Grenzland

Grænseforeningen will zurück zu den Wurzeln

Grænseforeningen will zurück zu den Wurzeln

Grænseforeningen will zurück zu den Wurzeln

Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Hanne Sundin ist seit 1. März 2022 Direktorin von Grænseforeningen. Foto: Walter Turnowsky

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Der dänische Grenzverein möchte sich in seiner neuen Strategie wieder stärker auf das Grenzland und die dänische Minderheit konzentrieren. Die europäische Dimension sei wichtig, aber der Beitrag von Grænseforingen soll sein, Wissen über das Miteinander im Grenzland zu vermitteln, so Direktorin Hanne Sundin.

Seit gut einem Jahr kann Hanne Sundin das Büro von Grænseforeningen in der Peder Skrams Gade als „ihr Reich“ bezeichnen. Fast schon als Symbol für die Entwicklung im Grenzland liegt das Sekretariat des Bundes Deutscher Nordschleswiger nur wenige Schritte entfernt. Und genau die Geschichte dieser Entwicklung kann nicht häufig genug erzählt werden, könnte man die Auffassung der Direktorin zusammenfassen.

Grænseforeningen

Nach der Grenzziehung 1920 sahen zentrale Akteure einen Bedarf, die unterschiedlichen Gruppierungen, die für die „Genforening“ gestritten hatten, zusammenzuschließen, um die dänisch gesinnten Menschen in Südschleswig zu unterstützen. Entscheidend war ein Brief des Chefredakteurs von „Flensborg Avis“, Ernst Christiansen, an H. P. Hanssen, in dem er schrieb, dass die Südschleswiger nun „Slesvigsk Forening“ gegründet hatten. Daher sollten sich alle Kräfte in Dänemark, die sich für die schleswigsche Frage interessierten, zusammenschließen.

Zunächst wurden jedoch zwei Verbände gegründet: Am 28. Oktober 1920 „Sønderjyske Foreningers Fællesråd“ und am 2. November 1920 Grænseforeningen. 

Im Frühjahr 1921 haben sich die beiden Verbände unter dem Namen „Grænseforeningen, Sønderjydske Foreningers Fællesraad“ vereint, und bis 1945 wurde dieser Name beibehalten.

Nach Hitlers Machtübernahme 1933 und den daraus folgenden Spannungen stieg die Mitgliederzahl auf 100.000, verteilt auf ungefähr 200 Lokalvereine. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm das Interesse in Dänemark an der Südschleswig-Frage weiter zu; Grænseforeningen hatte 1949 400 Mitgliedsvereine und 200.000 Mitglieder. 

Der Grenzverein hat Gelder für die südschleswigschen Vereine und Organisationen gesammelt. Er unterstützt auf vielfache Weise die Kontakte zwischen der dänischen Minderheit und Dänemark.

Seit Anfang des Jahrtausends sammelt er keine Mittel mehr, sondern konzentriert den Einsatz auf volksbildende Arbeit. 

Quelle: Grænseforeningen

Am 1. März 2022 hat sie den Posten von dem langjährigen Chef Knud Erik Therkelsen übernommen. Die erste große Arbeitsaufgabe wartete auch bereits auf sie. Eine neue Strategie musste her, die Periode der vorherigen war corona-bedingt sogar um zwei Jahre verlängert worden. Im März konnte Sundin dann nach einem Jahr intensiver Arbeit im Verband die neue Strategie vorstellen.

„Das Neue im Vergleich zur vorherigen Strategie ist gleichzeitig auch das Alte. Wir konzentrieren uns auf den Kern und schneiden einige Dinge weg. Wir kehren zum Grenzland und zur dänischen Minderheit als Kern der Arbeit von Grænseforeningen zurück. Es ist eine Strategie, die zuschneidet und fokussiert“, sagt sie dem „Nordschleswiger“.

Konzentration auf das Wichtigste

Der Titel der Strategie ist nicht neu: „Für ein offenes Dänentum (for en åben danskhed)“ hat Grænseforeningen bereits unter Therkelsen als sein Motto gewählt. Mit der Strategie „Som ringe i vandet“ aus dem Jahr 2015 hatte der Verband verstärkt den Blick auch in Richtung Europa gerichtet.

