Selbsttest

Rudern ist wie Brötchen schmieren

Rudern ist wie Brötchen schmieren

Rudern ist wie Brötchen schmieren

Anna Itter
Anna Ittner
Apenrade/Aabenraa
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Aller Anfang ist schwer, auch beim Rudern.
Aller Anfang ist schwer, auch beim Rudern. Foto: Lucas Bröcker

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In Nordschleswig sieht man sie überall: Ruderbewehrte Menschen in schmalen Booten, die mit kräftigen Zügen scheinbar schwerelos über die Wasseroberfläche hinweggleiten. Aber ist es wirklich so einfach, wie es aussieht, auf diese Weise durch die Fjorde zu zischen? Nordschleswiger-Praktikantin Anna Ittner macht den Selbsttest.

Ich sitze im Boot und mache meine Klick-Klick-Übungen, als das Boot auf einmal bedenklich schwankt und ich schlagartig an den Moment von vor ein paar Minuten zurückdenken muss, als ich noch zuversichtlich meinte, ich würde schon nicht ins Wasser fallen. Bin ich da mal wieder etwas zu selbstbewusst gewesen? Aber erstmal zurück zum Anfang.

Ein wenig aufgeregt bin ich ja schon, als ich neben dem Boot stehe, das mich in ein paar Minuten über Wasser halten soll. Ein bisschen Paddelerfahrung habe ich ja, aber Rudern? Mehr noch als aufgeregt bin ich aber hoch motiviert, es zu versuchen.

 

Skull, Dollenstift, Einstiegsbrett - Rudern hat ein ganz eigenes Vokabular.
Skull, Dollenstift, Einstiegsbrett - Rudern hat ein ganz eigenes Vokabular. Foto: Lucas Bröcker

Zuerst, noch am sicheren Ufer stehend, gibt es etwas Bootskunde. Mein heutiger Trainer, Marc-Oliver Klages vom Nordschleswigschen Ruder-Verband (NRV), erklärt mir, dass beim Rudern der Schwerpunkt über dem Wasser liegt, anders als bei Kayaks oder Kanus. Im Klartext heißt das: höhere Kippgefahr. Ich lerne, dass die Ruder „Skulls" heißen oder in einer anderen Ausführung „Riemen", und dass die mit der roten Markierung steuerbord sind und die mit der grünen backbord. Oder andersherum. Meine Links-Rechts-Schwäche hilft mir hier nicht gerade. Doch als erfahrener Rudertrainer meint Marc-Oliver, dass er einfach mit rot und grün arbeitet. Das gefällt mir, Farben kann ich.

Gefühl fürs Boot

Boot ins Wasser, Skulls einlegen. Das Einsteigen funktioniert überraschenderweise problemlos. Dann soll ich zunächst ein Gefühl fürs Boot bekommen: hin und her schwanken, Ruder aus dem Wasser nehmen und wieder ablegen, den richtigen Griff finden. „Die Skulls sind wie Stützräder für dich“, erklärt Marc-Oliver. Denn diese bieten Stabilität – solange sie auf dem Wasser liegen. Deshalb sollten sie nie hoch in der Luft gehalten werden.

Die Skulls sind wie Stützräder für dich.

Mark-Oliver Klages, Trainer NRV

Um das zu vermeiden, gibt es einen Trick, den der Trainer „Butterbrot schmieren“ nennt. Dabei legt man das Ruder im „Leerlauf“ flach aufs Wasser und winkelt es leicht an, sodass es mit geringstem Widerstand über die Wellen gleiten kann.

Zu Beginn ist die Gewöhnung an das Boot das wichtigste.
Zu Beginn ist die Gewöhnung an das Boot das wichtigste. Foto: Lucas Bröcker

Mein Boot hat ein Sicherheitsseil, das mich davor bewahrt, auf die Apenrader Förde hinauszutreiben. Oder zu fahren natürlich, denn das ist das Ziel der nächsten Übung. Marc-Oliver erklärt mir die grundlegende Ruderbewegung. Beim Ziehen beide Ruder im Wasser zu halten, gestaltet sich tatsächlich als der schwierigste Teil der Sache. Meine wollen mir partout nicht gehorchen und springen immer wieder nach oben. Beide Skulls gleichzeitig im Blick zu haben, kommt mir schier unmöglich vor, meine Koordination streikt.

