Naturschutz

Bloß nicht aussterben: So helfen Nordschleswiger seltenen Vogelarten

Bloß nicht aussterben: So helfen Nordschleswiger seltenen Vogelarten

Bloß nicht aussterben: So helfen Nordschleswiger

Gravenstein/Gråsten
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Wendehals
Ein mit einem Netz zur Beringung gefangener Wendehals. Mittlerweile ein sehr seltener Anblick auch auf Grenen bei Skagen, wo dieses Foto entstand. Foto: Jens Kirkeby/Biofoto/Ritzau Scanpix

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In den Wäldern des Landesteils wird einiges für den Vogelschutz getan und manch einer engagiert sich ehrenamtlich. Und das ist in einigen Fällen auch dringend notwendig. Wir beschreiben drei Beispiele.

Aufräumen im Wald – das lässt die Naturbehörde Nordschleswig (Naturstyrelsen Sønderjylland) mancherorts einfach mal sein. Nicht aus Faulheit – sondern, um Lebensräume zu bewahren. Etwa, wenn knorrige alte Bäume stehen gelassen werden, damit Vögel, Insekten und Pilze die Höhlen und Spalten darin für sich nutzen können.

Für den Nestbau zum Beispiel, wie es Gänsesäger, Schwarzspechte und Wendehälse tun.

Gänsesäger
Ein Gänsesäger-Paar – der Erpel in schwarz-weiß Foto: Šárka Krňávková / Unsplash

Prachtvolle Enten brauchen sicheren Zugang zum Wasser

Die Gänsesäger (dän. Stor skallesluger) sind nicht nur auffallend schöne, sondern auch auffallend große Enten und werden um die 60 Zentimeter lang. Für sie ist Nordschleswig der Süden – sie kommen zum Überwintern aus dem Norden zu uns.

Einige Tiere brüten auch hier. Ursprünglich bauten sie ihre Nester in Baumhöhlen, heute bekommen sie durch Nistkästen Hilfe. Allein in der Kommune Sonderburg stehen 75 solcher Kästen bereit.

Im vergangenen Jahr, zeigen Zahlen des Ornithologischen Vereins für Alsen und Sundewitt (Ornitologisk Forening for Als og Sundeved), haben 26 Paare rund um Sonderburg Nachwuchs aufgezogen. 165 waren es in ganz Dänemark. Jedes Jahr im Mai zählen die Vereinsmitglieder die Enten und ihren Nachwunchs in in den Nistkästen.

Gänsesäger
Seltener Anblick: Ein Gänsesäger-Erpel im Flug Foto: Johnny Madsen/Biofoto/Ritzau Scanpix

Küken müssen Stadtverkehr überleben

„Selbst mit den vielen aufgestellten Nistkästen ist der Gänsesäger nicht immer zufrieden“, berichtet der Vorsitzende Kaj Abildgaard. „Wir haben schon mehrfach beobachtet, dass der Vogel mitten in der Sonderburger Innenstadt genistet hat. Einmal in einem Schornstein, einmal in einem Loch in einer Mauer“, sagt er.

„Das große Problem dabei ist, dass die Jungtiere dann den Weg zum Meer finden müssen. Für die kleinen Füßchen ist das ein langer Weg, und dazu noch sehr gefährlich wegen der Autos, Katzen und Möwen“, so Abildgaard.

Wilde, küstennahe Natur und knorrige alte Bäume mit Meerblick – davon müsste es also noch mehr geben, um den Enten einen sicheren Hafen in Nordschleswig zu bieten. Auf der dänischen Roten Liste stehen die Enten auf der Stufe „gefährdet“ und in Dänemark gehört die Kommune Sonderburg, neben den südlichen Inseln, zu den einzigen Brutgebieten.  

Und wo können die großen Enten beobachtet werden? Martin Reimers, Förster der Naturbehörde in Gravenstein (Gråsten) empfiehlt die Küsten von Broackerland (Broagerland) und die Hafengegend in Gravenstein.

