Leitartikel

„Die große Null und ihr Nebeneffekt“

Die große Null und ihr Nebeneffekt

Die große Null und ihr Nebeneffekt

Nordschleswig/Sonderburg
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15 Jahre lang hat Peter Rathje das Project Zero in Sonderburg geleitet – nun dankte er ab. Er hat die kleine Stadt Sonderburg in der großen Welt bekannt gemacht, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

I am a big zero, steht auf dem Anstecker von Peter Rathje. Der scheidende Direktor des Sonderburger Project Zero hat nichts dagegen, eine große Null zu sein – ist es doch das Ziel überhaupt in der Alsenmetropole: bis 2029 klimaneutral zu sein.

Als die Bitten & Mads Clausen Stiftung vor 15 Jahren gemeinsam mit der Kommune Sonderburg und Energieunternehmen das Project Zero in die Welt setzte, war Peter Rathje der Mann der ersten Stunde. Am Dienstagnachmittag war indes seine letzte Stunde gekommen: Er hat als Direktor des ambitionierten Klima- und Leuchtturmprojekts der Kommune aufgehört und steht in der kommenden Zeit „nur“ noch als Berater zur Verfügung.

Peter Rathje ist alles andere als eine große Null. Er ist selbst ein Leuchtturm, wobei er sich nie selbst in den Mittelpunkt gestellt, sondern stets die Sache im Auge behalten hat.

Auf seine eigene energische, sachliche und überzeugende Art hat er Sonderburg um das Project Zero vereint und „the litte danish town Sønderborg“ auf die Weltbühne gebracht.

Das Project Zero hat den europäischen Energiepreis erhalten, war 2012 auf der Liste von Bill Clintons progressiven grünen Stadtprojekten und wurde 2017 mit dem Svend Auken Klimapreis ausgezeichnet. Natürlich stand Sonderburg kürzlich auch bei der Weltklimakonferenz COP26 im Rampenlicht, und im Sommer hält die Internationale Energie Agentur (IEA) die größte Klimaneutralitätskonferenz der Welt – natürlich in Sonderburg.

Peter Rathje und das Project Zero haben nicht die Welt gerettet, und sie haben auch nicht den Stein der Weisen gefunden. Die Lösung ist viel einfacher: Die notwendigen Maßnahmen sind bereits bekannt, so der Zero-Chef, sie müssen nur noch umgesetzt werden – und zwar baldmöglichst.

„Man muss die Dinge massiv machen, um vorneweg zu sein“, so Rathje, der vor Karriereende noch den Plan bis 2029 ausgearbeitet hat. Den Zieleinlauf, sozusagen: Am Ende dieser Strecke soll die Kommune Sonderburg klimaneutral sein.

Es wäre tatsächlich eine Meisterleistung, an der Peter Rathje einen wesentlichen Anteil gehabt haben wird. In den kommenden sieben Jahren geht es vor allem darum, noch mehr Bürgerinnen und Bürger in der Kommune zu aktivieren und alle Fäden zusammenzuschnüren.

Dabei ist gerade das Rathje und dem Project Zero schon teilweise gelungen, nämlich das Engagement in der Bevölkerung zu wecken. Unter anderem ist die Jugend vor Ort involviert worden, und das bereits seit 2009 – also lange bevor Greta Thunberg in der ganzen Welt bekannt wurde.

„Wir haben von Beginn an gewusst, dass wir es selbst schaffen mussten. Wir bekommen nichts geschenkt“, sagt Peter Rathje. Vor 15 Jahren stieg er bei dem Klimaprojekt ein, das manch einer – vor allem in den Nachbarkommunen – als verrückt abstempelte. Heute wissen alle, dass Sonderburg alles andere als klimaverrückt ist – höchstens im positiven Sinne.

Der Kampf um die Null ist auch kein Wettbewerb mit anderen Städten in Dänemark oder in der Welt. Wir müssen alle dorthin – gemeinsam und mit vereinten Kräften, so Peter Rathje, der nicht nur kluge Worte für den Klimawandel findet, sondern auch privat den Weg zeigt.

Das Ziel ist nur noch wenige Jahre entfernt, doch dabei geht es nicht nur um die Null. Project Zero hat in Sonderburg auch für einen gewissen Zusammenhalt gesorgt – zwischen Politik, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern. Ein wertvoller Nebeneffekt.

Und dann wäre da noch die Sache mit der Verantwortung: „Wir müssen jetzt handeln, damit wir die Rechnung nicht den kommenden Generationen überlassen“, sagt Peter Rathje – überzeugt und überzeugend.

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