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4 Tipps: So erkennt man Fake-Bewertungen im Internet

4 Tipps: So erkennt man Fake-Bewertungen im Internet

4 Tipps: So erkennt man Fake-Bewertungen im Internet

Markus Keimel/shz.de
Kiel
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Kundenbewertungen wie hier auf Amazon können die Kaufentscheidung beeinflussen. Doch sind sie auch seriös? Foto: www.imago-images.de

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Ob beim Buchen des Hotels, Bestellen einer Waschmaschine oder Ausprobieren eines Lieferdienstes: Menschen verlassen sich oft und gerne auf Kundenrezensionen und Bewertungen. Viele wissen jedoch nicht, dass diese auch gefälscht oder gekauft sein können.

In einer Umfrage von Splendid Research zeigte sich, dass drei Viertel der befragten deutschen Verbraucher schriftliche Rezensionen bei Kaufentscheidungen als wichtig einstuften. Fast 60 Prozent gaben an, dass sie bereits bei der Produktsuche auf Online-Bewertungen achten. Für 70 Prozent hatten Online-Bewertungen auch beim Vergleich von Produkten Bedeutsamkeit. Und über 63 Prozent stuften Online-Bewertungen beim Kauf als belangvoll ein.

In Zeiten des wachsenden Online-Handels werten Menschen also die Beurteilung und Meinung anderer mehr und mehr als Orientierungs- und Entscheidungshilfe. Doch für Konsumenten, die blind auf Bewertungen und Erfahrungsberichte vertrauen, kann es rasch zum bösen Erwachen kommen. Denn laut Verbraucherzentrale können diese manipuliert und gefälscht sein. Händler, Portale sowie Hersteller können bei den Bewertungen sogar ordentlich mitmischen. Äußerste Vorsicht sei zudem auch bei Produkttester-Clubs geboten.

Wie Händler und Portale zu gefälschten Online-Bewertungen kommen

Es gebe Agenturen, über die man solche Bewertungen einkaufen könne, sagt Karolina Wojtal, Pressesprecherin des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland. Eine kleine Google-Abfrage genüge, um diese Angebote zu finden.

Sarah Wagner, Referentin vom Bundesverband der Verbraucherzentrale Deutschland, bestätigt das: „Unsere Untersuchung von über 140 Verbraucherbeschwerden zum Thema Online-Bewertungen hat gezeigt, dass es verschiedene Arten von gefälschten oder manipulierten Bewertungen gibt, die auf unterschiedlichsten Wegen zustande kommen.“ Die Analyse der Fälle deute darauf hin, dass sich Händler auf Portalen oder eigenen Webseiten immer wieder gefälschte positive Bewertungen kaufen oder diese schlichtweg selbst verfassen, so Wagner.

Händler lassen gezielt falsche Online-Bewertungen abgeben

Um die bestmögliche Bewertung für ihre Produkte sicherzustellen, würden Händler und Verkäufer auch mit verdeckten Produkttest-Bewertungen arbeiten. Oftmals organisiert durch mitunter unseriös auftretende Bewertungsvermittler. Tester würden sogar Rezensionen zu Produkten verfassen, die sie selbst gar nie getestet haben.

Auch Verbraucher selbst werden instrumentalisiert, um die Positiv-Maschinerie der Portale und Web-Shops am Laufen zu halten. „Mit Anreizen wie Gutscheinen oder Produkten werden Kunden von Verkäufern dazu animiert, Höchst-Bewertungen für bereits gekaufte Artikel abzugeben“, beschreibt Wagner das System. Kunden würden so im Glauben gelassen, authentische Nutzererfahrungen zu lesen. Dies kann folglich bedeuten, dass Verbraucher eine für sie nachteilige Kaufentscheidung treffen.

„Gleichzeitig macht unsere Analyse deutlich, dass sowohl Händler, Verkäufer als auch Portale negative Nutzerbewertungen immer wieder aussortieren“, sagt Wagner. Um negative Rezensionen insbesondere von Portalen wieder von der Bildfläche verschwinden zu lassen, greifen Händler teils zu unsauberen Mitteln. Sie versuchten Verbraucher durch das Aufbauen einer juristischen Drohkulisse mit anwaltlichen Schreiben und hohen angedrohten Kosten einzuschüchtern.

Unseriöse Online-Bewertungen erkennen: 1. Ein Nutzer, viele lokale Läden

„Unsere Erkenntnisse aus der Marktbeobachtung haben gezeigt, dass es sich um gefälschte Bewertungen handeln kann, wenn die gleichen Nutzerprofile auf Portalen lokaler Geschäfte über ganz Deutschland verteilt positiv bewerten und das möglicherweise schnell hintereinander“, berichtet Wagner.

