Bildung

Projekt Grenzgenial soll Lust aufs Deutschlernen machen

Projekt Grenzgenial soll Lust aufs Deutschlernen machen

Projekt Grenzgenial soll Lust aufs Deutschlernen machen

Apenrade/Aabenraa
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Adeline Muntenjon freut sich über das Budget von 700.000 Kronen für Grenzgenial (Archivbild). Foto: Cornelius von Tiedemann

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Adeline Muntenjon ist der Kopf von Grenzgenial, einer Initiative, die Unterrichtsmaterial für Deutsch als Fremdsprache zur Verfügung stellt. Lange war die Finanzierung Jahr für Jahr unsicher. Jetzt gibt es für die nächsten vier Jahre vom Folketing ein Budget von 700.000 Kronen, mit dem Muntenjon planen kann. Grund genug, um das Projekt im Interview noch einmal vorzustellen.

Wie kam es zur Gründung von Grenzgenial?

„Grenzgenial wurde ins Leben gerufen, als die dänische Regierung die sogenannte Deutschlandstrategie festlegt hat. Diese besagte, dass man sich in Dänemark mehr bemühen wollte, sich mehr mit Deutschland als größtem Handelspartner auseinanderzusetzen. Man wollte sich intensiver für das Erlernen der Sprache und Kultur einsetzen.

Die Vermittlung der deutschen Sprache in der dänischen ,Folkeskole' (Vorschulklasse bis 10. Klasse, Red. Anm.) und den Universitäten war zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits stark rückläufig. Die Deutsch-Studiengänge wurden nicht gut belegt, und an den Gymnasien wurde Deutsch abgewählt, sobald das möglich war. Auch an der Folkeskole war es schwer, die Schülerinnen und Schüler für die deutsche Sprache zu begeistern.

Und eine Initiative, die man dann ins Leben gerufen hat, war, dass man die deutsche Minderheit eingebunden hat. ,Der Nordschleswiger' hat schon immer Unterrichtsmaterial gemacht und als PDF zur Verfügung gestellt. Und das sollte jetzt aktualisiert werden. Also wurden unsere Inhalte digitalisiert und einer aktuellen, innovativen Didaktisierung unterzogen. Wir haben im Zuge dessen festgelegt, wie wir Inhalte vermitteln wollen. Es war klar, dass es nachhaltig und moderner sein muss. Mein Wunsch war es auch, dass unser Angebot auch für die Schülerinnen und Schüler zugänglich sein muss."

Ich freue mich sehr, dass wir die gute und wichtige Arbeit mit Grenzgenial nicht nur fortsetzen können, sondern dank der Sicherung der Mittel über eine längere Zeitspanne uns erlauben können, uns noch mehr auf die wesentliche Aufgabe zu konzentrieren.

Adeline Muntenjon

Was ist die Strategie von Grenzgenial?

„Es ist wichtig, dass man ein Auge darauf hat, dass die Themen aktuell sind und dass man die Schülerinnen und Schüler dort abholt, wo sie Dinge interessant finden. Jugendliche möchten sich auch über die Standard-Einsteigerthemen hinaus informieren. Hierfür nehmen wir Artikel, die bei ,nordschleswiger.dk' laufen und bearbeiten diese sprachlich und didaktisch, sodass sie für die Schülerinnen und Schülerin den dänischen Schulen anwendbar sind. Das ist die DNA von Grenzgenial."

Was für Texte bietet ihr an?

„Ich bin selbst Deutschlehrerin und habe lange in diesem Beruf gearbeitet. Daher weiß ich sehr gut, welche Themen gerne genommen werden und versuche, diese aber auch auszuweiten.

Die Webseite ist so aufgebaut, dass es verschiedene Themenverläufe gibt. Hier werden Artikel zu einem längeren Verlauf, der Thematik entsprechend, zusammengefügt. Außerdem haben wir die sogenannten Schlagzeilen. Das sind Artikel, die für sich stehen, also in keinen Verlauf passen, aber aufgrund ihrer Aktualität relevant sind. Wir haben da unter anderem Artikel zum Thema Ukraine-Krieg."

Die SchnickSchnack-Heftchen sind sehr beliebt (Archivbild). Foto: Pressefoto

Wie bearbeitet ihr die Texte?

„Die Texte bearbeite ich sprachlich. Ich versuche, hauptsächlich mit Hauptsätzen zu arbeiten, das heißt, ich breche die Texte so auf, dass im Endprodukt hauptsächlich Hauptsätze stehen. Bezüglich des Wortschatzes versuche ich mich darauf zu konzentrieren, Wörter zu benutzen, die verschiedene Lernstrategien ansprechen, wie zum Beispiel das Erraten von Wörtern durch den Sprachkorpus, den wir schon haben. Es gibt oft Wörter, die in verschiedenen Sprachen ähnlich klingen, die nennt man dann transparente Wörter. Damit wird der Zugang für die Schülerinnen und Schüler vereinfacht.

Anschließend werden die Texte auch noch eingesprochen, damit die Schülerinnen und Schüler eine Vorstellung davon bekommen, wie sich Deutsch anhört. Das mache ich selbst, aber versuche, auch möglichst verschiedene Leute die Texte einsprechen zu lassen, damit die Schüler verschiedene Aussprachen kennenlernen."

