Essay

Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (8/11)

Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (8/11)

Die Spuren der Kaiserzeit in Apenrade (8/11)

Kurt Seifert
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Kaiser Wilhelm II. Foto: DN

Mit Ausgangspunkt in der Beschreibung der Spuren, die das deutsche Kaiserreich im heutigen Apenrade hinterlassen hat, fasst Kurt Seifert in einem persönlichen Essay das dänisch-deutsche Kulturerbe des Grenzlandes ins Auge. Seine Ausführungen hat er für die diesjährige Ausgabe des Jahrbuches des stadthistorischen Vereins in Apenrade geschrieben.

Mit freundlicher Genehmigung des Autors hat „Der Nordschleswiger“ den Aufsatz ins Deutsche übersetzt. Wir bringen seine Ausführungen in den kommenden Wochen als elfteilige Reihe.

Teil 8/11

Kurt Seifert (Jahrgang 1950) ist gebürtiger Apenrader. Er hat an der Pädagogischen Hochschule in Flensburg ein Lehramtsstudium absolviert. Seifert war von 1974 bis 1989 zunächst als Lehrer an der Deutschen Nachschule Tingleff tätig und wechselte anschließend an die Deutsche Privatschule Apenrade. Von 2007 bis zu seiner Pensionierung war er als kommunaler Ausbildungsberater zuständig für die Schüler des Deutschen Schul- und Sprachvereins für Nordschleswig.

Kurt Seifert ist ehemaliges Stadtratsmitglied der Schleswigschen Partei in Apenrade und ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der Dachorganisation der deutschen Minderheit, Bund Deutscher Nordschleswiger.

Villa Lensnack

Die noch besser gestellten Bürger hatten ihre Villen an der Norder Chaussee (heute: Haderslevvej), an der Haderslebener Landstraße (heute: Gamle Kongevej) oder am Jürgensgaard (heute: Jørgensgård) und am Lensnack (heute: Lindsnakke) gebaut.

Eines der in Nordschleswig am besten erhaltenen privaten Häuser aus der Zeit um 1900 ist Jebsens „Haus Lensnack“ am Lindsnakkevej.

Michael Jebsen (1835-1899) war Schiffsreeder, „Senator“/Vizebürgermeister in Apenrade und Reichstagsabgeordneter für den deutschen Teil der Bevölkerung. Der Skibbroen wurde nach seinem Tod 1900 in Michael-Jebsen-Strasse umgetauft. Nach dem Angliederung Nordschleswigs an Dänemark erhielt die Straße wieder ihren ehemaligen Namen, u. a. mit der Begründung, dass die Schiffbrücke im Volksmund nie anders als „E´ Bro“ genannt wurde.

Michael Jebsens Sohn, Jacob, war nach dem Tod des Vaters auf der Suche nach einem passenden Wohnsitz für seine Familie, da das Reedereigebäude in der Schiffbrückstraße (Skibbrogade) für Büros und Wohnung zu klein geworden war. Während dessen Ehefrau als Gutsbesitzertochter es vorgezogen hätte, das Gut Seegaard zu erwerben, das damals zum Verkauf stand, entschloss sich Jacob jedoch, in Apenrade zu bleiben und auf einem ehemaligen Ziegeleigelände bei Lensnack, das bereits im Besitz der Familien Jessen und Jebsen war, neu zu bauen.
 

Das Haus befindet sich weiterhin im Besitz der Familie Jebsen. Foto: Karin Riggelsen

Das große Grundstück wurde im Losverfahren zwischen den beiden Familien aufgeteilt. So baute Jebsen auf dem stadtnahen Gelände am Lindsnakkevej, während der Kompagnon Jessen seine Villa auf der tiefer gelegenen Fläche am Ende des Strandvej errichtete.

Haus Lensnack, Lindsnakkevej 95, errichtet 1912 von dem Flensburger Architekten Anton Huber für den Reeder Jacob Jebsen (Postkarte) Foto: Privatbesitz

Jessens Villa wurde „Laimun“ getauft, nach einem Gewässer an der Einfahrt zum Hafen von Hongkong. Im Volksmund ist der chinesische Name inzwischen wohl die Bezeichnung für den gesamten Strandabschnitt bei Lensnack geworden, der in meiner Kindheit nur „Gammelstrand“ genannt wurde.

Jebsens „Haus Lensnack“ wird heute mit Park und Inneneinrichtung als eines der spannendsten architektonischen Monumente in Nordschleswig aus der Zeit 1864-1920 bezeichnet (Dragsbo, S. 57). Ein „Gesamtkunstwerk“ im perfekten Jugendstil, das erst 2018 von Slots- og Kulturstyrelsen unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Quellen:

Literaturliste

Alle Informationen zu Architektur und Baukultur stammen aus Dragsbo, Peter: En fælles kulturarv. Tyske og danske bygninger i Sønderjylland 1864-1920, Sonderburg 2011.

Zusätzliche Quellen:

Aabenraa Bys Historie:
Becker-Christensen, Henrik und Witte, Jørgen, Band IV, 1945-1970, Apenrade 1985
Hvidtfeldt, Johan und Iversen, Peter Kr. (Red.), Band II, 1721-1864, Apenrade 1967
Hvidtfeldt, Johan und Iversen, Peter Kr. (Red.), Band III, 1864-1920, Apenrade 1967

Dansk Biografisk Leksikon, 3. Ausg. 1979-84, hier www.biografiskleksikon.lex.dk

Jahresbericht über die Fortschritte und Leistungen auf dem Gebiet der Hygiene, Band 27-28, Braunschweig 1912

Jebsen, H. M.: Hundert Jahre Lensnack 1909-2009, private Veröffentlichung

Krankenhaus-Lexicon für das deutsche Reich, Berlin 1900, hier https://archive.org/details/krankenhauslexik-00gutt/page/11/mode/1up?q=Apenrade

Meyers Großes Konversationslexikon, Leipzig und Wien 1907

Rasmussen, René: Ringridning i Aabenraa gennem 100 år, Apenrade 1995

Sønderjylland A-Å, Apenrade 2011

Wilcke, Birger: Æ Kringelbahn, Kopenhagen 1982

Aabenraa Kommune: https://www.aabenraa.dk/oplev/genforeningen-2020/genforeningsparken/gen…

Mehr lesen

Leserbrief

Meinung
Allan Søgaard-Andersen
„Bekymret for det ekstreme højre“