Mehr Förderung gefordert

Politiker aus SH im Praktikum bei StartUp-Unternehmen

Politiker aus SH im Praktikum bei StartUp-Unternehmen

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SHZ
Kiel
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Kreativ und politisch korrekt: Jana Fischer (l.) zeigt der SPD-Politikerin Özlem Ünsal, wie sie ihre Spiele verpackt. Foto: Michael Ruff Foto: 90037

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Die SPD-Fraktion schwärmt aus, um junge Unternehmen zu besuchen – dabei legen manche Abgeordnete sogar selbst Hand an.

Das Paket nach Österreich ist schnell gepackt. Mit wenigen Handgriffen hat Özlem Ünsal die Spielkarten in einem Karton verstaut, der nun noch rechtzeitig bei den Empfängern ankommen wird. „Das sind ja auch besondere Karten, die es möglich machen, dass man sich spielerisch mit einem wichtigen gesellschaftlichen Thema auseinandersetzt“, sagt die SPD-Landtagsabgeordnete.

Aktionswoche der SPD

Sie ist wie ihre Fraktionskollegen in einer nun endenden Aktionswoche unterwegs – und macht gerade ein eintägiges Praktikum. „Wir wollen die Aufmerksamkeit auf die jungen Unternehmen lenken und den Dialog zwischen Politik und Praxis fördern“, sagt Fraktionschefin Serpil Midyatli. „Nach meiner Erfahrung gibt es bei den Menschen in Schleswig-Holstein ebenso viel Gründergeist und Kreativität wie in den vermeintlich angesagten Weltmetropolen.“

Das ist zumindest bei den „Spielköpfen“ so, die Samantha Schwickert und Jana Fischer vor über einem Jahr gegründet haben. „Wir haben auf der einen Seite einen König und auf der anderen eine Königin“, sagt Fischer, die eine überdimensionierte Spielkarte in der Hand dreht. Ihre Idee: Spiele neu designen, um Themen wie Gleichberechtigung auf spielerische Weise jedem Menschen zugänglich zu machen. Deswegen sind die Buben nicht nur Männer, die Damen nicht nur Frauen. „Wir sind gendergerecht, divers und unsere Produkte sind nachhaltig“, sagt Fischer, die ihre Kartenspiele schon über Kieler Läden und in einem Onlineshop verkauft. Beim Spielen sollen die Menschen ins Gespräch kommen über Geschlechterrollen, Rassismus und Diskriminierung.


Das Büro der „Spielköpfe“ sind zwei Schreibtische in einem Raum in der Starterkitchen – einem Co-Workingspace, wie das neudeutsch heißt. In dieser Bürogemeinschaft stehen – wie um alle Klischees zu bestätigen – eine Tischtennisplatte, einige ältere Sofas und ein paar modernere Fahrräder. Und hier finden sich 24 verschiedene Teams, die neue Ideen entwickeln und an den Markt bringen wollen.

Gegenüber von Jana Fischer sitzt Natalie Krakowski, die mit ihrem Start-up „Caesekrake“ vegane Käseaufstriche aus Sonnenblumenkernen herstellt. Für sie ist der Start in die Selbstständigkeit nicht leicht. Denn wer noch studiert und keine vermögenden Eltern hat, hat wenig Chancen, das nötige Startkapital zusammenzukriegen. „Ich kann nicht verstehen, warum man für eine Start-up-Förderung ein abgeschlossenes Studium braucht“, sagt Özlem Ünsal. „Gute Ideen und gute Gründer müssen sich auch so durchsetzen können.“

Zwischenfinanzierung fehlt

Doch gerade für Start-ups gebe es eine Förderungslücke, sagt Alexander Ohrt von der Starterkitchen. „Ein Gründungsstipendium ist immer gut, aber meist dauert es eben auch danach noch eine Weile, bis ein Produkt am Markt ist.“ Oft sei das gar nicht so viel Geld, das ein junges Unternehmen brauche. „Das sind so Beträge bis zu 50000 Euro.“

Ünsal hört sich das alles genau an und will das Thema bei Unternehmen bekannter und im Landtag zum Thema machen. „Denn es kann doch nicht sein, dass solche Gründer in andere Länder abwandern, weil sie hier nicht genug Förderung bekommen.“


Die könnten auch die „Spielköpfe“ gut gebrauchen. „Wir haben zwar schon einige Kunden, aber von allein trägt sich das noch nicht“, sagt Jana Fischer. Ein Investor könnte helfen. Aber auf der einen Seite seien die rar gesät, sagt Ohrt, und auf der anderen Seite will Fischer die auch gar nicht. „Bei uns steht der Gewinn nicht so im Vordergrund. Wir sind ein ökologisch-soziales Projekt.“

Das gefällt nicht allen, wie Fischer zugibt. „Wir wissen, was Hass im Netz ist“, sagt die 27-Jährige. Denn nicht jedem Nutzer ist klar, warum jetzt ein König auch mal eine schwarze Frau sein kann. Doch die Nachfrage nach den Spielen mit den von verschiedenen Künstlerinnen gestalteten Karten sei da, erklärt Fischer. So habe etwa die Stadt Dortmund 250 Sets bestellt, um sie als Weihnachtsgeschenke zu verteilen. „In Kiel ist das leider noch nicht passiert“, sagt die junge Gründerin. Doch da schnappt sich Özlem Ünsal noch ein Kartenspiel und sagt: „Das werde ich mal mitnehmen und gucken, was sich machen lässt.“


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