Urteil

Analyse: Deshalb konnte Peter Kofod den Sektkorken knallen lassen

Analyse: Deshalb konnte Peter Kofod den Sektkorken knallen lassen

Analyse: Peter Kofod konnte den Sektkorken knallen lassen

Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Morten Messerschmidt zeigte sich nach dem Urteil in Bestform. Foto: Martin Sylvest/Ritzau Scanpix

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Der Freispruch war für den Vorsitzenden der Dänischen Volkspartei, Morten Messerschmidt ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk, wie er es sich größer nicht wünschen konnte. Er wird wissen, es optimal zu nutzen, so die Einschätzung von Walter Turnowsky.

Hätte der Weihnachtsmann dem Vorsitzenden der Dänischen Volkspartei (DF), Morten Messerschmidt, den Freispruch gebracht, das Geschenk hätte nicht durch den Schornstein gepasst. Sogar durch die Tür wäre es wohl nur schwer zu quetschen gewesen.

Nun war es nicht der Weihnachtmann, sondern Richter Søren Halfstrøm, der ihm am Mittwoch um 11 Uhr den Freispruch bescherte. Wenige Minuten später knallte im DF-Fraktionszimmer ein Sektkorken. Peter Kofod aus Hadersleben (Haderslev) und sein Parteikollege Alex Ahrendtsen stießen miteinander an – aus gutem Grund.

Anfang des Niedergangs

Die Beschuldigung, EU-Mittel bewusst zweckentfremdet zu haben, hat sieben Jahre lang schwer auf der ehemaligen Volkspartei gelastet. Der Fall hat, wie bereits vor geraumer Zeit in einer Kolumne geschrieben, nicht ganz wenig mit dem Niedergang von DF zu tun. Er hat das sorgsam gepflegte Image der Partei als Vertreterin der Schwachen und Benachteiligten dauerhaft geschädigt. Sie ist von 21,1 Prozent bei der Wahl 2015 auf 2,6 Prozent im November geschrumpft.

Doch auch für den Vorsitzenden persönlich war es selbstverständlich eine schwere Last. Hätte das Gericht ihn – wie beim ersten aufgehobenen Urteil – erneut zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt, wäre seine Zeit als Parteichef zumindest vorläufig beendet gewesen. Mit einem Berufungsverfahren hätte er sich extra Zeit kaufen können.

Optimale Voraussetzung für Wiederaufbau

Messerschmidts Projekt ist der Wiederaufbau von DF. Es wäre im Fall einer Verurteilung bestenfalls vertagt worden, hätte aber wohl eher Schiffbruch erlitten.

Mit dem Freispruch hat er nun die optimalen Voraussetzungen geschenkt bekommen, um es mit voller Energie anzugehen. Er kann sich als unschuldig Verfolgter darstellen, den das „EU-System“ nur kleinkriegen wollte – und dabei geflissentlich verschweigen, dass die Partei Zuschüsse an die EU zurückzahlen musste.

Die Melodie der Benachteiligten

Diese Rolle hat DF schon immer gelegen. Zu Bestzeiten stellte sich die rechte Partei gerne als die zu Unrecht Benachteiligten dar, und war damit mit ihrer Wählerschaft auf einer Wellenlänge. Das funktionierte sogar noch, als sie schon längst als Unterstützerpartei der bürgerlichen Regierung von Anders Fogh Rasmussen (Venstre) eine der einflussreichsten Parteien des Landes geworden war.

Morten Messerschmidt versteht es hervorragend, diese Melodie zu spielen; das Präludium konnten wir nach dem Freispruch bereits vor dem Gerichtsgebäude genießen. Auf Twitter schrieb die Partei: „Sieben Jahre der Hetze sind überstanden.“

Zweite Instanz als Stolperstein

Mit dem knappen Wiedereinzug ins Folketing am 1. November war der erste Schritt des Projektes „Wiederaufbau“ getan. Mit dem Freispruch wird Messerschmidt nun für die nächsten Schritte die Siebenmeilenstiefel anziehen. Das bedeutet nicht automatisch, dass das Projekt auch gelingen wird.

Ein Stolperstein kann auftauchen, sollte sich die Staatsanwaltschaft entscheiden, in die Berufung zu gehen. Doch selbst in dem Fall ist naheliegend, dass Messerschmidt die Zeit bis zu einem eventuellen Prozess beim Landesgericht dazu nutzen wird, dies als ein weiteres Beispiel der Verfolgung von ihm darzustellen.

 

Peter Kofod hatte also allen Grund, den Sektkorken knallen zu lassen. Die Zukunft der Dänischen Volkspartei sieht nach Mittwoch um 11 Uhr deutlich heller aus als davor.

Mehr lesen

Leitartikel

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
„Kabale Mette Frederiksen“

Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Orbáns Schatten reicht bis zu uns ins Grenzland“