Kriminalität

Fall Ibrahim A.: Mails aus Datenschutzgründen gelöscht

Fall Ibrahim A.: Mails aus Datenschutzgründen gelöscht

Fall Ibrahim A.: Mails aus Datenschutzgründen gelöscht

Eckard Gehm/shz.de
Brokstedt
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Foto: Inga Gercke

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Hamburgs Justizstaatsrat Holger Schatz hat im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags die Kieler Behörden kritisiert. Und musste dann zugeben, dass Hamburg wichtige Mails gelöscht hat.

Mit einer Aufzählung hat Hamburgs Justizstaatsrat Holger Schatz Schleswig-Holstein im Fall der tödlichen Messerattacke von Brokstedt kritisiert: Obwohl es nicht sein Anliegen sei, mit dem Finger auf andere zu zeigen, komme er auf zehn Meldungen und Kontaktaufnahmen, von denen Kiel leider viele unbeantwortet gelassen habe. Damit reagierte Schatz gestern im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags auf Vorwürfe der Kieler Politik, auf Hamburger Seite habe es ein „eklatantes Versagen“ beim Fluss von Informationen zur Haft von Ibrahim A. gegeben.

Der mutmaßliche Täter von Brokstedt hatte sechs Tage nach seiner Haftentlassung versucht, in Kiel seine Aufenthaltserlaubnis zu verlängern, war gescheitert. Auf dem Rückweg kam es zu der Bluttat. Ins Straucheln kam Schatz jedoch, als Bernd Buchholz (FDP) wissen wollte, welche Pflichtmitteilungen ganz konkret erfüllt wurden.

Es wird immer offenbleiben, ob die Pflichtmeldungen wirklich nach Kiel gingen

Sowohl die Einleitung des Strafverfahrens und den Haftantritt meldete Hamburg an seine Ausländerbehörde, obwohl Kiel zuständig war. Schatz: „Ich gehe von einer Weiterleitung aus.“ Prüfen lässt sich das nicht mehr, „die Mails sind aus Datenschutzgründen bereits gelöscht“.

Wie der Chef der Kieler Ausländerbehörde erneut versicherte, sei nichts angekommen. Schatz gab ferner zu, es sei versäumt worden, über die Anklage zu informieren. Und die Nachricht zur Haftentlassung trudelte erst acht Tage nach der Bluttat in Kiel ein.

Aminata Touré: „Es wurden Fehler gemacht“

Fazit von Sozialministerin Aminata Touré (Grüne): „Man kann nicht feststellen, dass gar keine Fehler gemacht wurden. Für mich geht es jetzt aber zentral um die Frage, wie wir Prozesse verbessern können.“ Holger Schatz sagte: „Wir sollten prüfen, wie die Kommunikation in diesem Fall idealerweise hätte erfolgen müssen.“ Und: „Die Lektionen, die es jetzt zu lernen gilt, werden auch für andere Bundesländer noch Relevanz haben.“

Zum Anis-Amri-Vergleich, den Ibrahim A. Justizvollzugsbeamten zuzischte („Ich bin auch einer“), und den sie auf einem sogenannten Wahrnehmungsbogen notierten, erklärte Schatz: „Es gab keine Indizien für einen terroristischen Hintergrund, etwa Kontakte zu Islamisten. Er hatte auch keinen Koran oder Gebetsteppich. Wir werteten es als geschmackloses Mittel, seinen Willen durchzusetzen.“

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Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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