Deutsche Minderheit

Sozialdienst ruft „Arbeitsgruppe Zugezogene“ ins Leben

Sozialdienst ruft „Arbeitsgruppe Zugezogene“ ins Leben

Sozialdienst ruft „Arbeitsgruppe Zugezogene“ ins Leben

Apenrade/Aabenraa
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Gertraudt Jepsen ist Vorsitzende des Sozialdienstes Nordschleswig. Foto: ket

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Die Zahl an Hilfegesuchen durch Zugezogene steigt beim Sozialdienst Nordschleswig. Eine neue Arbeitsgruppe zum Thema soll die Herausforderungen für den Verband näher beleuchten, denn noch gibt es keinen Überblick über den Bedarf und in welche Richtung Hilfe gesucht wird.

Der Sozialdienst Nordschleswig ruft eine Arbeitsgruppe zum Thema Zugezogene ins Leben. Das sagte die Vorsitzende Gertraudt Jepsen am Montagabend auf der Hauptvorstandssitzung des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN). Ausgangspunkt ist eine steigende Anzahl von Hilfegesuchen durch Zuzüglerinnen und Zuzügler.

„Wir wollen die Herausforderungen zunächst einmal katalogisieren“, so Jepsen, die gleichzeitig eine AG im Hauptvorstand anregte. „Wir haben noch keine Untersuchung dazu gemacht und stehen erst am Anfang“, sagte die Vorsitzende zum „Nordschleswiger“. 

Bestandsaufnahme geplant

In einer Vorstandssitzung in der vergangenen Woche sei der Beschluss für die Arbeitsgruppe gefallen. Drei Vorstandsmitglieder und eine Familienberaterin sollen demnach herausfinden, in welche Richtung Hilfe gesucht wird. Jepsen sprach von einer „Bestandsaufnahme“. So solle auch geprüft werden, inwieweit die Beratungen mit der Satzung vereinbar sind.

Um personelle oder finanzielle Ressourcen gehe es dabei erst mal nicht. „Wir müssen jetzt recherchieren, welcher Bedarf überhaupt da ist“, so Jepsen.

Unterstützung von Schulverein und Büchereiverband

Der Hauptvorsitzende des Deutschen Schul- und Sprachvereins für Nordschleswig (DSSV), Welm Friedrichsen, unterstützte die Idee des Sozialdienstes und betonte, man solle die Kolleginnen und Kollegen dabei „nicht alleine stehen lassen“. Beim DSSV seien die „Kapazitäten ausgenutzt“ worden, es gebe dort aber auch noch weitere Herausforderungen.

Auch der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig, Asmus Peter Asmussen, sagte Gertraudt Jepsen Unterstützung auf Arbeitsebene zu. 

Die Arbeitsgruppe will nun nach Lösungsansätzen suchen und gegebenenfalls auch Konsequenzen aus den Ergebnissen ziehen. BDN-Generalsekretär Uwe Jessen wünscht sich einen abschließenden Bericht des Sozialdienstes. Darauf basierend könne das Thema dann unter Umständen auch im Hauptvorstand weiter behandelt werden.

ECMI-Studie Thema auf der Hauptvorstandssitzung

Das Thema stand in Verbindung mit einem Tagesordnungspunkt zu der Studie des Europäischen Zentrums für Minderheitenfragen (ECMI) über Zugezogene, die im Januar 2024 veröffentlicht wurde. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Johann Hörkner hatte Zuzüglerinnen und Zuzügler über ihre Beweggründe befragt und vier Punkte abgeleitet, wie Zugezogene die deutsche Minderheit nutzen – etwa als erstes informelles Netzwerk nach der Migration. 

Die deutsche Minderheit ist demnach ein Standortfaktor bei der Auswanderung. Das Vorhandensein deutscher Institutionen ermögliche ein „Auswandern light“, da die Zugezogenen kein komplett fremdsprachiges Umfeld vorfinden, resümiert Hörkner.

Dies geht auch einher mit dem Anstieg der Schülerinnen- und Schülerzahlen an den Schulen der Minderheit, womit etwa auch die nordschleswigschen Kommunen werben. Aufgabe der Kommune sollte es Hörkner zufolge sein zu vermitteln, „dass ein Schulplatz an einer deutschen Schule in der Region nicht garantiert ist, dass die Minderheitenschulen keine öffentlichen dänischen Schulen, sondern gesondert gelagerte Privatschulen sind und dass Identifikation mit der Minderheit erwartet wird, wenn man sich an einer deutschen Minderheitenschule anmeldet“.

Mögliches Konfliktpotenzial sieht die Studie daher auch bei Zugezogenen, die ein negatives Verhältnis zur deutschen Politik haben und das ausschlaggebend für das Auswandern gewesen ist. Insbesondere bei Kulturveranstaltungen – etwa dem Knivsbergfest – lösten nationale Bekenntnisse seitens der Minderheit eine Ambivalenz bei Zugezogenen aus. Laut Studie nehmen die Zugezogenen die Angebote der deutschen Minderheit zwar umfangreich wahr, könnten sich aber häufig nicht selbst mit der Minderheit identifizieren. 

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