Enttäuschung in Schleswig

Keine Zusage vom Bund: Wackelt jetzt die gesamte Wikingeck-Sanierung?

Keine Zusage vom Bund: Wackelt jetzt die gesamte Wikingeck-Sanierung?

Wackelt jetzt die gesamte Wikingeck-Sanierung?

SHZ
Schleswig
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Blick auf die Wiking-Halbinsel: Bis zum Beginn der 1950er Jahre wurde die Fläche industriell genutzt. Dort befanden sich die Dachpappenfabrik Erichsen & Menge und das ehemalige Gaswerk der Stadt Schleswig. Jahrzehntelang sind große Mengen Giftstoffe freigesetzt worden, die teilweise noch heute im Erdreich schlummern und ins Schleiwasser gelangen. Foto: Sven Windmann/shz,de

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Nicht nur die Bundestagsabgeordneten Robert Habeck und Petra Nicolaisen pochen weiter auf eine Zwei-Drittel-Finanzierung durch den Bund. Landrat und Bürgermeister zeigen sich derweil tief enttäuscht.

Katerstimmung im Kreishaus und im Schleswiger Rathaus: Nachdem am Donnerstag – anders als erwartet –keine Mittel für die Sanierung der verseuchten Wiking-Halbinsel in den Bundeshaushalt für 2022 eingestellt wurden, scheint nun das gesamte Projekt ins Wanken zu geraten. Ohne eine feste Zusage zur Kostenübernahme würden die Planungen um Monate oder gar Jahre zurückgeworfen, befürchtet nicht nur Landrat Wolfgang Buschmann. Entsprechend laut schrillen nun die Alarmglocken an der Schlei.

Denn: Eine Übernahme von 66 Prozent der Sanierungskosten, die auf über 30 Millionen Euro taxiert werden, durch den Bund scheint wieder fraglich. Eigentlich hatte dies bereits im Jahr 2020 der damalige Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, zugesagt. Inzwischen aber ist er nicht mehr im Amt, eine schriftlich ausgearbeitete Zusage fehlt bis heute. Dass es am Donnerstag nun erneut kein Grünes Licht in Form einer Aufnahme in den Bundeshaushalt gab, lässt die Zweifel am gesamten Finanzierungsprojekt wachsen.

Das sagt Robert Habeck

„Ich bin davon ausgegangen, dass die Gelder gemäß der Zusage im aktuellen Haushalt eingestellt werden. Sie fehlen nun überraschend. Die Aufgabe, das Wikingeck zu sanieren, bleibt also bestehen“, erklärt Wahlkreis-Abgeordneter Robert Habeck (Grüne), gleichzeitig Bundeswirtschaftsminister, auf Nachfrage. Er berichtet von vielen Gesprächen und Bemühungen, die es mit Blick auf das Wikingeck in den vergangenen Wochen gegeben hat. Ein Durchbruch indes scheint nicht in Sicht.

Passend dazu hatte Habeck im Januar ein Antwortschreiben des neuen Verkehrsministers, Volker Wissing von der FDP, bekommen, in dem es auch schon etwas schwammig hieß: „Gerne bestätige ich, dass ich die mündliche Kostenzusage des ehemaligen Parlamentarischen Staatssekretärs in meinem Hause, Herrn Enak Ferlemann, umsetzen möchte.“ Eine sofortige Umsetzung dieser Zusage sei aber noch nicht möglich, da es in einigen Fällen noch Klärungsbedarf mit dem Land über Zuständigkeiten gebe. Dennoch: Man werde einen entsprechenden Vermerk vorbereiten, der im Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2022.

Verzögerung hat Folgen

Das ist nun also nicht passiert. Mit Folgen: „Aktuell stehen wir vor einer wichtigen Auftragsvergabe in Höhe eines siebenstelligen Betrages für die Ausführungsplanung. Diese ist Voraussetzung für die europaweite Ausschreibung. Deren Vergabe ist aufgrund fehlender Kostenzusage ungeklärt, bildet aber die zwingende Grundlage für das weitere Sanierungsvorhaben“, hatte Landrat Buschmann bereits am Donnerstag erklärt. Man brauche nun Klarheit vom Bund.

