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Gemeinde Twedt: Sind Biogasanlagen noch gewollt?

Gemeinde Twedt: Sind Biogasanlagen noch gewollt?

Gemeinde Twedt: Sind Biogasanlagen noch gewollt?

Doris Ambrosius/shz.de
Twedt
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Ein Teil der neueren Biogasanlage in Alt-Tolkschuby. Sie ist zwar hochmodern, aber kann nicht mehr kostendeckend betrieben werden. Foto: Doris Ambrosius/shz.de

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Auf dem Hof von Eckard Schlüter fand eine Führung und Diskussionsrunde mit Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack und weiteren Gästen über die Zukunft von Biogasanlagen statt.

Auch wenn Biogasanlagen aufgrund des umfangreichen Maisanbaus negative Kritik aushalten müssten, so seien sie ein besonders wichtiger Baustein der regenerativen Energiemöglichkeiten: „Sie liefern nämlich Strom, wenn Wind- und Sonnenenergie das nicht mehr schaffen können oder wenn die Nachfrage sehr hoch ist“, sagte Eckard Schlüter. „Wind und Sonne ist nur dann nutzbar, wenn auch vorhanden. Das ist je nach Jahreszeit und Tagesform aber sehr unterschiedlich.“

Diskussionsrunde mit Innenministerin

Eckard Schlüter ist Mitinhaber der großen Biogasanlagen in Alt-Tolkschuby in der Gemeinde Twedt. Um auf zukünftige Probleme hinzuweisen, die unweigerlich zu Schließungen von Biogasanlagen führen würden, lud der Vorsitzende des CDU-Amtsverbandes Johannes Petersen die Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack zur Führung und zum Aufzeigen der Probleme auf dem Hof von Schlüter ein. 45 weitere Gäste waren sehr interessiert dabei und konnten sich an der anschließenden Diskussion beteiligen. Am Ende stand die Frage im Raum: „Sind Biogasanlagen überhaupt noch gewollt?“

Bereits 1990 nutzte der landwirtschaftliche Betrieb von Schlüter eine kleine Windkraftanlage zur Eigenversorgung. „Diese Anlage war die Initialzündung für den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien auf dem Hof“, erinnerte sich Schlüter. „Wir errichteten nach und nach immer leistungsstärkere Windkraftanlagen und hatten 1999 bereits 14 davon auf den Hofflächen in Betrieb.“ 2005 sei dann der Bau der ersten Biogasanlage erfolgt, die nunmehr schon 18 Jahre kontinuierlich Energie einspeise, fügte er hinzu.

Alte Anlage kann Abgaswerte nicht mehr einhalten

Aber hier würden die ersten Probleme anfangen: Die Anforderungen an die Abgaswerte seien derart gestiegen, dass die Werte nicht mehr eingehalten werden könnten. „Dies führte dazu, dass wir die Leistung halbieren mussten. In zwei Jahren wird die Anlagen komplett abgeschaltet werden müssen“, so Schlüter. Vorsorglich wurde 2010 eine zweite Biogasanlage auf dem Gelände errichtet, die nun mittlerweile mit einem Gas- und Wärmespeicher ausgerüstet ist.

Kosten steigen, aber die Vergütung für Strom nicht

Aber verschiedene Faktoren würden dazu führen, dass der Betrieb dieser Anlagen nicht mehr kostendeckend sei und ihr ebenso eine Schließung droht, wie der älteren Anlagen. „Die Kosten für die pflanzlichen Eingangsstoffe und die Betriebskosten für Eigenstrom und Instandhaltung sind sehr stark gestiegen“, erklärte Eckard Schlüter. „Und zusätzlich sind die behördlichen Anforderungen immer höher geworden, die Vergütung für Strom ist aber immer gleich geblieben. Das ist in der Gesamtheit nicht mehr kostendeckend zusammenzubringen.“ Er stellte klar, dass es ihm hier nicht ums Jammern gehe, sondern inzwischen um eine Existenzfrage. „Natürlich gab es auch gute Zeiten, in denen man auch gut verdient hat, keine Frage.“

Umdenken beim Thema Biogasanlagen

Sabine Sütterlin-Waack zeigte sich beeindruckt von der Gesamtanlage und gab an, dass zum Thema Biogasanlagen ein Umdenken stattgefunden habe.

Den in der Diskussion aufkommenden Appell, die bürokratischen Anforderungen nicht immer umfangreicher zu entwickeln, wolle sie „mit nach Kiel nehmen“, wie sie sagte. Auch die Planungsbeschleunigung war ein zentrales Thema sowie die weitere Ausweisung von Gebieten für Windkraftnutzung und PV-Flächenanlagen. „Da liegt die Planungshoheit bei den Kommunen, und das ist auch gut so“, sagte sie.

Energiespeicherung ist ein zentrales Thema

„Nur über die bessere Vergütung des Stromes für die Einspeisung zu den nachgefragten Stunden besteht die Hoffnung, dass unsere Anlage nachhaltig wirtschaftlich weiter betrieben werden kann“, meinte Schlüter und ergänzte: „Und allen ist bewusst, dass ein zentrales Thema die Energiespeicherung sein wird. Die Kosten für Speicher, egal, ob Batterie oder Wasserstoff, wird enorm aufwendig und teuer. Deshalb sollte im ersten Schritt alles dafür getan werden, dass die Nachfrage mehr an die Erzeugung herangeführt wird.“

Er führte hierzu an, dass jeder einzelne Verbraucher durch gezieltes Verhalten dazu beitragen könne. „Aber hierfür bedarf es eines finanziellen Anreizes durch günstige Tarife, wie wir sie schon vor 50 Jahren mit dem Zeittarifzähler und der E-Heizung hatten. Mit der heute möglichen modernen Messtechnik und den Steuerungsmöglichkeiten besteht an dieser Stelle großes Potenzial“, so Schlüter.

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