40 Jahre Sekretariat in Kopenhagen

Abgeordnete: Minderheiten-Lobby beim Folketing von entscheidender Bedeutung

Abgeordnete: Minderheiten-Lobby beim Folketing von entscheidender Bedeutung

Abgeordnete: Minderheiten-Lobby beim Folketing entscheidend

Kopenhagen
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Hans Christian Schmidt (links) und Jesper Petersen bei der Konferenz anlässlich des Jubiläums zum 40-jährigen Bestehen des Sekretariats – im Hintergrund ist der Vorsitzende des Folketings, Søren Gade, zu sehen. Foto: Walter Turnowsky

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Auf Augenhöhe: Die deutschen Schulen in Nordschleswig sind den öffentlichen dänischen Schulen finanziell gleichgestellt. Ohne die unermüdliche Arbeit der wechselnden Sekretariatsleiter ist es fraglich, ob das gelungen wäre. So lautet die Einschätzung von zwei Folketingsmitgliedern aus Nordschleswig.

Der erfahrene Folketingsabgeordnete Hans Christian Schmidt (Venstre) aus Woyens (Vojens) hört es schon immer, wenn der Leiter des Kopenhagener Sekretariats des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Harro Hallmann, auf Christiansborg gewesen ist.

„Dann reden viele Abgeordnete plötzlich über dasselbe, und das ist ein Anliegen der Minderheit“, sagte er in seiner humorvollen Rede bei der Konferenz anlässlich des Jubiläums zum 40-jährigen Bestehen des Kopenhagener Sekretariats.

Großer Einfluss

Da kann es darum gehen, dass das Deutsche Gymnasium für Nordschleswig (DGN) nun auch den dänischen Gymnasien gleichgestellt werden soll, um Mittel für die Informationsarbeit oder eine engere Anbindung des Kontaktausschusses für die Minderheit an das Folketing zu erreichen. Schmidt hat dies Phänomen bereits unter Hallmanns Vorgängern Jan Diedrichsen und Siegfried Matlok beobachtet. Zu der Stelle gehört schließlich eine Zugangsberechtigung für das Parlamentsgebäude.

„Es ist ein großer Vorteil für die Sekretariatsleiter, dass sie auf Christiansborg ein und aus gehen und mit den Politikerinnen und Politikern sprechen können – und das haben sie auch getan. Die Minderheit hat ihnen viel zu verdanken“, sagt Schmidt dem „Nordschleswiger“.

 

Der BDN argumentiert immer auf eine vernünftige, sachliche und auch effektvolle Art.

Jesper Petersen

Sein sozialdemokratischer Kollege, der aus Hammeleff (Hammelev) bei Woyens stammende Jesper Petersen, teilt diese Einschätzung.

„Die Sekretariatsleiter haben ihre Arbeit hervorragend gemacht und in Anbetracht der relativ bescheidenen Größe der Minderheit viel Einfluss erlangt“, sagt er am Rande der Jubiläumsveranstaltung.

Lob für die Arbeit des BDN

Petersen nennt als aktuelles Beispiel die bereits erwähnte finanzielle Gleichstellung des DGN, die in der am Montag vereinbarten Absprache zum Staatshaushalt verankert worden ist.

„Das ist ja eine Sache, an der BDN und nicht zuletzt das Sekretariat lange festgehalten haben. Und das ist nur ein Beispiel; ich könnte unzählige nennen“, so Petersen.

Abgeordnete aus Nordschleswig: Jesper Petersen und sein Parteikollege Benny Engelbrecht hören den Redebeiträgen zu. Im Hintergrund ist Henrik Frandsen von den Moderaten zu sehen. Foto: Walter Turnowsky

Das Kopenhagener Sekretariat des BDN

Das Sekretariat wurde 1983 gegründet.

Hauptaufgabe ist es, die Belange der Minderheit gegenüber dem Folketing und der Regierung zu vertreten.

Die Idee entstand, nachdem die Minderheit 1979 ihr Mandat verlor (Chefredakteur Jes Schmidt hatte bis dahin über ein Huckepack-Verfahren mit den Zentrum-Demokraten die Minderheit im Folketing vertreten).
Bisherige Sekretariatsleiter waren:

  • Siegfried Matlok (1983-2007)
  • Jan Diedrichsen (2007-2019)
  • Harro Hallmann (seit 2020)

Weitere Informationen zum Sekretariat in folgendem Artikel: Was macht eigentlich das Sekretariat der deutschen Minderheit in Kopenhagen?

Der BDN und sein Sekretariatsleiter rennen bei den Abgeordneten häufig offene Türen ein. Wie Hallmann im Interview gesagt hat, gibt es keine nennenswerten Widerstände gegen die Anliegen der Minderheit. Doch vom Lippenbekenntnis bis zur Umsetzung ist es häufig noch ein weiter Weg.

„Wir treffen uns ja mit vielen Lobbyistinnen und Lobbyisten. Der BDN argumentiert immer auf eine vernünftige, sachliche und auch effektvolle Art“, sagt der sozialdemokratische Politiker.

Kampf um Aufmerksamkeit

Petersen und Schmidt sind sich einig darin, dass die Erfolge für die Minderheit nicht nur ein Verdienst des Sekretariats, sondern des gemeinsamen Einsatzes der BDN-Spitze sind.

„Hätte die deutsche Minderheit nicht so mutige Vorsitzende, Vorstände und Sekretariatsleiter gehabt, die die Dinge offen ausgesprochen haben, bin ich mir nicht sicher, dass wir die Anliegen gehört hätten, denn wir hören so viel“, so Venstre-Veteran Schmidt.

„Ohne das Sekretariat gäbe es natürlich immer noch Politiker wie mich und andere aus Nordschleswig, die heute anwesend sind, die sich für die Belange der Minderheit einsetzen würden. Aber es wäre eine deutlich schwächere Position und eine geringere Fähigkeit, Anliegen auf die Tagesordnung zu setzen“, ergänzt Petersen.

Hans Christian Schmidt im Gespräch mit dem deutschen Botschafter Pascal Hector Foto: Walter Turnowsky

Und damit sie auch auf der Tagesordnung bleiben, bis sie umgesetzt sind, brauche es jemanden, der immer wieder bei den Abgeordneten an die Tür klopft – auch bei jenen, die nicht gerade aus Nordschleswig kommen.

„Es ist ein ständiger Kampf um die Aufmerksamkeit, das Geld und darum, was politisch eingebracht wird. Da ist es entscheidend, jemanden regelmäßig vor Ort zu haben“, sagt der sozialdemokratische Politiker.

Und so wird Hans Christian Schmidt wohl wieder die Kolleginnen und Kollegen über Anliegen der Minderheit reden hören, wenn Harro Hallmann das nächste Mal über die Gänge von Christiansborg gelaufen ist. Es wird darum gehen, dass die finanzielle Gleichstellung der Grundschulen durch die steigenden Schülerzahlen ausgehöhlt worden ist.

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