Das sieht auch Bürgermeister Stephan Dose so. Ihm ist der Frust über die erneute Hängepartie deutlich anzumerken. „Wie das alles abläuft, das ärgert mich wirklich“, sagt er. Man habe sich damals sehr über die Finanzierungszusage des Bundes gefreut und daraufhin die Planungen gestartet. „Kreis und Stadt haben seitdem ihre Hausaufgaben gemacht, viel Vorarbeit geleistet“, so Dose. Dass man nun aber nicht weiterkomme, „weil man sich hier auf lokaler Ebene nicht auf den Bund verlassen kann, das ist schon traurig“.

Der Bürgermeister befürchtet, dass Bund und Land nun im schlimmsten Falle erneut jahrelang nachverhandeln könnten. „Das würde einen erneuten Stillstand bedeuten, und genau das können wir nicht gebrauchen.“ Dabei betont Dose, dass der Bund ja ohnehin 42 Prozent der Sanierungskosten übernimmt, da ihm die Schlei gehört und 42 Prozent des verseuchten Bodens unter Wasser liegen. Ferlemann aber hatte 66 Prozent zugesagt. Ein Unterschied, der laut Dose für Kreis und Stadt immens sei, „für den Bundeshaushalt aber nur ein Klacks“.

Petra Nicolaisen fordert Antworten des Bundes

Verärgert zeigt sich indes auch die Bundestagsabgeordnete der CDU für den Wahlkreis Flensburg-Schleswig, Petra Nicolaisen. „Auch ich bin fest davon ausgegangen, dass das Wikingeck im Haushalt landet“, sagt sie. Als das aber auf der Kippe stand, habe sie mehrfach mit ihrem Kollegen von den Grünen, Robert Habeck, telefoniert, um eine Lösung zu erzielen. Ohne Erfolg. „Offenbar scheinen dem Bund noch rechtliche Grundlagen zu fehlen. Ich will jetzt wissen, welche genau das sind“, sagt sie. Ihrer Meinung nach sei die schriftliche Finanzierungsvereinbarung von der Vorgängerregierung vorbereitet worden. „Wenn man nun gewollt hätte, hätte man eine rechtliche Grundlage gehabt.“

Stattdessen geht das Thema erneut in die Verlängerung. Nächste Chance: der Haushaltsentwurf des Bundes für das Jahr 2023. Dieser wird im Sommer beraten. Sowohl Nicolaisen als auch Habeck gehen fest davon aus, dass das Wikingeck dort dann seinen Platz haben wird und der Bund zu seiner 66-Prozent-Zusage steht. „Ich bin nach wie vor optimistisch. Auch wenn der jetzige zeitliche Verzug bereits sehr ärgerlich ist“, sagt Nicolaisen. Habeck äußert sich ähnlich: „Ich hoffe sehr, dass sich die Verzögerung des Projektes in Grenzen hält. Da muss jetzt was passieren.“

Ob man das im Bundesverkehrsministerium auch so sieht? Dort zumindest hält man sich mit klaren Aussagen bedeckt. Auf die Nachfragen, ob die Zusage von Enak Ferlemann noch gelte, warum die Sanierung der Wikinghalbinsel – anders als angekündigt – im Haushaltsausschuss nicht behandelt wurde und was noch verhandelt werden müsse, bis es eine verbindliche Zusage für eine Kostenübernahme zustande kommt, heißt es kurz und knapp von einem Sprecher: „Die komplizierten rechtlichen Verhältnisse müssen mit dem Land aufgearbeitet werden. Wir streben eine einvernehmliche Lösung an, die den Umweltbelangen Rechnung trägt und gleichzeitig langfristig Rechtssicherheit schafft.“

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