Bewertet beispielsweise dasselbe Profil, eine Reinigung in Berlin, eine Apotheke in Düsseldorf, ein Autohaus in Regensburg und einen Tierbedarf in Dresden positiv, dann könne dies ein Hinweis auf gekaufte Bewertungen sein. „Das Profil schreibt dann möglicherweise im Auftrag von jemandem Bewertungen“, sagt Wagner. Demnach kann es sich für Verbraucher lohnen, die restlichen Bewertungen von Profilen auf ihre Stimmigkeit zu überprüfen.

2. Auffällig häufige Wiederholungen, Sprache wie in der Werbung

Ein weiterer Hinweis auf gekaufte oder gefälschte Bewertungen kann sein, wenn sich in den Rezensionen eines Shops der gleiche Wortlaut oder Verweise auf bestimmte positive Aspekte auffällig oft wiederholen. Oder wenn der Rezensionstext nach Werbung klingt.

Da könne man sich dann schon fragen, ob man das als Nutzer ohne Gegenleistung so schreiben würde. Demnach würde sich hier empfehlen, solche Bewertungen nicht zur Entscheidungsfindung heranzuziehen.

3. Viele Beiträge in einem engen zeitlichen Rahmen

Auch Beiträge, die innerhalb eines kurzen Zeitraums veröffentlicht werden, während die vorherigen Beiträge in größeren zeitlichen Abständen veröffentlicht wurden, sind unter Umständen ein Hinweis.

4. Viele anonyme Bewertungen und gebrochenes Deutsch

Weitere Hinweise auf gekaufte oder gefälschte Bewertungen können auch anonyme Bewertungen sein. Insbesondere, wenn alle 5-Sterne-Bewertungen der jeweiligen Webseite von anonymen Autoren oder mit einem Pseudonym veröffentlicht wurden.

Auch Bewertungen in gebrochenem Deutsch seien ein Hinweis, da solche Rezensionen von Unternehmen stammen könnten, die dafür bezahlt werden, gefälschte Bewertungen zu verfassen.

Online-Portale reagieren zurückhaltend

„Die Mechanismen der Portale scheinen teilweise durchlässig zu sein, sodass fraglich scheint, wie sehr Portale ihren Sorgfaltspflichten in diesem Punkt wirklich nachkommen“, stellt Wagner fest. Untersuchungen der Verbraucherzentrale Deutschland würden nahelegen, dass Portale sich eher zurückhalten würden, wenn es darum geht, die Massen an zu positiven Bewertungen einzudämmen und deren Entstehung transparent zu machen.

„Ein Grund für ihr Zögern könnte sein, dass es auch für Portale, die als Marktplatz, Vermittler oder Vertragspartner von Händlern agieren, ein lohnendes Geschäft sein kann“, vermutet Wagner. Denn wenn sich auf ihren Seiten viele sehr positiv bewertete Produkte befinden, kurbele das Vertragsschlüsse an, an denen die Portale mitverdienen.

Gesetzlicher und politischer Handlungsbedarf gegen falsche Online-Bewertungen

Ende Mai 2022 wurden im Rahmen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) Modernisierungs-Richtlinie beschlossen. Danach gelten für Online-Bewertungen neue verbraucherschützende Regelungen. „Ob und wie diese praxistauglich sind und tatsächlich für einen verbesserten Verbraucherschutz sorgen, wird sich zeigen“, meint Wagner.

Es gäbe auch weiterhin zahlreiche Maschen, um Bewertungen zu fälschen und zu manipulieren. Die neuen Informationspflichten der Modernisierungs-Richtlinie böten dafür nur einen eingeschränkten Schutz.

Noch reichen die strafrechtlichen Konsequenzen nicht aus

Ähnlichen Handlungsbedarf sieht auch Karolina Wojtal, Pressesprecherin des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland. Um der Fake-Bewertungen Herr zu werden, seien sehr wahrscheinlich Strafen unvermeidlich.

Auch verlaufe die Verfolgung der Bewertungs-Fälscher eher schleppend und hinke permanent hinterher, da die Agenturen häufig Namen und Firmensitz wechseln. „Verfahren vor Gericht nach UWG enden häufig mit Versäumnisurteilen, weil die Agenturen nicht mehr auffindbar sind“, stellt sie fest. Eine Aufnahme dieses Tatbestandes ins Strafgesetzbuch würde die Verfolgung erleichtern. Auch ein Antrag auf Amtshilfe bei den Kollegen im Ausland wäre denkbar. „Möglichkeiten, die das UWG aktuell nicht bietet“, bedauert Wojtal.

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