. 
  • Insgesamt werden 880 Spielerinnen und Spieler aus zwölf Ländern teilnehmen.
  • Neben der Eröffnungszeremonie und den Finalspielen ist ein weiteres Highlight der Kulturtag in der Mitte des Turniers, bei dem die teilnehmenden Minderheiten einander ihre Kulturen, Sprachen und Traditionen präsentieren. 

Mehr Infos auf europeada.eu

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