Wie bekannt ist Grenzgenial?

„In den vergangenen Jahren hat sich Grenzgenial einen Platz in dieser ,Deutsch-Fremdsprachen-Unterricht-Vermittlungs-Nische und -Community' in Dänemark gesichert. Wir werden daher immer wieder zu verschiedenen Messen und Thema-Tagen rund um Deutsch als Fremdsprache oder auch von Initiativen zur Fortbildung von Deutschlehrerinnen und -lehrern in Dänemark eingeladen. Dort sind wir sehr gefragt und dürfen die Lehrerinnen und Lehrer direkt vor Ort überzeugen. Das ist am wertvollsten.

Unser Angebot ist kostenlos, und dafür sind die Deutschlehrerinnen und -lehrer wahnsinnig dankbar – und oftmals davon überrascht.

Wir sind auch oft an den University Colleges, wo ja Lehrkörper ausgebildet werden. Da gibt es eine sehr gute Zusammenarbeit, und wir haben ein großes Netzwerk innerhalb dieser Ausbildungsstätten und der Center for Undervisningsmiddler (CFU). Wir versuchen, uns über ganz viele verschiedene Kanäle relevant und sichtbar zu machen."

Nehmen auch deutsche Schulen das Angebot an?

„Es gibt einige Schulen in der deutschen Minderheit, die das Angebot annehmen. Die Texte sind anspruchsvoll genug, um auch Muttersprachlern gerecht zu werden. Bei uns in den Minderheitenschulen gibt es hin und wieder auch Situationen, in denen sich die Schülerin oder der Schüler nicht auf beiden Sprachen mit hundertprozentiger Sicherheit bewegt.

Die Jugendlichen brauchen dann in der einen Sprache mehr Unterstützung als in der anderen. Dass unsere Texte mit dänischem Hilfsvokabular versehen sind, ist natürlich auch für diejenigen, die im Deutschen Unterstützung brauchen, eine tolle Hilfe."

Was sagst du zu dem Budget, das ihr vom Folketing zugesprochen bekommen habt?

„Ich freue mich sehr, dass wir die gute und wichtige Arbeit mit Grenzgenial nicht nur fortsetzen können, sondern dank der Sicherung der Mittel über eine längere Zeitspanne als bisher, uns erlauben können, uns noch mehr auf die wesentliche Aufgabe zu konzentrieren. Das bedeutet unwahrscheinlich viel. 

Wir werden wohl damit beginnen, uns den praktischen und digitalen Dingen zu widmen. Jetzt wird auf unserer Webseite erst einmal aufgeräumt und modernisiert."

Was ist noch Teil eures Angebots?

„Wir haben unter anderem die kleinen gelben Heftchen, die sich Schnickschnack nennen.

Im Deutsch-didaktischen Bereich spricht man von sogenannten Chunks, die das Erlernen einer Sprache immens vereinfachen. Chunks sind vorgefertigte Satzphrasen, die man zusammenhängend lernt. Durch Untersuchungen hat man feststellen können, dass man Sprachen am besten lernt, wenn man sie spricht, statt über stumpfes Pauken von Grammatik.

Chunks sind also nichts anderes als Wortfetzen, die die Schülerinnen und Schüler auswendig lernen, ohne dabei über die richtige Konjunktion oder Ähnliches nachzudenken. Hierzu haben wir zwei verschiedene Kataloge herausgegeben, die auf generische Situationen ausgelegt sind. Sie sollen den Zugang zur deutschen Sprache erleichtern. Wir haben ein blaues Heftchen für Feedbacksituationen und ein gelbes für Nacherzähl-Situationen.

Wenn die Schülerinnen und Schüler diese Chunks dann einige Male benutzt haben, müssen sie mitunter gar nicht mehr nachschlagen, das sitzt dann einfach. Diese Hilfe ist bei Schülern und Lehrern sehr begehrt – und wir haben davon inzwischen mehr als 6.000 im Umlauf."

Was gibt es sonst noch für Projekte?

„Es gibt ein Thema, das insbesondere minderheitenintern interessant ist. 2020 war die Grenzziehung ein großes Thema, und mit den Mitteln sollten dann Materialien zur „Genforening" (die Wiedereingliederung Nordschleswigs zu Dänemark, Anm. der Redaktion) entstehen. Also haben wir eine Arbeitsgruppe gebildet, die Texte produziert, die die Geschichte und Perspektive der deutschen Minderheit gut begreiflich darstellen sollen.

Diese Arbeitsgruppe besteht aus Gerret Schlaber vom Deutschen Gymnasium für Nordschleswig, Hauke Grella vom Deutschen Museum, Nele Konrad von der deutschen Schule in Sonderburg und Käthe Nissen vom Deutschen Schul- und Sprachverein. Nele und Gerret liefern die Texte, und Hauke verifiziert die Inhalte. Ich koordiniere das Projekt und kümmere mich um die redaktionellen Aufgaben. Es ist ein fortlaufendes Projekt."

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