Apothekerausstellung

Keile im Keller und schlechtes Make-up

Keile im Keller und schlechtes Make-up

Keile im Keller und schlechtes Make-up

Hadersleben/Haderslev
Zuletzt aktualisiert um:
Historikerin Dr. Sally Schlosser Schmidt hat sich wochenlang mit der Geschichte der Haderslebener Hirsch-Apotheke auseinandergesetzt und dabei interessante Geschichten zu Tage gefördert. Foto: Karin Riggelsen

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die Recherchen zur Ausstellung „Wein und Medizin“ haben so manch interessantes Detail ans Tageslicht befördert, verrät Historikerin Sally Schlosser Schmidt. Bei einem Rundgang durch die Ausstellungsräume im Von Oberbergs Haus erzählt sie zudem, was es mit der aus ärztlicher Sicht nicht zu empfehlenden Kombination aus Wein und Medizin auf sich hat.

„Wein und Medizin“ heißt die aktuelle Sonderausstellung des Museumsverbandes „Historie Haderslev“, die noch bis zum 22. Dezember im Von Oberbergs Haus in der Haderslebener Schlossstraße gastiert. Die Schau zeigt erstmals öffentlich die einst privaten Porträts einer Haderslebener Apothekerdynastie und gibt damit Einblick in ein Stück Stadt- beziehungsweise Nationalgeschichte, handelt es sich bei der Hirschapotheke doch um die älteste Apotheke des heutigen Jütlands.

2019 erwarben „Historie Haderslev“ und Museum Sønderjylland die elfteilige private Porträtsammlung der Haderslebener Apothekerdynastie bei einer Auktion. Nun werden die Gemälde im Von Oberbergs Haus erstmals der Öffentlichkeit gezeigt. Foto: Karin Riggelsen

„Es gab damals, soweit wir wissen, nur Apotheken in Odense und Kopenhagen. Die meisten Apotheker, so auch jene aus der Domstadt, mussten daher ihre Ausbildung in Deutschland absolvieren“, erzählt Dr. Sally Schlosser Schmidt, die während ihrer Anstellung bei „Historie Haderslev“ die lokalgeschichtliche Ausstellung kuratiert hat.

Eine Hommage an Herzog Hans

2019 hatten „Historie Haderslev“ und Museum Sønderjylland gemeinschaftlich die Porträtsammlung der Haderslebener Apothekerfamilie bei einer Auktion erstanden. Seither sei geplant gewesen, die Gemälde in einer Ausstellung zu zeigen. Doch irgendetwas sei immer dazwischengekommen, so Schlosser Schmidt.

Noch bis zum 22. Dezember ist die Apothekerausstellung im Von Oberbergs Haus in der Schlossstraße 22 für Besucherinnen und Besucher geöffnet. Foto: Karin Riggelsen

In diesem Jahr hat der Haderslebener Museumsverband die Schau jedoch nicht länger auf die lange Bank geschoben und die promovierte Historikerin mit der Kuration von „Wein und Medizin“ beauftragt. „Das ist gleichzeitig unser Beitrag zum 500. Geburtstag von Herzog Hans dem Älteren, der 1552 den Grundstein für die heutige ‚Hjorte-Apoteket‘ legte“, erklärt Schlosser Schmidt.

Von der Apotheke in die Weinstube

Für die Ausstellung habe sie wochenlang die lokalhistorischen Archive durchforstet und dabei einige interessante Geschichten zu Tage gefördert, verrät sie dem „Nordschleswiger“ beim Rundgang durch die Ausstellungsräume. So habe der Apotheker Heinrich Helms, der die Hirschapotheke von 1685 bis 1724 leitete, des Öfteren mit Wirtshausschlägereien im Weinkeller der Apotheke für Schlagzeilen gesorgt.

Der große Mörser hat für die Ausstellung seinen Stammplatz in der heutigen „Haderslev Hjorte Apotek“ am Wittenbergplatz zwischenzeitlich verlassen und ist ins Von Oberbergs Haus eingezogen. Allerdings nur ins Erdgeschoss, wie Sally Schlosser Schmidt lachend verrät: „Der Mörser ist einfach zu schwer, um ihn in den ersten Stock zu bekommen.“ Foto: Karin Riggelsen

„Die Apotheken waren damals per Gesetz angehalten, die Preise für die Medikamente niedrig zu halten. Das bedeutete, dass sie andere Wege finden mussten, Umsatz zu machen. In einigen Apotheken wurden daher die Keller zu Weinstuben umfunktioniert“, erklärt die Historikerin.

Doch nicht nur die Geschichten hinter den einzelnen Apotheker-Porträts seien eine Besonderheit, auch die elfteilige Gemäldesammlung selbst sei historisch gesehen außergewöhnlich, sagt Sally Schlosser Schmidt: „Wir gehen davon aus, dass die Familie die Gemälde unter anderem dazu verwendete, um sich in der Gesellschaft zu positionieren. Der neue Stand der Apotheker hat auch in der Domstadt erst einmal seinen Platz finden müssen.“

Einige Porträts der Sammlung sind in den 1980er Jahren restauriert worden. Jedoch nicht besonders gut, meint Historikerin Sally Schlosser Schmidt. Foto: Karin Riggelsen

Original oder Fälschung?

Apropos Fund: Bei ihren Recherchen zu den Gemälden musste Sally Schlosser Schmidt zwischenzeitlich kurz befürchten, einen wahren Schreckensfund gemacht zu haben: „Ich bin im Internet auf ältere Abbilder einiger Porträts gestoßen, die ganz anders aussahen als diese hier. Ich dachte schon, wir haben Fälschungen erworben.“

Wie sich jedoch herausstellen sollte, handelte es sich bei den Porträts nicht um Fälschungen, sondern um Originale, die in den 1980er Jahren restauriert worden waren. „Allerdings nicht besonders gut“, meint Schlosser Schmidt lachend, „die Gesichter der Apotheker sehen aus, als hätte jemand schlechtes Make-up aufgetragen.“

Mehr lesen

Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Orbáns Schatten reicht bis zu uns ins Grenzland“