Erneuerbare Energie aus SH

Das größte deutsche Wasserstoff-Mobilitätsprojekt kommt aus Nordfriesland

Das größte deutsche Wasserstoff-Mobilitätsprojekt kommt aus Nordfriesland

Das größte Wasserstoff-Mobilitätsprojekt kommt aus NF

SHZ
Reußenköge
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André Steinau mit seinem Wasserstoff-Dienstwagen, einem Toyota Caetano, der gerade die 100000-Kilometer-Marke geknackt hat. Der blaue Trailer (rechts) transportiert den hochkomprimierten Wasserstoff aus dem Elektrolyseur (hinten) zur neuen Tankstelle nach Husum. Foto: Carlo Jolly

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Energieerzeuger, Anlagenbauer, Wasserstoff-Tankstellenplaner: GP Joule hat mehr Beschäftigte als Reußenköge Einwohner.

Durch die Gemeinde Reußenköge (334 Einwohner) kommt eigentlich nur, wer von Bredstedt Richtung Halligwelt aufbricht – oder zum Unternehmen GP Joule im Cecilienkoog möchte.

André Steinau (45) kann sich jedenfalls noch gut erinnern, wie er 2009 als fünfter Mitarbeiter auf dem ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb von Ove Petersen anheuerte, um mit einem Mini-Team aus Energie aus Sonne oder Wind nachhaltige Wirtschaftssysteme für Strom, Wärme und Mobilität zu entwickeln.

Weiterlesen: Reine grüne Energie für den Motor aus Husums erster Wasserstoff-Tankstelle

Mittlerweile beschäftigt GP Joule (GP steht für die beiden Studienkollegen und Firmengründer Heiner Gärtner und Ove Petersen) 400 Mitarbeiter in Lübeck, Berlin oder Süddeutschland – und bis nach Kalifornien und Toronto. Rund die Hälfte der Beschäftigten sitzen aber tatsächlich im Headquarter Cecilienkoog 16, wo aus Schweineställen längst Büro-, Konferenz- und Arbeitsräume für die Energieexperten entstanden sind, nebenan Biogas- oder Windkraftanlagen sprießen und auf den Dächern Solarmodule angebracht sind. Allein 80 Elektroladesäulen an Gebäudewänden und Parkplätzen für die 150 Batterie-Autos des Unternehmens dürften so manche Stadtwerke in Schleswig-Holstein neidisch machen.

Projekt eFarm mit 20 Partnern aus der Region

Hier leitet André Steinau heute den Geschäftsbereich Wasserstoff mit immerhin allein schon 22 Beschäftigten. Dazu gehört auch das Wasserstoff-Projekt eFarm, das GP Joule gemeinsam mit rund 20 Partnern aus der Region wie Team Energy oder der Pellwormer Dampfschifffahrts-Gesellschaft im vergangenen Jahr gestartet hat. Zu den fünf H2-Brennstoffzellen-Pkw sollen im eFarm-Projekt 30 dazukommen, berichtet Steinau.

Im Koog scheint mittlerweile die Sonne, ein paar E-Biker fahren Richtung Naturschutzgebiet Beltringharder Koog und weiter zur Badestelle Lüttmoorsiel. Gleich kommt das Nachmittagshochwasser. Badezeit.

Doch das Idyll im Energie-Koog täuscht. Die Energiemanager sind eng getaktet. Am Dienstag beginnt die viertägige Husum-Wind, die internationale Leitmesse der Branche. Dort gehört GP Joule mittlerweile zu den Großen.

Busse tanken Wasserstoff in Niebüll und Husum

Im Grunde wären die Aktivitäten aus dem Koog auch auf der diese Woche in München laufenden Automobilausstellung IAA mehr als vorzeigbar. eFarm sei immer noch das größte deutsche Wasserstoff-Mobilitätsvorhaben, bestätigt André Steinau. Das Besondere: Die komplette Wertschöpfungskette mit 100 Prozent grünem Wasserstoff vom Windpark über den Wasserstoff-Elektrolyseur bis zur Tankstelle, die andernorts noch in den Schubladen schlummert, ist in Nordfriesland mit 1,125 Megawatt Gesamtleistung bereits am Netz.


Als Steinau im Frühjahr 2019 seinen Toyota Caetano bekam, fuhr er noch zum Tanken zu Schleswig-Holsteins erster H2-Tankstelle nach Handewitt. Dank des eFarm-Projekts entstanden in Niebüll und Husum neue Zapfsäulen, mit denen – eine Besonderheit – neben Pkw auch Lastwagen und Busse tanken können. Herz des Projekts sind nämlich zwei Autokraft-Linienbusse, die seit Herbst täglich 300 Kilometer mit Brennstoffzelle zwischen Husum, Niebüll und Flensburg verkehren. Von den fünf Elektrolyseur-Standorten zwischen Bosbüll, Langenhorn und Reußenköge sind drei bereits aktiv. „Da die Abwärme auch für Gebäude genutzt werden kann, erreichen wir einen Wirkungsgrad von 95 Prozent“, erklärt Wasserstoffmanager Steinau.

Weiterlesen: So kann in Niebüll erstmals bundesweit grüner Wasserstoff getankt werden

Geht es nach ihm, wird das H2-Tankstellennetz bald engmaschiger. „Wir reden gerade mit anderen Busbetreibern, auch in Schleswig-Holstein.“ Namen und Orte möchte er nicht nennen. Nach Informationen unserer Zeitung könnten bald auch in Mittelholstein und im Osten Schleswig-Holsteins Tankstellen entstehen. Noch sind die nächsten Standorte weiter im Süden, in Brunsbüttel und Hamburg.

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