Kulturkommentar

„ Nicht für die Schule, sondern für das Leben“

Nicht für die Schule, sondern für das Leben

Nicht für die Schule, sondern für das Leben

Claudia Knauer
Claudia Knauer
Nordschleswig
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Büchereidirektorin Claudia Knauer schildert ihre Sicht auf die Einschulungen in diesem Jahr, und welche Herausforderungen die junge Schülerschaft erwartet.

„Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“. Sagt man. Tatsächlich schrieb Lucius Annaeus Seneca an seinen „Schüler“ Lucilius um 62 nach Christus genau umgekehrt:  Non vitae sed scholae discimus – „Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir.“ Er meinte, auch wenn es nicht wörtlich dort steht, „leider lernen wir nicht für das Leben“. Denn eine „übermäßige Sucht auch nach Gelehrsamkeit“ machte Seneca zu seinem Unwillen in der Philosophenschulen aus.

Was erwartet jetzt, 2024, all die vielen hoffnungsfrohen Kinder, deren Einschulung gerade auf dem Portal Nordschleswiger gefeiert wird? 

Die Balance zwischen Fertigkeiten und Fähigkeiten, die auf den Schulbänken, die schon lange ergonomisch korrekte Stühle sind, gelernt werden und dem, was man im Leben braucht, ist haarfein und nicht alles, was die Lehrkräfte vermitteln wird von den jungen Menschen (und oft auch den Eltern) als notwendig für das echte Leben erachtet. Gerade Mathematiklehrerinnen und -lehrer müssen sich immer wieder die Frage stellen lassen: Wofür in aller Welt brauche ich das?

Es geht aber nicht darum, Wissen nur wie einen Spaten, mit dem ich umgraben kann, zu betrachten, sondern um Bildung. Die Fächer, deren Inhalt von Ministerien nicht willkürlich vorgegeben wird, dienen dazu, den ganzen Menschen zu formen. 

Dazu gehört Mathematik genauso wie Musik, Sport genauso wie Biologie. Nicht in jedem Fach kann und muss man stark sein, aber man muss eine Ahnung davon bekommen.

Grundlage allen Könnens sind Lesen, Schreiben, Rechnen. Daran geht kein Weg vorbei. Die immer wieder vorgenommenen Untersuchungen zeigen, dass es damit immer mehr hapert. Kein noch so gutes Rechtschreibe- oder Vorleseprogramm kann die Erfahrung ersetzen, Buchstaben zu Worten oder Worte zu Inhalten zu formen.

Deshalb wünschen wir allen Kindern, dass sie lesen lernen und daran Spaß haben werden, denn wer liest, entwickelt Fantasie und Fantasie brauchen wir dringender denn je. Keine KI liefert uns Lösungen, wenn sie nicht vorher schon gedacht wurden. Jede Maschine wird mit etwas gefüttert, das von Menschen kommt.

Die Kinder, die jetzt eingeschult wurden, sind unser gesellschaftliches Kapital. Behandeln wir sie so und bringen ihnen Lesen, Schreiben und Rechnen bei, damit sie denken lernen und ihrer Fantasie Flügel verleihen.

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