Finanzinstitute

Drohender Streit um Negativzinsen für Geldeinlagen

Drohender Streit um Negativzinsen für Geldeinlagen

Drohender Streit um Negativzinsen für Geldeinlagen

Ritzau/nb
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Fremden weder Kreditkarte noch Geheimcode ausliefern Foto: Kristian Djurhuus/Ritzau Scanpix

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Nordea und Danske Bank haben angekündigt, die Grenze, ab der man einen Negativzins von 0,6 Prozent auf Guthaben zahlen muss, von 250.000 auf 100.000 Kronen zu senken. Wirtschaftsminister Simon Kollerup (Soz.) will das Vorhaben stoppen. Unsinn, meint der Branchenverband Finans Danmark.

Sowohl Nordea als auch die Danske Bank wollen die Grenze, ab der Kunden negative Zinsen auf ihre Einlagen zahlen müssen, weiter senken. Die Finanzinstitute planen, zum 1. Juli die bisherige Grenze von 250.000 Kronen auf 100.000 Kronen Guthaben zu reduzieren.

Damit müssten künftig weitaus mehr Kunden Geld an ihre Bank dafür zahlen, dass sie ein Guthaben auf ihrem Konto stehen haben. Die Pläne sehen einen Negativzinssatz von 0,6 Prozent vor.

Bereits heute verlangen die Jyske Bank, Sydbank und Spar Nord Negativzinsen bei einem Guthaben von mehr als 100.000 Kronen.

Kritik von Wirtschaftsminister Simon Kollerup

Die angekündigte Absenkung des Freibetrages stößt jedoch bei Wirtschaftsminister Simon Kollerup (Soz.) auf scharfe Kritik. Seiner Auffassung nach agieren die Banken unverhältnismäßig.

„Es gibt ein Missverhältnis zwischen dem, wie viel die Banken verdienen, und der Tatsache, dass sie mehr und mehr Menschen negative Zinsen auferlegen, und deshalb sage ich jetzt Stopp“, sagt der Minister.

Es gibt ein Missverhältnis zwischen dem, wie viel die Banken verdienen, und der Tatsache, dass sie mehr und mehr Menschen negative Zinsen auferlegen, und deshalb sage ich jetzt Stopp.

Wirtschaftsminister Simon Kollerup (Soz.)

Seiner Auffassung nach ist die Grenze erreicht, bis zu der die Banken die Negativzinsen an ihre Kunden weitergeben können.

„Die Banken nehmen eine wichtige Rolle in unserer Gesellschaft ein und verwalten das Geld, das wir ihnen anvertrauen, zudem stellen sie eine wichtige Infrastruktur dar. Aber irgendetwas läuft schief, wenn man sieht, dass die Banken große Gewinne erwirtschaften und gleichzeitig von den Bürgern Geld für gewöhnliche Guthaben einfordern“, sagt Simon Kollerup.

Kein Zusammenhang mit Zinssatz der Nationalbank

Seiner Meinung nach gibt es zudem keinen Zusammenhang zwischen dem Zinssatz der Nationalbank und den Entscheidungen, die eine Bank ihren Kunden gegenüber trifft. Dies sei vielmehr der Entschluss des jeweiligen Geldinstitutes.

„Wir können sehen, dass mehr und mehr Banken das tun. Das ist falsch, und es wird unverhältnismäßig, wenn wir sehen können, dass die Banken Jahr für Jahr große Gewinne einfahren. Es ist nicht die Rede davon, dass die Banken notleidend sind oder in die Knie gezwungen werden“, sagt der Minister.

Es ist kein Naturgesetz, dass die Banken automatisch einen großen Gewinn oder einen garantierten Gewinn in einer bestimmten Größenordnung erwirtschaften.

Morten Bruun Pedersen, Chefökonom bei der Verbraucherschutzorganisation Forbrugerrådet Tænk

Erwirtschaften eines Gewinns kein Naturgesetz

Morten Bruun Pedersen, Chefökonom bei der Verbraucherschutzorganisation Forbrugerrådet Tænk, stimmt mit Simon Kollerup überein.

„Es ist kein Naturgesetz, dass die Banken automatisch einen großen Gewinn oder einen garantierten Gewinn in einer bestimmten Größenordnung erwirtschaften. Das gilt auch für alle anderen Unternehmen, wo es rauf und runter geht. Dass das auf die Kunden abgewälzt werden soll, nur weil es eine Zeit lang mal nicht so gut läuft, finden wir nicht verhältnismäßig“, sagt er.

