Digitalisierung

Internet an Schulen in SH: Bei Videos wird es knapp

Internet an Schulen in SH: Bei Videos wird es knapp

Internet an Schulen in SH: Bei Videos wird es knapp

Frank Jung
Schleswig-Holstein
Zuletzt aktualisiert um:
Aus dem Klassenzimmer ins Netz: je nach Kreis und Schule in sehr verschiedenem Tempo Foto: Uli Deck

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Der Benutzung des Internet im Schulalltag wird immer selbstverständlicher - doch wie gut oder schlecht sich das machen lässt, hängt sehr von einzelnen Regionen oder Städten ab.

Der Weg zu gleichen Voraussetzungen zum Einsatz des Internet im Unterricht ist in Schleswig-Holstein noch weit. Die Geschwindigkeiten, mit denen Schulen das Web anzapfen können, klaffen zwischen den Kreisen und kreisfreien Städten um das Fünf- bis Sechsfache auseinander. Das hat das Bildungsministerium von Karin Prien (CDU) jetzt eingeräumt. Es hat die Zahlen in einem Bericht an den Landtag veröffentlicht.

In Neumünster surfen Schüler am besten im Netz

Mit großem Abstand den meisten digitalen Luxus gibt es in Neumünster: An den dortigen Schulen stehen für das Surfen im Internet pro Schüler 1,1426 Megabit (Mbit) je Sekunde zur Verfügung. Am untersten Ende liegt Lübeck mit gerade mal 0,1677 MBit. Gleich mehrere Kreise rangieren im Bereich von nur knapp über 0,2. Die Schwelle 1,0 übertrifft außer Neumünster überhaupt keiner. Noch am dichtesten daran heran reicht der Kreis Schleswig-Flensburg mit 0,6965 MBit je Sekunde.

Die Werte geben den so genannten Upstream an. Er entscheidet unter anderem darüber, wie schnell Rechner aus der Schule Internetseiten aufrufen können. Marginal höher, aber wiederum nur in Neumünster und Nordfriesland knapp über 1,0 MBit je Sekunde sind die Werte für den Downstream. Von ihm hängt zum Beispiel ab, in welcher Qualität sich Videos abspielen lassen. Auch in dieser Kategorie driften die Unterschiede regional um das Fünffache auseinander.

Die Grundschulen sind ziemlich weit vorn

Nach Schularten schneidet ausgerechnet eine am besten ab, an der altersbedingt am wenigsten Online-Medien eingesetzt werden: die Grundschulen. Sie kommen im Landesdurchschnitt auf 0,5548 MBit im Upload, Gymnasien nur auf 0,3440 und Gemeinschaftsschulen auf 0,4012. Technische Sieger sind die nur von einer sehr kleinen Schülerzahl besuchten Förderzentren mit 1,5879 MBit.

„Solche regionalen Unterschiede machen sich nicht gut in einem Land, in dem alle eigentlich gleich beschult werden sollen“, sagt Andreas Mühling, Professor für Informatik und Spezialist für ihre Didaktik an der Kieler Universität. „Die regionale Spreizung folgt im Großen und Ganzen der Logik des Glasfaserausbaus“, urteilt er. Auch spiegelt sie wider, dass die kommunalen Schulträger Finanzmittel aus dem Digitalpakt von Bund und Ländern nur zögerlich überhaupt auch nur beantragen: Wie kürzlich bereits berichtet, hatten das 88 von insgesamt 263 Ende Oktober noch nicht gemacht - obwohl die Antragsfrist Ende des Jahres abläuft.

Wenn Lehrkräfte ihre Schüler etwas im Internet recherchieren lassen, hält Mühling die Internet-Kapazitäten zwar für „unkritisch“. „Aber wenn man konstant viel Datenfluss braucht, wird es schwierig.“ Der landesweite Durchschnitt im Upstream von 0,5352 MBit „reicht so gerade eben für die Mindestanforderungen von Youtube, um ein Video abzuspielen“, erklärt der Professor. Youtube selbst empfehle für die Standard-Auflösung er Bewegtbilder 0,7 MBit. Dass pro Schule mehr als zwei Klassen gleichzeitig etwas mit Videos machen, wird laut Mühling ausweislich der Statistik nicht funktionieren.

Perspektivisch empfiehlt er, sich auch auf den Einsatz von Virtual Reality-Anwendungen im Unterricht einzustellen. Entwicklungen von didaktischen Anbietern dazu seien weit fortgeschritten. Aber sie brauchen satte Streaming-Kapazitäten.

Stolperstein Innenraum-Ausleuchtung

Was die Statistik nicht abbildet, jedoch nach Erfahrung des Informatikers für die Praxis noch wichtiger ist, ist die Wlan-Ausleuchtung der einzelnen Klassen. Also die Frage, ob das drahtlose Internet wirklich alle Räume abdeckt und in ihnen stabil läuft. „Das ist an den Schulen ein großes Thema“, weiß Mühling. „Ein breitbandiges Netzwerk für mehrere hundert Personen zu betreiben, ist per se aufwändig.“

Den IT-Support von außen nicht vergessen

Viele Geräte auf Internet-Empfang in großer Nähe haben die Neigung, sich gegenseitig zu stören, wenn Digitalexperten dagegen nicht situationsangepasste Vorkehrungen treffen. „Selbst, wenn man Empfang hat“, so Mühling, sei deshalb nicht gesagt, dass alles rund laufe. Sogar in den häufig eher kleinen Grundschulen hatte der Kieler „schon mehrere Projekte, wo es damit abenteuerlich aussah“.

Nicht zu vergessen als Hürde im digitalen Alltag ist der seiner Einschätzung nach immer noch unausgereifte IT-Support an Schulen: „Wenn das Netz mal weg ist, dauert es oft Wochen, bis dort jemand kommt, der es wieder hergerichtet hat. Man kann nicht eine Firma zehn oder 15 Schulen betreuen lassen.“

Mehr lesen

Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
„Was ist denn hier los? Dänemark gibt das Grenzland auf“

Gastkommentar

Judit Kürthy
Judit Kürthy
„Nordschleswig aus ungarischer Sicht: Die Regeln, die zur Freiheit führen können“