Kommunalpolitik

Ein Spazierweg, den keiner will: Stadtrat streitet weiter

Ein Spazierweg, den keiner will: Stadtrat streitet weiter

Ein Spazierweg, den keiner will: Stadtrat streitet weiter

Sonderburg/Sønderborg
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Das Nübeler Noor ist eine Naturschönheit –der Bürgerverein Atzbüll wünscht sich einen Spazierweg nach Gravenstein, der nah dran am Noor entlangführt. Foto: Morten Juhl/Ritzau Scanpix

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Seit zwölf Jahren setzen sich Bürgerinnen und Bürger für die letzte Etappe Spazierweg am Nübel Noor ein, doch die aktuell geplante Streckenführung lehnen die meisten ab. Im Stadtrat kam es deswegen nun zum Streit.

Es ist verzwickt: Eine Million Kronen stehen für einen neuen Spazierweg zwischen Atzbüll (Adsbøl) und Gravenstein (Gråsten) im Kommunalhaushalt bereit, um verarbeitet zu werden. Doch die angedachte Streckenführung trifft bei den meisten Bürgerinnen und Bürgern vor Ort auf Ablehnung.

Am Mittwochabend protestierten erneut Dutzende Menschen im Stadtratssaal gegen die geplante Streckenführung – und die Lokalpolitikerinnen und Lokalpolitiker stritten sich anschließend um die Frage, wie man aus einer völlig eingefahrenen Situation wieder rausfindet.

Konkret musste der Stadtrat darüber abstimmen, ob man ein bestimmtes Grundstück enteignen lässt, um den Spazierweg zu bauen.

Enteignung für die Bahngleis-Strecke?

Im zuständigen Ausschuss hatten sich die Parteien Einheitsliste und Sozialdemokraten dagegen ausgesprochen, während Venstre und Schleswigsche Partei dafür stimmten.

Man sei prinzipiell dafür, das Mittel der Enteignung einzusetzen, wenn dadurch ein Großteil der Bevölkerung Nutzen hat, so Einheitslisten-Politikerin Johanna-Maria Precht. Doch die aktuell geplante Streckenführung würde vom Großteil der Bevölkerung vor Ort abgelehnt.

„Wir müssen feststellen, dass der Wert für die gemeine Bevölkerung nicht groß genug ist, um eine Enteignung des betreffenden Grundstücks zu rechtfertigen.“

Zum zweiten Mal kamen am Mittwoch Mitglieder des Atzbüller Bürgervereins in den Stadtrat, um für die küstennahe Streckenführung zu kämpfen. Foto: Timo Battefeld/Jysk Fynske Medier/Ritzau Scanpix

„Es ist eine Schande. Die Bürgerinnen und Bürger kämpfen seit zwölf Jahren für diesen Spazierweg, der jetzt anstatt an der Küste an einer Bahntrasse entlangführen soll“, so Stadtratspolitiker Stefan Lydal von der Dänischen Volkspartei.

Er schlug vor: Lieber das abgesetzte Geld zurück in die Haushaltskasse schicken, anstatt einen Weg zu bauen, den keiner will. „Wir sind durch einen schweren und harten Sparprozess gegangen, auch was neue Anlagen angeht. Daher die Frage: Wollen wir wirklich eine halbe Million für einen Pfad verwenden, den niemand will?“

Konkret ging es um die in den Ausschussunterlagen aufgeführte gelbe, küstennahe, Streckenführung, und um die rote Strecke, die zu einem großen Teil entlang der Bahnschienen verlaufen würde.

SP stimmte für Fertigstellung der Strecke

Kirsten Bachmann, die für die Schleswigsche Partei im Stadtrat sitzt und im zuständigen Ausschuss für Natur, Klima und Umwelt mitarbeitet, bezog ebenfalls Stellung.

„Es gab viele Diskussionen und viel Uneinigkeit über diesen Pfad, der das letzte Stück des Nübel-Noor-Weges verbinden soll. Mir ist bewusst, dass der Bürgerverein in Atzbüll den großen Wunsch hat, dass der Weg küstennah geführt wird.“

Aus bautechnischen Gründen und wegen der Besitzverhältnisse des betreffenden Landes scheint eine Umsetzung der küstennahen Strecke schwierig, und daher sei die alternative Streckenführung entlang der Eisenbahnschienen die mögliche Alternative, so die Argumente von Venstre und SP.

„Wir schulden es den Bürgerinnen und Bürgern der Kommune, dass dieser Weg endlich fertig wird. Daher sagen wir ja dazu, das Grundstück zu enteignen, um den Weg fertigzustellen“, so Bachmann.

Als wir das Geld für den Haushalt bewilligt haben, ging wohl jeder von uns davon aus, dass es sich um die gelbe Linienführung handelt, auf der der Spazierpfad entstehen soll.

Preben Storm, Stadtratspolitiker
Die rot eingezeichnete Streckenführung des Pfades stand am Mittwoch zur Diskussion. Der Bürgerverein wünscht sich weiterhin die gelbe Strecke entlang des Noors. Foto: Kommune Sønderborg

Sozialdemokrat Preben Storm gab zu bedenken: „Als wir das Geld für den Haushalt bewilligt haben, ging wohl jeder von uns davon aus, dass es sich um die gelbe Linienführung handelt, auf der der Spazierpfad entstehen soll.“

Auch nach einer Stunde Diskussion und Streiten konnte der Stadtrat keine Einigung finden: 16 Stimmen von Sozialdemokratie, Einheitsliste und Dänische Volkspartei stimmten dagegen, das Grundstück für die rote Streckenführung zu enteignen, 15 Stimmen von Venstre, Schleswigsche Partei und Neue Bürgerliche stimmten dafür. Somit ist noch immer keine Entscheidung gefallen.

Es gibt noch Hoffnung …

Die Hoffnung auf einen küstennahen Pfad bleibt bestehen: In Zusammenarbeit mit der Verwaltung soll die Lokalpolitik ganz neu herausfinden, ob die gelbe Linienführung nicht doch machbar ist, und ob man an dem Projekt weiter interessiert ist, falls nicht.

Bis zum letzten Stück Pfad am Nübel Noor ist es also noch ein langer Weg, der lokalpolitisch kein Spaziergang wird. Das Thema wird noch das ein oder andere Mal in den Ausschüssen und im Stadtrat auftauchen.

Wer sich in die Details des Falls vertiefen möchte, kann die entsprechenden Tagesordnungen des Ausschusses und des Stadtrats hier und hier einsehen.

 

 

 

 

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