Nationalbank verlangt Negativzinsen von den Banken

Die Erklärung für die Negativzinsen findet sich unter anderem bei der Nationalbank.

Dort betragen die Zinsen minus 0,6 Prozent. Das bedeutet, dass es die Banken etwas kostet, das Geld ihrer Kunden bei der Nationalbank zu parken.

Deshalb kann man durchaus dafür argumentieren, dass die Banken zu Recht den Negativzins anpassen, meint Morten Bruun Pedersen.

„Aber es geht auch darum, langfristig zu denken und zu sagen, es kann durchaus sein, dass mir hier und jetzt Mehrkosten entstehen. Aber auf längere Sicht bin ich möglicherweise bessergestellt, das Ganze nicht auf meine Kunden abzuwälzen“, sagt er.

Banken sollten noch höhere Negativzinsen verlangen

Michael Møller, Professor für Finanzierung und Privatvermögen an der Copenhagen Business School, bewertet die Entwicklung hingegen als ganz natürlich.

Es wäre ökonomisch richtig, die Negativzinsen noch niedriger ausfallen zu lassen als das, was die Banken bei der Nationalbank bezahlen. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, haben Kollerups Überlegungen – die offenbar moralischer Natur sind – nichts mit ökonomischen Aspekten zu tun.

Michael Møller, Professor für Finanzierung und Privatvermögen an der Copenhagen Business School

De facto sollten die Banken noch höhere Beträge verlangen, meint er.

„Es wäre ökonomisch richtig, die Negativzinsen noch niedriger ausfallen zu lassen als das, was die Banken bei der Nationalbank bezahlen. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, haben Kollerups Überlegungen – die offenbar moralischer Natur sind – nichts mit ökonomischen Aspekten zu tun“, sagt er.

Negativzinsen betreffen nur einen Teil der Bevölkerung

Dennoch sind längst nicht alle Bürgerinnen und Bürger von den Negativzinsen der Banken betroffen.

Erhebungen vom Januar von Finans Danmark zufolge waren 84 Prozent der erwachsenen Bevölkerung nicht von Negativzinsen betroffen. Die Zahlen wurden jedoch zu einem Zeitpunkt erhoben, bevor Nordea, Danske Bank und Jyske Bank mitgeteilt haben, dass die Grenze auf 100.000 Kronen gesenkt werden soll.

Eine politische Einmischung in die Preisgestaltung der Banken oder anderer Unternehmen ist grundsätzlich falsch.

Ulrik Nødgaard, Direktor bei Finans Danmark

Einladung an Branchenorganisation

Simon Kollerup hat die Branchenorganisation der Geldinstitute, Finans Danmark, nun zu einem Treffen eingeladen.

Ulrik Nødgaard, Direktor bei Finans Danmark, ist zwar der Auffassung, dass sich der Minister nicht in die Negativzinsen der Banken einmischen sollte.

„Eine politische Einmischung in die Preisgestaltung der Banken oder anderer Unternehmen ist grundsätzlich falsch. Aber wir treffen uns gerne mit dem Minister. Dies gibt uns hoffentlich die Möglichkeit, alle Nuancen zu beleuchten und darüber zu sprechen, womit der Bevölkerung auf längere Sicht am besten gedient ist“, sagt er.

Mehr lesen

Grönland

Zwangsverhütung: Immer mehr Frauen klagen gegen dänischen Staat

Kopenhagen Die dänische Kolonialmacht ließ Grönländerinnen zwischen 1966 und 1975 gegen ihren Willen Spiralen zur Empfängnisverhütung einsetzen. 143 der betroffenen Frauen verklagen Dänemark nun wegen der Verletzung der Menschenrechte. Eine grönländische Arbeitsgruppe, die sich dafür einsetzt, die Übergriffe durch den dänischen Staat aufzudecken, wurde kürzlich vom Rat für Menschenrechte mit dem Menschenrechtspreis 2023 ausgezeichnet.

Ukraine-Krieg

Venstre-Vorsitzender: Ecco-Äußerungen entsprechen nicht unserer Politik

Tondern/Tønder Die jüngsten Äußerungen des Venstre-Politikers Jan E. Jørgensen sorgten für Kontroversen. In einem Interview verglich er Mitarbeitende des Schuhunternehmens Ecco mit Kollaborateuren während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Der Venstre-Vorsitzende, Troels Lund Poulsen, hat nun klargestellt, dass diese Aussagen nicht im Einklang mit der Politik seiner Partei stehen. Jørgensen betont hingegen auf Facebook, missverstanden worden zu sein.