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Regierung will Übungsfahrten ohne Führerschein erlauben – auch grenzüberschreitend?

Regierung will Übungsfahrten ohne Führerschein erlauben

Regierung will Übungsfahrten ohne Führerschein erlauben

Apenrade/Kopenhagen
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NIcht mehr nur im Fahrschul-Fahrzeug, wie auf diesem Archivfoto, sondern auch in Mamas Auto sollen Fahrschülerinnen und Fahrschüler künftig üben können. Foto: Mads Claus Rasmussen/Ritzau Scanpix

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In Dänemark soll künftig zum Beispiel ein Elternteil auf dem Beifahrersitz helfen können, noch vor der Fahrprüfung Fahrpraxis zu sammeln. In Deutschland ist dies schon längst Praxis. Venstre-Sprecher: Auch eine grenzüberschreitende Lösung ist denkbar. Die Einheitsliste ist strikt dagegen.

Seit dem 1. Januar 2011 ist das Begleitete Fahren in Deutschland auf Antrag möglich. Nun soll es auch in Dänemark erlaubt werden. Das plant laut „Jyllands-Posten“ die dänische Regierung.

Der Plan sieht vor, dass Fahrschülerinnen und Fahrschüler ohne Führerschein schon im 17. Lebensjahr im Auto am Straßenverkehr teilnehmen dürfen, solange eine Begleitung mitfährt, die mindestens 25 oder 30 Jahre alt ist (ist im Vorschlag noch nicht festgelegt) und die den Führerschein bereits seit mindestens fünf Jahren besitzt.

Zudem sollen beide einen Kurs zum Begleiteten Fahren absolvieren, bevor es losgeht.

In vielen anderen Ländern bereits Praxis

Dieses Modell wird seit vielen Jahren in Schweden praktiziert, wo es ab 16 Jahren erlaubt ist, in Begleitung Auto zu fahren. Die Begleitperson muss dort mindestens 24 Jahre alt sein.

In Deutschland beträgt das Mindestalter 30 Jahre mit fünf Jahren Fahrerfahrung. Eine vorige Kursteilnahme ist nicht vorgeschrieben, wird jedoch angeraten.

Kristian Pihl Lorentzen
Kristian Pihl Lorentzen Foto: Steen Brogaard

Venstre: Begleitetes Fahren über die Grenze denkbar

Über die deutsch-dänische Grenze können Jugendliche mit Fahrbegleitung derzeit noch nicht fahren, lediglich mit Österreich gibt es laut ADAC eine wechselseitige Absprache mit Deutschland. Eine ähnliche Absprache mit den Niederlanden ist seit Jahren im Gespräch.

Wie Kristian Pihl Lorentzen, verkehrspolitischer Sprecher der Venstre-Fraktion, auf Anfrage des „Nordschleswigers“ mitteilt, hält seine Partei es für durchaus denkbar, dass Begleitetes Fahren auch grenzüberschreitend nach Schweden oder Deutschland möglich wird.

„Wir sehen das positiv. Wir müssen uns nur mit den Nachbarländern auf die konkreten Voraussetzungen einigen, die die Verkehrssicherheit sicherstellen“, so der Abgeordnete aus Westjütland, der neben dem Transportausschuss auch dem Rechtsausschuss angehört.

Wie „Der Nordschleswiger“ aus dem Transportministerium erfährt, will die Regierung mit Kommentaren warten, bis Vorschläge aus der ersten Lesung, also einer einleitenden parlamentarischen Beratung des Themas, gesammelt wurden.

Venstre: Erst die Theorieprüfung, dann hinters Steuer

Die dänische Regierung überlegt zudem, ob die theoretische Prüfung der Erlaubnis zum Begleiteten Fahren vorausgehen sollte.

Dies klinge „vernünftig“, so Pihl Lorentzen zur Nachrichtenagentur „Ritzau“.

„Wir müssen sicherstellen, dass für Verkehrssicherheit gesorgt ist“, meint er.

Einheitsliste ist gegen das Begleitete Fahren

Der verkehrspolitische Sprecher der Einheitsliste, Henning Hyllested, schreibt in einem Kommentar an den „Nordschleswiger“, dass seine Fraktion das Begleitete Fahren ohne Führerschein grundsätzlich ablehne. Deshalb wolle man sich auch nicht für Begleitetes Fahren über die Grenze hinweg einsetzen.

„Wir finden es mit der Verkehrssicherheit nicht vereinbar, dass Leute, die noch keine bestandene Fahrprüfung haben, sich hinter das Lenkrad eines Fahrzeugs setzen können, das bis zu 130 km/h fahren darf (Autobahn in Dänemark, schneller in Deutschland). Darunter werden ja auch Leute sein, die später durch die Fahrprüfung fallen“, so Hyllested.

„Das Auto ist ja nicht mit Extra-Pedalen ausgestattet (darunter Bremspedalen), wie das von Fahrlererinnen und Fahrlehrern“, schreibt der Abgeordnete.

Zugleich bestehe immer die Gefahr, dass die Begleitpersonen eigene schlechte Angewohnheiten an die zukünftigen Autofahrerinnen und Autofahrer weitergeben.

Begleitetes Fahren mit Führerschein unter 18 bereits möglich

Jugendliche unter 18 Jahren mit Führerschein dürfen schon seit 2020 in Dänemark mit Begleitung fahren. Die Regeln hier besagen, dass Jugendliche mit 17 Jahren den Führerschein erwerben können und dann bis zum 18. Geburtstag mit einer registrierten Begleitperson fahren dürfen.

Venstre schlägt nun eine Versuchsperiode für das neu vorgeschlagene Begleitete Fahren ohne Führerschein vor. Wie „Jyllands-Posten“ schreibt, seien die Erfahrungen mit dem Begleiteten Fahren in Dänemark grundsätzlich positiv. Die Regierung wünsche sich aber mehr Fahrtraining für alle Neulinge.

Deutschland: Versuch zeigte dramatischen Rückgang der Unfallzahlen

Der neue Gesetzesvorschlag basiert auf den Empfehlungen eines Forschungsprojektes, das die Kraftfahrzeugbehörde bei der norwegischen Universität Nord in Auftrag gegeben hatte. Darin werden die Erfahrungen des Begleiteten Fahrens unter anderem in den Nordischen Ländern zusammengefasst.

In Deutschland war es das Bundesland Niedersachsen, das 2004 einen Modellversuch unternahm.

Das Ergebnis der dazu durchgeführten Studie war laut Verkehrsministerium in Hannover, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach der Begleitphase deutlich weniger Unfälle (-29 Prozent) verursacht und Verkehrsverstöße begangen haben (-23 Prozent) als Fahranfängerinnen und Fahranfänger, die ihren Führerschein herkömmlich mit 18 Jahren gemacht haben.

Redaktionelle Anmerkung: Der Artikel vom 27. Juli 2022 wurde am 28. Juli 2022 um die Aussagen von Henning Hyllested ergänzt.

 

 

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