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Blues in der Corona-Pandemie

Blues in der Corona-Pandemie

Blues in der Corona-Pandemie

Hadersleben/Haderslev
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Der Mentor und sein Schüler: Nils-Ole Poulin im Zusammenspiel mit Rune Robert Friis. Foto: Ute Levisen

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„Built For Comfort, Vol. 1“ heißt das Debüt-Album von Rune Robert Friis. In wenigen Tagen hat es Premiere. Bequem hat es sich der 37-jährige Haderslebener dabei gewiss nicht gemacht. Aus ganz Dänemark hat er für sein Debüt Musikerkollegen herbei getrommelt. Musikalische Schützenhilfe kommt auch aus der deutschen Minderheit.

„Ich mach‘ mir eine eigene Platte“. Dachte sich Rune Robert Friis vor einem Jahr. Gesagt, getan. Am Donnerstag hat sein Debüt, „Built For Comfort, Vol. 1“, Premiere. Neun Nummern aus eigener „Feder“ sind darauf, geschrieben und arrangiert von Rune Robert Friis – acht davon gesungen von Nils-Ole. „Onkel“ Ole, um genau zu sein.

Tournee auf Bornholm

Nils-Ole Poulin ist die Blues-Legende aus Hadersleben – und für Rune Friis nicht nur Mentor, sondern auch der gute Onkel. Als 14-Jähriger bereits tourte er in den Ferien mit Poulin und seinem besten Freund, David, durchs Land. Meist ging die Reise nach Bornholm.

Für den 37-jährigen Familienvater ist die Musik ein Lebenselixier. Foto: Ute Levisen

„Von Nils-Ole“, so sagt Rune Robert heute, „habe ich viel gelernt. Es ist mein Mentor, der Vater meines besten Freundes – für mich ein guter Onkel, Familie eben.“

Neue Töne

Auch heute noch können die beiden in Erinnerungen schwelgen, wenn sie an die guten alten Zeiten denken, damals, als das Trio noch als „Jytte og de håbløse“ über die Insel tourte: „Rune war ein Star auf Bornholm – die Mädels standen Schlange für ein Autogramm“, lacht Poulin.

Der 66-jährige Vollblutmusiker Nils-Ole Poulin raucht wie ein Schornstein. Angst um seine Stimme hat er nie gehabt. „Die Zigaretten“, so sagt Rune Robert Friis, „sind Teil seines Klangs.“ Foto: Ute Levisen

Die Zeiten ändern sich. Bei den Vorbereitungen für das Blues-Album war es Rune Friis, der seinem langjährigen Herrn und Meister neue Töne beibrachte.

Die größte Prüfung

„Es war eine Prüfung – die größte meines Lebens!“, verrät Poulin und untermalt seine Pointe mit einem dröhnenden Lachen.

Poulins Flüche und Verwünschungen pariert sein Wahl-Neffe pädagogisch: „Den bringt wirklich nichts aus der Ruhe“, stellt „Onkel“ Ole neidlos fest: „Es ist Runes Album, er weiß, was er will. Ich muss sagen, es klingt super!“, sagt der 66-jährige Blues-Musiker: „Ich habe viel gelernt.“

Beide machen seit über 20 Jahren gemeinsam Musik. Foto: Ute Levisen

Die Besten ihres Fachs

Beide Haderslebener eint die Passion für den Blues, sein enormes emotionales Potenzial. Als die Mucken wegen der Corona-Pandemie selten und seltener wurden, bekam der 37-jährige Familienvater den Blues, im positiven Sinne: Er verlegte sich aufs Komponieren: „Es ist eigentlich eher unüblich, dass ein Bassgitarrist ein Album macht“, sagt Friis.

Die Zigaretten sind Teil seines Klangs.

Rune Robert Friis

Backup aus der Minderheit

Für sein Debüt konnte er seine Band-Kollegen aus dem „Jesper Heinz Trio“ gewinnen, den schwedischen Jazz-Gitarristen Perry Stenbäck sowie den dänischen Jazz- und Blues-Musiker Uffe Steen: „Damit hat Rune zwei der, wenn nicht die besten Jazz-Gitarristen Dänemarks auf seiner Scheibe“, sagt Poulin.

Rasmus Løhde Nielsen, Klavierlehrer an der Haderslebener Musikschule, und die Sängerin Sarah Jana Westphal machen die Besetzung komplett: „Sarah stammt aus der deutschen Minderheit“, sagt Friis.

Am Donnerstag erscheint das Debüt-Album des Bassgitarristen. Foto: Ute Levisen

Überhaupt – die Minderheit.

„Für mich ist das Grenzland eine unglaubliche kulturelle Bereicherung“, sagt er – und Nils Ole Poulin nickt zustimmend. Rune Friis Ehefrau stammt aus der dänischen Minderheit in Südschleswig – mit den Kindern des Paares spricht sie Deutsch.

Neben der Musik haben Friis und Poulin einen weiteren gemeinsamen Nenner: die deutschen Philosophen: „Habermas, Adorno – große Leute habt ihr“, sagt Poulin in einem Gespräch mit dem „Nordschleswiger“. Rune Robert nickt. Beide wissen, wovon sie reden, beide haben Philosophie studiert. Die dadurch erworbene Fähigkeit des Duos, in seiner Musik über Alltägliches zu reflektieren, hat beiden nicht geschadet.

Rollentausch bei der Vorarbeit für das Debüt: Der Schüler wird zum Mentor: „Die größte Prüfung meines Lebens", sagt Poulin lachend. Foto: Ute Levisen

„Built For Comfort, Vol. 1“– auf Vinyl

Am Donnerstag erscheint „Built For Comfort, Vol. 1“ bei den Streamingdiensten – und im Mai sogar auf Vinyl. Zeitgleich mit einem Release-Konzert in Hadersleben.
Eine echte Schallplatte mit Rillen! Wo gibt es heute noch so was?

„Ungewöhnlich ist das nicht, nicht unter eingefleischten Musikern“, lächelt Rune Robert: „Dann hat man was zum Anfassen.“

Für Rune Robert Friis geht mit der Veröffentlichung seines Debüts ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Foto: Ute Levisen
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