Das hält Sundin nicht für falsch, meint jedoch, dass es wichtig ist, sich die Vermittlung von Wissen über das Leben in der Minderheit (oder den Minderheiten, denn sie schließt die deutsche bewusst mit ein) zu konzentrieren, volksbildende Arbeit (folkeoplysning) zu leisten. Im ersten Satz der neuen Strategie heißt es dann folgerichtig, man wolle „das Grenzland im Herzen eines offenen Dänemarks in einem offenen Europa platzieren“.

„Ich meine nicht, dass Europa weniger wichtig geworden ist. Aber der Fokus auf das Grenzland, das Verständnis davon und das geglückte Miteinander, das ist unser Beitrag. Dann müssen andere die übrigen Aspekte vermitteln. Wir schaffen nicht alles, denn wir sind nur eine kleine Grænseforening.“

Sundin betont, dass die neue Strategie nicht aus der Feder der Leitung und dem Vorstand stammt, sondern in gemeinsamer Arbeit mit den lokalen Grenzvereinen erarbeitet worden ist. Es gehe darum, mehr Informationen über das Leben im Grenzland zu verbreiten.

Deutsch-dänische Beziehungen

„Manchmal muss man wählen, wo man seine Kräfte einsetzt. Wir meinen, es gibt einen Bedarf, verstärkten Fokus auf das Grenzland zu haben – und vielleicht auch stärker als in den vergangenen Jahren. Denn es ist sehr deutlich geworden, dass gute Nachbarschaften in Europa entscheidend sind. Die dänisch-deutschen Beziehungen sind wichtig, und hier spielen das Grenzland und die guten Beziehungen über die Grenze hinweg eine zentrale Rolle.“

Verband verstärkt Informationseinsatz

Vorträge gehören schon seit jeher zu den Aktivitäten von Grænseforeningen. Diese sollen nun durch andere Aktivitäten ergänzt werden, mit denen der Verband verstärkt junge Familien erreichen möchte, die nicht unbedingt die Zeit haben, Vorträge zu besuchen.

Der Verband wird dazu noch in diesem Jahr neue Unterrichtsmaterialien für die Oberstufe der Volksschule online stellen. Materialien für die Mittelstufe werden folgen.

„Es geht darum, Wissen über die Geschichte wie auch die Gegenwart im Grenzland zu verbreiten. Will man über die dänische Minderheit und ihre Situation erzählen, hängt es natürlich damit zusammen zu erklären, wie die nationale Minderheit entstanden ist, und warum die überhaupt dort sind.“

Geringes Wissen über die Grenzziehung

Es ist keine geringfügige Aufgabe. In einer Umfrage, die Epinion 2020 für das Kulturministerium durchgeführt hat, nennen gerade einmal 24 Prozent unaufgefordert die Grenzziehung 1920 (genforeningen) als wichtiges historisches Ereignis im Zeitraum von 1800 bis 2000. Vor den Feierlichkeiten und TV-Programmen zum Jubiläum dieses Ereignisses waren es lediglich 8 Prozent. Fragt man die Menschen, ob sie von der „Genforening“ gehört haben, antworten immerhin 77 Prozent mit Ja; vor 2020 waren es 56 Prozent.

„Minderheiten halten Mehrheit einen Spiegel vor“

Sundin meint, Grænseforeningen könne mit seiner Informationsarbeit an diese Entwicklung anknüpfen. Den Auftrag der Minderheiten sieht sie beim Kulturaustausch vor allem darin, man selbst zu sein, eben Minderheit.

„Wir müssen die Minderheiten fördern, unterstützen und ihre Rechte sichern. Die Minderheiten sind Gesellschaften in der Gesellschaft, die mit ihrer Umgebung im Austausch stehen. Ihre wichtigste Rolle ist, das zu leben.“

Zu erzählen, wie dieses Leben sich lebt, darin sieht die Direktorin die wichtigste Aufgabe für sich und den Verband. Dazu zählt auch die Diskussion über die eigene Identität.

„Sowohl die dänische als auch die deutsche Minderheit erinnern uns hier in Dänemark daran, wer wir sind. Sie halten uns einen Spiegel vor, und das ist sehr gesund.“

Mehr lesen