Energiewende in Neumünster

Photovoltaik-Anlage: So lange warten Birgit und Dietmar Anger schon auf den Anschluss

Photovoltaik-Anlage: Langes Warten auf den Anschluss

Photovoltaik-Anlage: Langes Warten auf den Anschluss

Grischa Malchow/shz.de
Neumünster
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Die PV-Anlage von Birgit und Dietmar Anger aus Neumünster ist bereits seit Monaten funktionsfähig. Doch ins Netz einspeisen können sie bisher nicht. Foto: Grischa Malchow/shz.de

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Ihre Solarmodule produzieren Strom, den sie nicht einspeisen können: Birgit und Dietmar Anger aus Neumünster warten seit Monaten auf den Einbau ihres Einspeisezählers. So scheitert die Energiewende, sagen sie. Und es ist kein Einzelfall.

Sie wollen etwas für den Klimaschutz tun, doch aufgrund der Bürokratie vergeht ihnen die Lust daran: Birgit und Dietmar Anger aus Neumünster haben seit Monaten eine funktionierende Photovoltaikanlage auf dem Dach ihres Hauses. Doch bis heute können sie keinen Strom ins Netz einspeisen. Grund: Netzbetreiber SH Netz AG schafft es nicht, den Einbau des Stromzählers in die Wege zu leiten.

Die Eheleute Anger mussten viel Zeit mitbringen, um voranzukommen. Schon um ein Angebot für eine PV-Anlage zu bekommen, sollten sie teilweise drei Monate warten. Ende September 2022 wurden schließlich die Module auf das Dach montiert. Es fehlte noch der Wechselrichter. Im Januar 2023 schließlich waren auch Speicher und Wechselrichter angeschlossen. Die Anlage war endlich betriebsbereit und produzierte Strom. „Unseren Elektriker haben wir gebeten, die Meldung über die Fertigstellung an die SH Netz AG zu schicken“, berichtet Dietmar Anger. 

Flut an Anträgen: Gehen Mails unter?

Dann ging ein wenig Zeit ins Land, in der die PV-Anlage zwar Strom produzierte. Die Überschüsse konnten aber nicht ins Netz eingespeist werden. Denn dafür muss ein Einspeisezähler eingebaut werden. Dazu muss die SH Netz AG im Fall der Eheleute Anger die Stadtwerke Neumünster beauftragen. Das tat sie aber offensichtlich nicht. „Am 14. Februar sagte mir ein Mitarbeiter, dass alle Unterlagen da sind und der Einbau des Zählers in ein paar Tagen erfolge”, so Dietmar Anger.

Doch daraus wurde nichts und für die Angers begannen Monate des Ärgers über die schlechte Kommunikation der SH Netz AG. Ende Februar sollte die Fertigmeldung noch gefehlt haben. Dietmar Anger schickte sie nochmals. Und dennoch passierte nichts. Auf zahlreiche Mails habe er keine Antwort erhalten. „Es hat den Anschein, dass Mails bei der Flut an Anträgen verloren gehen“, sagt Dietmar Anger. Den 69-Jährigen nervt zudem, dass es keine festen Ansprechpartner gibt.

Bis Mitte Mai, also fünf Monate später, können die Einfelder ihren überschüssigen Strom nicht in das Netz einspeisen. Dabei gab es bereits viele sonnige Tage. „Das ist unser Geld, das da verloren geht, weil die nicht in die Gänge kommen“, sagt Birgit Anger. Ihr Mann ergänzt:

Fassadendämmung, neue Fenster, Dachsanierung, Wärmepumpe und Solaranlage: Die Einfelder haben viel investiert. So viel, dass es sich für sie nicht mehr amortisieren wird, glauben sie. „Wir möchten etwas fürs Klima machen, zur Erhaltung der Umwelt“, sagt Dietmar Anger. Doch wenn man so viel Geld in die Hand nimmt, sollte es auch funktionieren, findet das Ehepaar. „Herr Habeck möchte, aber an der Basis schaffen sie das eindeutig nicht“, sagt Birgit Anger.

SH Netz AG: Verzögerung kein Einzelfall

Die Verzögerung bei den Angers ist „bedauerlicherweise kein Einzelfall“, bestätigt Christine Hansen aus der Pressestelle der SH Netz AG auf Nachfrage. Sie verweist darauf, dass es einen starken Anstieg bei der Zahl der Anträge gibt. Im Jahr 2022 seien in Schleswig-Holstein 18.300 Anträge zur Anmeldung von Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) bearbeitet und 7900 Anlagen in Betrieb genommen worden. Das sind 9500 Anträge mehr als im Vorjahr. Auch 2023 habe es eine neuerliche Steigerung gegeben.

„Aus diesem Grund kommt es – trotz des Einsatzes von zusätzlichen Mitarbeitern – bedauerlicherweise zu Verzögerungen bei der Bearbeitung von Einspeiser- und Speicheranmeldungen“, so Hansen. Zudem sei die Bearbeitung der beantragten Anschlüsse von EE-Anlagen deutlich komplexer und langwieriger geworden, weil es oftmals individuelle Speicherlösungen gebe. Mehraufwand bedeute auch die Überprüfung im Marktstammdatenregister.

Laut Sprecherin Christine Hansen wappne sich die SH Netz AG für die hohe Nachfrage. Im Jahr 2022 seien 40, 2023 bereits elf zusätzliche Mitarbeiter eingestellt worden. „Darüber hinaus arbeiten wir in unserem Kundenportal an der neuen Funktion der Statusverfolgung für Kunden. Diese werden wir voraussichtlich ab Sommer 2023 anbieten können“, so Hansen.

Für Dietmar und Birgit Anger wird dies vermutlich keine Rolle mehr spielen. Mittlerweile haben sie einen Termin für den Einbau ihres Einspeisezählers erhalten.

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Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
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