Klimawandel und Verkehr

Dem Klima zu liebe: So lebt Husumer Familie Vieregge ohne Auto

Dem Klima zu liebe: So lebt Husumer Familie Vieregge ohne Auto

So lebt Husumer Familie Vieregge ohne Auto

SHZ
Husum
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Annika, Marco und Pauline Vieregge mit ihrem Lastenrad mit E-Antrieb. Foto: Annika Jensen/shz.de

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Trotz Umzugs von Hamburg nach Husum, wollten Annika und Marco Vieregge und ihre zweijährige Tochter Pauline kein eigenes Auto. Bis heute kommen sie sehr gut klar. Und haben für Husum doch Verbesserungsvorschläge.

Sie wollten es einfach mal ausprobieren. In Husum ohne Auto und das als dreiköpfige Familie. Ende 2020 sind Annika (32) und Marco (32) Vieregge und ihre heute zweijährige Tochter Pauline von Hamburg nach Husum gezogen. „Dort hatten wir nie ein Auto. Das hätte auch nur gestört, weil es ganz schwierig mit Parkplätzen ist“, sagt Annika Vieregge.

In Husum angekommen, entschieden sie sich also erstmal, ein Lastenfahrrad mit Elektromotor anzuschaffen. Das sollte ihnen, neben ihren konventionellen Rädern ohne E-Antrieb, bei größeren Transporten, wie beim Einkauf, und bei Ausflügen und Wegen in der Stadt, mit Pauline, helfen. „Bis heute klappt alles super“, sagt Marco Vieregge. „Und Pauline liebt es, darin mitzufahren. Sie kann wunderbar vorne herausschauen.“

In vier Wochen erwarten die beiden ihr zweites Kind. Und auch dann wollen sie sich kein Auto anschaffen. „Das Lastenrad kann man auf viele verschiedene Weisen umbauen. So lässt sich auch eine Babyschale einbauen“, erzählt Marco. Bis zu drei Kinder könne er mit dem Rad transportieren. Im Zug lasse es sich allerdings nicht mitnehmen. Das sei nicht erlaubt.

Aber von solchen Hindernissen lassen sich die Vieregges in ihrer Entscheidung, kein eigenes Auto anzuschaffen, nicht beirren. Immer wieder finden sie Lösungen. Etwa Zug fahren und stattdessen die normalen Räder mitnehmen oder Zug fahren und am Zielbahnhof Leihräder nutzen. So wie es Annika oft getan hat, als sie bis zum Beginn ihres Mutterschutzes vor zehn Tagen regelmäßig zu ihrer Arbeit an der Universität Kiel gependelt ist. Einmal die Woche war die Sprachwissenschaftlerin seit Dezember so gut hin und her gekommen.

Auch ihr Mann fährt mit dem Rad zur Arbeit, die liegt in der Husumer Innenstadt und ist nicht weit von zu Hause entfernt. Mit dem Lastenrad bringt er zuerst Pauline zur Kita und fährt im Anschluss weiter ins Büro. „Einer unserer Hauptgründe ist auf jeden Fall der Klimagedanke“, sagt der studierte Biologe, der in seinem Job Gutachten für Bauvorhaben erstellt. „Man hat permanent diesen CO₂-Abdruck und man versucht trotzdem irgendwie nachhaltig zu leben. Da auf ein Auto zu verzichten, macht einen großen Unterschied.“

Seine Frau ergänzt: „Mir war ein Auto nie wichtig. Ich finde, man muss keines besitzen. Es reicht, eines zu leihen, wenn man wirklich mal eines braucht.“ Wenn große Gegenstände transportiert werden müssen, fragen sie Freunde. „Ein Car-Sharing-Angebot wäre toll in Husum. Ich denke, das würde sehr gut angenommen werden“, vermutet Annika Vieregge.

Nicht das Gefühl, in Husum vollwertiger Verkehrsteilnehmer zu sein

Auch bei den Radwegen in Husum sehen sie Verbesserungsbedarf. „Einige Radwege sind gleichzeitig auch Gehwege und dann muss man sich entscheiden, fährt man auf der Autofahrbahn oder auf dem Fußgängerweg“, so Annika. Das führe zu einem Dilemma. „Man hat als Radfahrer oft das Gefühl zu stören, entweder die Fußgänger oder die Autofahrer und deswegen fühlt man sich in Husum nicht immer als vollwertiger Verkehrsteilnehmer.“

Ein etwas anderes Gefühl hat ihr Mann zumindest, wenn er mit dem Lastenrad unterwegs ist. „Ich habe den Eindruck, dass ich damit besser gesehen werde“, sagt er. Und doch fühlen sich die beiden im Großen und Ganzen als Radfahrer in Husum wohl, oder zumindest wohler als in Hamburg, wo die Stadt voller ist und die Wege sehr viel länger. „Gerade mit Kind ist es hier angenehm, mit dem Rad zu fahren“, sagt Marco. „Nichts ist weit weg und ich habe nicht, wie in Hamburg, das Gefühl, mich in Gefahr zu begeben.“

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