Serie „Anno dazumal“

Kleinbahn und „Annehmlichkeiten“: Wie Föhr im Jahr 1910 Urlauber lockte

Kleinbahn und „Annehmlichkeiten“: Wie Föhr im Jahr 1910 Urlauber lockte

Wie Föhr im Jahr 1910 Urlauber lockte

SHZ
Föhr
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Die Kinderheilstätte in Wyk wurde 1893 bezogen. Foto: Archiv Deppe/shz.de

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Nicht ohne Stolz verweist ein Gästeführer auf die Verkehrsverbindungen von und zum Festland, „die besser als bei den meisten Inselbädern sind". Aber die Vorzüge von Föhr führen auch zur Errichtung eines Kinder-Hospiz.

Wie haben Chronisten, Einwohner, Reisende die Insel in der Vergangenheit erlebt und beschrieben? Die Landschaft, die Menschen, den Fremdenverkehr und anderes mehr? In dieser Serie begeben wir uns auf eine literarische Spurensuche. Heute blicken wir erneut in einen schmucken Gästeführer der Badeverwaltung Wyk aus dem Jahre 1910.

Nicht ohne Stolz verweist die Broschüre auf die Verkehrsverbindungen von und zum Festland, „die besser als bei den meisten Inselbädern sind". So dauere eine Bahnfahrt von Berlin bis Föhr nur acht Stunden.

Eine „große Annehmlichkeit" sei es, dass just in diesem Jahr die Kleinbahn von Niebüll nach Dagebüll „durch eine mit großen Kosten verbundene Überführung am Deich direkt bis zur Dampfer-Anlegestelle geführt wird“. Zwei bis drei mal täglich fuhren die Schiffe in der Saison, zudem wurde Föhr auch von Hamburg und Bremerhaven angesteuert.


Das Leben pulsierte damals wie heute am Flutsaum: „In den Strandkörben, Zelten und Strandburgen entfaltet sich ein fröhliches Tun. Im Damen-, Herren- und Familienbad sind alle Einrichtungen in diesem Jahr zeitgemäß erneuert worden. Für sorgende Mütter sei erwähnt, dass sie ihre Lieblinge ohne jede Befürchtung an dem breiten Strand vor dem Städtchen tummeln lassen können, da das ganz allmählich abfallende Ufer jede Gefahr vollkommen ausschließt."

Weitere Folgen der Serie zum Nachlesen:
Föhr 1864: „Ein fruchtbares Eiland und ungewöhnlich schöne Mädchen“

Ebbe bis Amrum und tiefe Melancholie: Wie ein Graf die Insel 1864 erlebte

Föhr 1910: „Wunderkind unter der lieblichen Schar der nordfriesischen Inseln“

Und da mit Musik bekanntlich alles besser geht, spielte „eine ausgezeichnete Kurmusik auf der Hauptpromenade in der Regel drei mal täglich."

Aber all dies hatte auch seinen Preis: Zur Kasse gebeten wurde 1910 in der Zeit zwischen Mai und Oktober „jeder Fremde, der hier länger als drei Tage verweilt". Dafür war er dann „zur Benutzung der Einrichtungen, insbesondere auch zum Besuch der geselligen Vereinigungen im Kurhaus" berechtigt.

Neun Mark kostete die Kurtaxe pro Person und Tag, zwölf bis 20 Mark für Familien je nach deren Größe; Kinder unter zwei Jahren sowie Dienstboten waren von der Abgabe befreit, Hauslehrer und Gouvernanten hingegen nicht.

Kinder-Hospiz wurde errichtet

Auch ganz anderweitig war der Hauptort der Insel ein beliebtes Ziel: „Die großen Vorzüge Wyks veranlassten den Verein für Kinderheilstätten, hier das erste seiner segensreichen Kinder-Hospize an der Küste zu gründen. Auf besonderen Wunsch der Kaiserin wurde das Hospiz 1883 errichtet und bezogen. Er hat seitdem seine heilsame Wirkung an vielen tausenden kranken Kindern erprobt, 576 waren es im Jahre 1908. Durch einen Neubau hat es nun 200 Betten und eine verbesserte hygienische Einrichtung erhalten. Auch hat inzwischen die Stadt Schöneberg eine Heilstätte für Kinder erbaut. Der große Ziegensteinbau mit seinen hohen Fenstern und hübschen Balkonen fasst einhundert Betten und erhebt sich als eine Zierde am Südstrand."

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Stephan Kleinschmidt
„Ein Kinderuniversum für die aktive Gemeinschaft in Rinkenis“