Schwarzspecht
Schwarzspechte hacken sich ihre Nester in die Bäume. Foto: Lars Gejl/Biofoto/Ritzau Scanpix

Schwarzspechte hacken sich Nester in alte Buchen

Auch für die Schwarzspechte (dän. Sortspætte) sind alte Bäume lebensnotwendig. Der größte Specht bei uns versteckt sich dabei nicht gerade. Mit seiner roten Haube und der imponierenden, über Kilometer zu hörenden Stimme, macht er schon auf sich aufmerksam.

Doch auch er steht als „gefährdet“ auf Dänemarks Roter Liste.
 

Am liebsten hackt er sich sein Nest weit oben in alte Buchen. Das wurde ihm zum Verhängnis: Waldarbeiter können von unten oft nicht sehen, wenn ein Specht sich eingenistet hat und fällen Bäume, die sich der inzwischen seltener gewordene Vogel als Brutstätte ausgesucht hat.

Tonderaner bewahrt Specht-Nester vor dem Aus

Der Ornithologe Hans Christensen aus Tondern (Tønder) wollte das nicht mehr länger mit ansehen – und hat deshalb in ehrenamtlicher Arbeit zahlreiche Bäume im Landesteil markiert, in denen die Spechte nisten – und der Naturbehörde Bescheid gegeben, damit diese Bäume bloß nicht gefällt werden.

Menschen wie ihm ist es zu verdanken, dass wir in Nordschleswig noch so manchen Schwarzspecht beobachten können. Zum Beispiel in den Gravensteiner Wäldern, der Kjelstruper Plantage (Kelstrup Plantage), dem Jürgensgaarder Wald (Jørgensgård Skov) bei Apenrade, oder dem Refsöer Wald (Revsø Skov) bei Sommerstedt (Sommersted).

Wendehals
Gut getarnt: Ein junger Wendehals in seiner Nisthöhle in einem Pflaumenbaum in Schweden. Foto: Sven Halling/Biofoto/Ritzau Scanpix

Wendehals sucht Unterkünfte

Ein dritter sehenswerter Vogel, der in Nordschleswig ein Zuhause hat und als „gefährdet“ eingestuft ist, ist der Wendehals. Auch er ist ein Specht, sieht aber viel unscheinbarer aus als der Schwarzspecht.

Sein schwarz-braun-gräuliches Federkleid tarnt den Wendehals, wenn er auf der Baumrinde sitzt – und nur in der Balz-, Brut- und Fütterungszeit macht er mit seinem unverwechselbaren Gesang auf sich aufmerksam – den Rest des Jahres bleibt er, wie sein Äußeres auch, möglichst unauffällig.

Seinen Namen verdankt er seiner außergewöhnlichen Fähigkeit, den Kopf um 180 Grad zu drehen. Trotz dieser Rundum-Überwachung und der guten Tarnung ist der Wendehals in Dänemark zur Seltenheit geworden. Weniger als 100 Paare gibt es in hierzulande noch.

Das liegt vielleicht auch an der Abhängigkeit von anderen. Denn die Nester baut der selbst nicht zum Holzhacken aufgelegte Wendehals in alten Spechthöhlen oder in Nistkästen.

Konkurrenz durch die Kohlmeise

Im April kommen die Tiere aus dem Winterurlaub in Afrika zurück  nach Nordschleswig. Zum Beispiel in die Plantage bei Fröslee (Frøslev), in der der Ornithologe Poul Erik Junk aus Pattburg (Padborg) in den vergangenen Jahren so manchen Nistkasten aufgehängt hat.

„Vor dem Einflugloch montieren wir im Winter eine Leiste, weil sonst die Kohlmeise sofort einzieht. Um den 5. Mai entfernen wir die Leisten – und dann wird es spannend, ob Wendehälse einziehen“, berichtet Junk. Häufig passiert das nicht mehr.

2019 nistete immerhin ein Paar Wendehälse in einem der Kästen und Anfang Juli wurden fünf Junge in die Welt entlassen. Ein kleiner Erfolg, der die Mühen der Ehrenamtlichen belohnt. 

Förster Martin Reimers hofft in diesem Sinne für die kommenden Jahre weiter auf eine derart fruchtbare Zusammenarbeit mit den ornithologischen Vereinen und den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern „für das Vogelleben und die Naturerlebnisse der Waldbesucher“.

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