Übernachtungsboom

Warum Sylt Kappeln nicht das Wasser reichen kann

Warum Sylt Kappeln nicht das Wasser reichen kann

Warum Sylt Kappeln nicht das Wasser reichen kann

Rebecca Nordmann/shz.de
Kappeln
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Die Kappelner Fußgängerzone ist im Sommer auch sonntags in der Regel gut besucht. Foto: Einar Maschmann/shz.de

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Was im ersten Halbjahr 2022 schon abzulesen war, bestätigte sich jetzt zum Jahresende: Die Steigerung an touristischen Übernachtungen in Kappeln von 2019 zu 2022 ist außergewöhnlich.

Die Attraktivität Kappelns und der Schleiregion ist kein Geheimnis mehr – das lässt sich an den Übernachtungszahlen der Urlauber ablesen, die seit einigen Jahren mehr und mehr zunehmen.

Kappeln zieht immer mehr Gäste an

Die jüngste Bilanz, die Schleswig-Holsteins Tourismusminister Claus Ruhe Madsen jetzt vorgestellt hat, untermauert diese Entwicklung für das gerade abgelaufene Jahr 2022 eindrücklich: Kappeln zieht immer mehr Gäste an. Schon im Vergleich der Übernachtungszahlen zum Jahr 2021 muss die Schleistadt mit Blick auf die prozentuale Steigerung nur Lübeck und Kiel den Vortritt lassen.

Beim Zuwachs im Vergleich zum Vor-Pandemie-Jahr 2019 liegt sie einsam an der Spitze.

37,5 Millionen Übernachtungen in Schleswig-Holstein

Bereits zur Jahresmitte hatte sich dieser Trend abgezeichnet. Damals hatte Madsen landesweit vom „besten Halbjahr jemals“ gesprochen, was die touristischen Übernachtungen anging. Und aus den insgesamt 15,2 Millionen Ende Juni sind Ende Dezember 37,5 Millionen (inklusive Camping) geworden. Legt man das Vor-Corona-Jahr 2019 zugrunde, ist es vor allem die Ostseeregion, die zugelegt hat.

Unter den Top-15-Orten, die die Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (Tash) als Urlaubsziele ausgemacht hat, sticht Kappeln auf besondere Weise hinaus.

682.000 Übernachtungen in Kappeln im Jahr 2022

Mit knapp 682.000 Gäste-Übernachtungen (ohne Camping) im Jahr 2022 ist nicht nur ein neues touristisches Hoch erreicht. Stefan Wesemann, Leiter der IHK-Geschäftsstelle in Schleswig, sagt dazu: „Die Zahlen finde ich beeindruckend, wenn man bedenkt, dass wir in der Region dann noch viele Quartiere unter zehn Betten haben, die nicht in der Statistik enthalten sind.“

Pro Gast und Tag 90 Euro an Ausgaben in Kappeln und Umland

Und jeder Übernachtungsgast zahlt ja nicht nur für sein Bett. „Wenn jeder Gast dann 90 Euro pro Tag an Ausgaben in Kappeln und Umland tätigt, dann ergibt sich ein Umsatz von 61,3 Millionen Euro für 2022 plus Tagesgäste, plus nicht zählbare Gäste“, rechnet Wesemann vor. Die Summe von 90 Euro geht auf eine Gästebefragung des Instituts für Tourismus und Bäderforschung in Nordeuropa zurück.

Die knapp 682.000 Gäste-Übernachtungen machen zudem deutlich, dass die im Konzeptgutachten „Grenzen des Wachstums“ angegebene Übernachtungsprognose von etwas mehr als einer Million im Jahr 2025 nicht mehr allzu weit entfernt zu sein scheint.

Frappierender Übernachtungszuwachs im Vergleich zu 2019

Natürlich bewegen sich Sylt mit knapp drei Millionen, St. Peter-Ording mit 1,7 Millionen oder Grömitz mit 1,34 Millionen Übernachtungen bei den absoluten Zahlen weiterhin in eigenen Sphären. Aber: In keinem der Top-15-Orte ist der Übernachtungszuwachs im Vergleich zu 2019 so frappierend wie in Kappeln.

Steigerung im dreistelligen Prozentbereich

Die Tash gibt im Vergleich dieser beiden Jahre ein Plus von 119,1 Prozent für Kappeln aus. Mit großem Abstand auf Platz 2 in dieser Kategorie findet sich Dahme (Kreis Ostholstein), das eine Steigerung von 29,3 Prozent aufweist. Die übrigen 13 Orte bewegen sich entweder im einstelligen Prozentbereich oder verzeichnen ein Minus, darunter Sylt, Heiligenhafen und Grömitz.

Die IHK blickt noch ein bisschen weiter zurück – nämlich bis ins Jahr 2015. In jenem Jahr, daran erinnert Stefan Wesemann, wurden in Kappeln knapp 91.000 touristische Übernachtungen gezählt. Seitdem wuchsen zweierlei: die Bettenkapazitäten in der Stadt und der Bekanntheitsgrad der gesamten Region – zuletzt ordentlich gepusht durch das Projekt der Modellregion in der Pandemie.

Jetzt sagt Wesemann: „In sieben Jahren 7,5 mal so viele Gäste. Wenn wir zurück denken an die Zeit, als die Militärstützpunkte sich aus Kappeln zurückzogen und wie die Aussicht da war? Es ist nicht alles richtig gelaufen, aber festhalten kann man: Kappeln hat seine Chancen genutzt.“

Steigende Immobilienpreise in Kappeln

Allerdings ist dies eine Entwicklung, zu deren Folgen auch deutlich steigende Immobilienpreise in der Stadt und im Umland gehören. Dieser Tendenz soll jetzt politisch entgegen gewirkt werden.

Stefan Wesemann macht derweil auch klar: „Ohne diese Entwicklung würden wir uns über ganz andere Dinge unterhalten. Ich denke dabei vor allem an den Arbeitsmarkt, das gastronomische Angebot, an das Angebot im Einzelhandel oder im Bereich Dienstleistungen und Handwerk.“

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