Landtagswahl 2022

Die CDU in Schleswig.Holstein hat ein Frauenproblem

Die CDU in Schleswig.Holstein hat ein Frauenproblem

Die CDU in Schleswig.Holstein hat ein Frauenproblem

SHZ
Kiel
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Nur bislang neun von 35 Wahlkreiskandidaten der Union im Norden sind weiblich. Foto: Michael Kappeler / SHZ

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Die Union nominiert deutlich weniger weibliche Direktkandidatinnen als SPD und Grüne für die Landtagswahl im kommenden Jahr. Das ärgert die Vorsitzende der Frauen-Union, Katja Rathje-Hoffmann.

Katja Rathje-Hoffmann ist nicht gerade begeistert. „Ich bin schon sehr enttäuscht, wie sich die CDU zur Landtagswahl in den Wahlkreisen aufgestellt hat“, sagt die frisch wieder gewählte Vorsitzende der Frauen-Union in Schleswig-Holstein. Nur bislang neun von 35 Wahlkreiskandidaten sind Frauen. Damit ist mehr als unwahrscheinlich, dass der CDU-Fraktion nach der Landtagswahl im Mai deutlich mehr Frauen angehören werden als der jetzigen. Aktuell sind von den 25 Landtagsabgeordneten vier Frauen.

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Da die Union traditionell viele Wahlkreise direkt gewinnt, gilt deren Besetzung als Schlüsselposition. Denn bei den vergangenen beiden Landtagswahlen sind Listenkandidaten gar nicht oder nur durch ein Nachrückverfahren zum Zuge gekommen. Besonders problematisch ist das natürlich für Kandidaten in den Großstädten, wo die Wahlkreise überdurchschnittlich häufig von der SPD gewonnen wurden – und die jetzt auch die Grünen anpeilen. In Kiel und Lübeck treten aber vier der neun direkt nominierten CDU-Kandidatinnen an. „Für die wird es natürlich besonders schwer, in den Landtag zu kommen“, sagt Rathje-Hoffmann. Ein Schelm wer denkt, dass die Union die aussichtsreichen Wahlkreise bevorzugt an Männer vergibt.


„Es ist zumindest auffällig, dass in einem Wahlkreis in Nordfriesland vier Frauen und ein Mann sich um die Kandidatur bewerben – und es am Ende der Mann wird“, sagt Rathje-Hoffmann, die bei ihrer Kandidatur im Wahlkreis Norderstedt selbst gegen einen Mann verlor. Nun hofft die 58-Jährige auf einen aussichtsreichen Listenplatz, weiß aber auch, dass ihre Chancen auf den Wiedereinzug in den Landtag gering sind.

Für Rathje-Hoffmann ist klar, dass sich etwas ändern muss, damit die Union in mehr Wählerschichten mehrheitsfähig wird. „Doch dafür fehlt in den Wahlkreismitgliederversammlungen oft die Sensibilität.“ Sprich: Die örtlichen Honoratioren wählen dann doch lieber die Männer, die sie kennen.

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Parteichef Daniel Günther hat das Problem längst erkannt und setzt sich seit Jahren für mehr Frauen in Führungspositionen ein. „Das macht er vorbildlich“, sagt Rathje-Hoffmann. Beim Landesparteitag im August hatte Günther vom Rednerpult aus an die Mitglieder appelliert, mehr Frauen in den Wahlkreisen zu nominieren – mit wenig Erfolg.


Nun sagt der Ministerpräsident: „Wir treten bei der Landtagswahl mit einer guten Mischung aus erfahrenen Abgeordneten und neuen Kandidatinnen und Kandidaten an. Über die Hälfte tritt dabei an, um erstmals in den Landtag gewählt zu werden. Damit ist uns auch eine spürbare Verjüngung unseres Teams gelungen.“

Das will Günther fortsetzen, und hofft, dass der Parteitag im Januar wie bei der Bundestagswahl auf jeden zweiten Listenplatz eine Frau setzt. In den anderen Parteien, die sich Hoffnung auf Direktmandate machen können, ist das schon lange eine Mindestanforderung.

Grüne müssen noch weitere Kandidaten aufstellen

Was die Direktmandate angeht, hatten die Grünen zur Bundestagswahl nur drei von elf Wahlkreisen mit Frauen besetzt, bei Union und SPD waren es je vier. Für die Wahlkreise zur Landtagswahl haben die Grünen jetzt erst zehn Direktkandidaten nominiert, davon sieben Frauen. Viele Kreisverbände wollen erst nach dem heutigen Listenparteitag nachziehen, sagt Parteisprecherin Nicole Walter. Für die SPD treten 16 Frauen und 19 Männer an. Von ihnen sind 13 bereits Abgeordnete, 22 kandidieren neu für den Landtag. Acht Kandidaten sind unter 35 Jahren, fünf haben eine Migrationsgeschichte. „Unser Team kommt aus allen Teilen von Schleswig-Holstein und aus der Breite der Gesellschaft. Das zeigt, wir sind eine Volkspartei im besten Sinne“, sagt Parteichefin Serpil Midyatli, die die Spitzenkandidatur allerdings mit Thomas Losse-Müller einem Mann überlassen hat, weil sie ihm mehr Siegchancen gegen Daniel Günther einräumt.

Frauen-Union fordert Reform des Wahlrechts

Ob Katja Rathje-Hoffmann dem nächsten Landtag bei der Wahl des nächsten Ministerpräsidenten wieder angehören wird, bleibt unklar. „Ich nehme das so, wie es kommt“, sagt sie. Für mehr Frauen in Parlamenten will sie sich so oder so weiter stark machen – und hat einen konkreten Vorschlag. „Man müsste in einem Wahlkreis jeweils einen Mann und eine Frau als Pärchen für eine Partei antreten lassen. Dann hätte man genauso viele Frauen wie Männer im Parlament.“ Damit die Zahl der Abgeordneten nicht weiter steigt, müsste man allerdings gleichzeitig die Zahl der Wahlkreise verkleinern, so Rathje-Hoffmann. Ob bei diesem Plan die mittlere Parteielite der CDU mitmacht, dürfte allerdings mehr als fraglich sein.

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