Leitartikel

„Das Gold auf der Straße“

Das Gold auf der Straße

Das Gold auf der Straße

Apenrade/Aabenraa
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Zu viele junge Menschen erlangen nach dem Abitur keine Berufsausbildung oder schaffen es nicht bis zum Studienabschluss. Gleichzeitig benötigt der Wohlfahrtsstaat dringend qualifizierte Hände. Um die Krise zu lösen, sind Innovative Ideen gefragt. Die Zeit dränge, meint Nils Baum.

Wie holen wir das Gold von der Straße?

Mit dem „Gold“ sind die jungen Menschen gemeint, mit der „Straße“ die Tatsache, dass es zwar immer mehr Menschen mit Abitur, jedoch ohne eine nachfolgende abgeschlossene Studien- oder Berufsausbildung gibt.

Fünf Jahre nach dem Abitur haben nur etwas mehr als vier von fünf eine Ausbildung angefangen. Kein neues Phänomen: schon in den Jahrgängen 2013 und 2014 waren es nur neun von zehn.

In konkreten Zahlen bedeutet das: 50.000 junge Menschen unter 25 Jahren sind ohne Ausbildung oder Job. Zählt man auch die 25- bis 29-Jährigen mit, schwillt die Zahl auf 77.000 an.

Die Tendenz, dass eine steigende Zahl junger Menschen auch nach Jahren noch ohne Ausbildung dasteht, macht sich in allen der vier gymnasialen Ausbildungen bemerkbar. Vor allem jedoch fehlt es an technisch ausgebildeten Fachkräften und Spezialisten und an Menschen, die sich für eine der sogenannten Wohlfahrtsausbildungen wie Lehramt, Erzieherin oder Erzieher, Sozialarbeiterin oder Sozialarbeiter oder Krankenpflegerin oder Krankenpfleger entscheiden.

Diese Entwicklung ist gleich in mehrfacher Hinsicht alarmierend.

Für die jungen Menschen selbst, denen ein finanziell stabiles Leben auf eigenen Füßen stehend dadurch oftmals verwehrt bleibt, und bei denen sich dadurch schnell das Gefühl breitmacht, ihr Talent nicht einbringen zu können. Für die Gesellschaft, der hohe Kosten durch Transferzahlungen entstehen, und der schlichtweg Talentmasse entgeht.

Die Chefin für Wirtschafts- und Arbeitsmarktausbildungen beim Branchenverband Dansk Industri, Signe Tychsen Philip, bezeichnet die Entwicklung denn auch nicht nur als besorgniserregend, sondern meint auch, dass die Gesellschaft damit ihr Gold buchstäblich auf der Straße verschleudert. Schließlich sind die jungen Menschen die Zukunft.

Was also ist zu tun?

Dansk Industri schlägt gemeinsam mit Danske Gymnasier, Dansk Metal und Danske Erhvrvsskoler og -Gymnasier eine Versuchsordnung mit an der Praxis ausgerichteten Studienrichtungen an den allgemeinbildenden Gymnasien vor.

Konkret soll es dabei um den grünen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit, das Weiterentwickeln digitaler Lösungen oder das Thema Gesundheit gehen. Diese Themenfelder sollen die jungen Menschen zu einer praxisorientierten weitergehenden Ausbildung oder einer Lehre inspirieren.

Das mag schön und gut sein, wird jedoch kaum ausreichen, um die jungen Menschen komplett durch eine Ausbildung nach dem Gymnasium zu bringen. Denn mehr als 70 Prozent aller 25-Jährigen ohne abgeschlossene Ausbildung haben zumindest eine begonnen – und sie dann abgebrochen.

Deshalb muss es vor allem darum gehen, alles dafür zu tun, damit das Begonnene auch bis zum Ende durchgeführt und abgeschlossen wird. Und damit unterwegs niemand abhandenkommt, muss deshalb in der entscheidenden Phase besserer unterstützt werden.

Großeltern als Mentoren, eine solide Grundfinanzierung für die „Vorbereitende Grundausbildung“ (Forberedende Grunduddannelse, FGU), einladende Räumlichkeiten und Gebäude, in denen die Studien- und Ausbildungsgänge angeboten werden, ausreichend qualifizierte Lehrkräfte.

Denn nur, wenn die Zahl der Absolventinnen und Absolventen nicht wesentlich hinter die der hoffnungsvollen Anwärterinnen und Anwärter zurückfällt, kann das Gold dort gefunden werden, wo es dringend benötigt wird: In den großen Unternehmen, den mittelständischen Betrieben und den zahlreichen sozialen Berufen.

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