Klick hin, Klick zurück

Um zurück in die Ausgangslage zu kommen, dreht man die Ruder um 90 Grad, bis es „Klick“ macht, und führt sie mit der Butterbrotmethode wieder zurück. „Klick“ Ruderzug, „Klick“ zurück in die Ausgangslage. „Klick. Klick. Klick“, sagt Marc-Oliver. Meine ersten Versuche wirken chaotisch, die zweiten überfordert, die dritten allenfalls bemüht. Die Herausforderung macht mir aber Spaß, ich versuche mich mit jedem Zug zu verbessern.

Dann ein kleiner Schreckmoment: Auf einmal schwankt das Boot beträchtlich und ich sehe mich schon im Wasser liegen. Wechselklamotten habe ich in meinem Optimismus natürlich nicht eingepackt. Ich erinnere mich jedoch schnell an meine Stützräder und lasse die Ruder aufs Wasser platschen. Sie dümpeln neben meinem Boot im Wasser, während Marc-Oliver mich an meinem Sicherheitsseil wieder zurück zum Steg zieht.

Rudern erfordert zu Beginn höchste Konzentration.
Rudern erfordert zu Beginn höchste Konzentration. Foto: Lucas Bröcker

Ein bisschen stolz

Neuer Versuch, neues Glück. „Klick… Klick“, ruft mir Marc-Oliver vom Steg aus über die Wasseroberfläche zu, während ich die Skulls drehe und wende, durchs Wasser ziehe und Brote schmiere. Schnell klingt seine Stimme erschreckend weit weg, also schaue ich kurz von meinen Rudern auf. Ohne es gemerkt zu haben, hatte ich es tatsächlich zustande gebracht, mich einige Meter vom Steg weg zu manövrieren. Ich habe keine Ahnung, wer mich dahin gebracht hat und wie das passiert ist, aber das muss wohl ich gewesen sein und darauf bin ich schon ein bisschen stolz.

Am Anfang ist es für alle schwer. Aber irgendwann macht es „klick" und dann ist es richtig schön.

Marc-Oliver Klages, Trainer NRV

Wenden üben wir auch, dabei scheine ich mich gar nicht so blöd anzustellen. Klar, meine größte Schwierigkeit fällt dabei auch weg: Hierbei muss nämlich immer nur ein Ruder im Wasser sein.

Die Zeit vergeht rasend schnell. Groben Schätzungen nach muss ich wohl um die 20 Minuten auf dem Wasser gewesen sein, angefühlt hat es sich wie drei Minuten. Meine erste Lektion im Rudern ist beendet.

Marc-Oliver Klages macht den Rudereinstieg als erfahrener Trainer leicht.
Marc-Oliver Klages macht den Rudereinstieg als erfahrener Trainer leicht. Foto: Lucas Bröcker

„Am Anfang ist es für alle schwer. Aber irgendwann macht es „klick" und dann ist es richtig schön“, verspricht Marc-Oliver mir später. Das glaube ich. Noch war ich zwar noch viel zu eingenommen von der Aufgabe, mich auf zwei Ruder gleichzeitig konzentrieren zu müssen. Es gab jedoch zwei, drei Züge, die mir gut gelungen sind, bei denen die Ruder im Wasser geblieben sind und mein Boot mich flüssig ein paar Meter nach vorn getragen hat. Das hat sich richtig gut angefühlt.

Marc-Oliver bietet mir an, in der nächsten Woche wiederzukommen – für Lektion zwei. Ich glaube tatsächlich, dass ich das tun werde. Angefixt war ich sofort.

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