IfW-Chef Gabriel Felbermayr

Darum wird der Wirtschaftsaufschwung keinen Vorteil für SH bringen

Darum wird der Wirtschaftsaufschwung keinen Vorteil für SH bringen

Wirtschaftsaufschwung: Keine Vorteil für SH

SHZ
Kiel
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Prof. Gabriel Felbermayr geht zurück nach Österreich. Für den Norden mahnt er ein letztes Mal. Foto: dpa/shz.de

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Die Standortnachteile für den Norden in der Industrialisierung hemmen die anspringende Konjunktur. Der IfW-Chef sieht fünf Prozent mehr Lohn für die Zukunft, um Fachkräfte zu halten.

Der Prophet gilt etwas im eigenen Land. Was Gabriel Felbermayr, scheidender Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, bei seinem letzten öffentlichen Auftritt in Schleswig-Holstein an Schlagzeilen liefert, hat es in sich. Beim Mittelstandsforum des Sparkassenverbandes sind ihm Aufmerksamkeit und Beifall sicher.

Die Preise werden steigen. Das hatte das IfW schon vorhergesagt, aber die Dynamik ist stärker als erwartet, und sie hat nicht nur mit Energiepreisen zu tun.

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Es steigen die Kosten für Frachten, nicht zuletzt weil durch die Pandemie Häfen gesperrt oder Schiffe nicht eingelassen werden. Allein vier Häfen, die das IfW gezielt untersucht hatte, zwei in China und zwei in den USA, haben mit ihren verzögerten Abfertigungen eine spürbare Preissteigerung in den Endprodukten verursacht.

Fünf Prozent mehr Lohn

Sodann steigen die Löhne. Mitarbeitermangel, aber auch gestiegene Qualifikationsanforderungen werden die Löhne treiben – Felbermayr nimmt die Zahl fünf Prozent in den Mund, eine Zahl, die allenfalls der Lokführergewerkschaft oder der IG Metall zugetraut würde.

Eine bedenkliche Entwicklung ist auch die sinkende Produktionsleistung in Deutschland bei steigender Nachfrage durch die Konsumenten. Denn es ist Geld da, aber mit der Produktlieferung hapert es. Allein wegen Chipmangels stockt die Automobilproduktion, und dem Standort Deutschland tut das nicht gut.

Politischer Wille gefordert

Kurzfristig ließen sich, so ein Vorschlag des Ökonomen, durch die Abschaffung der Strafzölle auf ausländischen Stahl die Produktionskosten senken. Aber der politische Wille dafür ist noch nicht erkennbar.

Offenkundig ist, dass bei solchen Ausgangsvoraussetzungen die Zeit der Niedrig- oder gar Strafzinsen dem Ende zugeht. Das sollten alle bedenken, die sich derzeit mit einem größeren Investment befassen, und die Kreditgeber werden sich darauf einstellen.

SH wird nicht profitieren

Und wie geht es dann mit Schleswig-Holstein weiter? Der geringe Industrialisierungsgrad des Landes birgt die Gefahr, dass die anspringende Konjunktur (Felbermayr nennt aber hier die magische Zahl 5) an unserem Bundesland vorübergeht. Die Stromkosten sind hoch und hemmen, die Standortnachteile durch Infrastruktur und Arbeitsmarkt nicht so schnell zu beheben.

Wie dankbar die Landesregierung dem Kieler Chefökonomen und Propheten ist, bringt Ministerpräsident Daniel Günther zum Ausdruck, der den Rat Felbermayrs in der Pandemie eingeholt hat und ihm einen Anteil daran gibt, dass das Bundesland glimpflich durch die Krisenmonate kam.

Der Österreicher, der nun wieder in Wien lebt, bedankt sich mit einem Kompliment an das Land, dem er eine hervorragende geografische Lage „zwischen zwei Meeren als Klimaanlage“ attestiert. Nur schafft das allein noch keine Wertschöpfung.

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