Oper im Landestheater SH

Zwischen Barock und Trash: So war die Premiere von „Xerxes“ in Flensburg

Zwischen Barock und Trash: So war die Premiere von „Xerxes“ in Flensburg

So war die Premiere von „Xerxes“ in Flensburg

SHZ
Flensburg
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Xerxes im Landesthater: Sophia Maeno (li.) als König von Persien und Małgorzata Rocławska als Romilda Foto: A.T. Schaefer/shz.de

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Das Landestheater bringt Georg Friedrich Händels Oper „Xerxes“ auf die Bühne – inszeniert mit vielen Wechseln der Geschlechter-Rollen.

Amastre liebt König Xerxes, aber Xerxes liebt Romilda. Romilda liebt Arsamene, den Bruder von Xerxes. Den liebt aber auch Atalanta, die Schwester von Romilda. Noch mal Xerxes: Vielleicht liebt er auch einen Baum. Aber ganz doll sich…

Klar soweit? Wenn nicht, macht auch nichts. Denn in der frisch-fröhlichen Neuinszenierung von Georg Friedrich Händels 1738 uraufgeführter Oper „Xerxes“ am Schleswig-Holsteinischen Landestheater wird das Knäuel barocker Liebeslust aufs Unterhaltsamste und Hörenswerteste entwirrt und dank zahlreicher Geschlechterrollenwechsel zur musikalischen Feier divers geprägter Daseinsfreude. Operndirektorin Kornelia Repschläger hat einen üppigen Papiertheater-Prospekt entworfen, der in allen möglichen Farben auf beeindruckende Weise emotions-symbolisch schillert.

Davor agieren die Figuren in Ralf Christmanns knalligen Bonbon-Kostümen zwischen Barock und Trash. Alle mit einer Spielfreude und Sangeslust, die das Publikum sofort mitreißt. Und da ganz pragmatisch nur die Arien im italienischen Original gesungen werden, die handlugsrelevanten Rezitative aber auf Deutsch, ist dem Ganzen leicht zu folgen.

Zunächst aber steht die Verlassene im Vordergrund: Dank einer kleinen Umstellung erscheint zuerst Amastre ganz allein auf der Bühne, verkleidet sich als Mann, um dem untreuen Xerxes nachzuspionieren. Katharina Magiera spielt die Arme mit warm schmeichelndem Alt und berührender Verzweiflung.

Indes singt der Herrscher auf Freiersfüßen zunächst einmal seine Platane an: „Ombra mai fu“. Sophia Maeno brilliert in der ursprünglichen Kastratenrolle mit schier grenzenloser Sopran-Energie voll faszinierender Spitzentöne – eine Herrscherfigur mit Abgründen an Selbstgefälligkeit, Überheblichkeit und rumpelstilzchenhafter Wut. Auch die übrigen Rollen sind vorzüglich besetzt: Katarina Morfa mit elastisch-umfangreichem Mezzo als Arsamene. Malgorzata Roclawska mit lyrisch zartem Zugriff als Romilda. Ayelet Kagan als keck-boshafte Atalanta mit brillanter Koloraturfreude. Bassist Timo Hanig mit knackigen Tiefen als herrlich hofschranziger Hauptmann Ariodate. Und der urkomische Roger Krebs, der als tumber Diener Elviro auch mal ins Blumenmädchen-Kostüm steigt.

Dazu serviert das Orchester unter Leitung von Ingo Martin Stadtmüller mustergültig klaren Barocksound voller Tempo, Verve und Emotionalität. Und vervollständigt die Bühnenfarben mit kapriziösen Cembaloeinwürfen (Robert Lillinger), Harfe, Flöten, Trompeten, Schellenkranz und einer echten, handgetriebenen Windmaschine. Standing Ovations in Flensburgs Stadttheater. Das muss mensch gesehen haben!

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