Berufsleben

Vom Banker zum Autoren

Vom Banker zum Autoren

Vom Banker zum Autoren

Florian Schaaf
Florian Schaaf
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Lars Machmüller an seinem Schreibtisch Foto: Florian Schaaf

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Nach zehn Jahren bei der Sydbank wagt Lars Machmüller den Schritt ins Ungewisse und macht seinen Traum vom Schreiben wahr. Nun werden die ersten Bücher ins Deutsche übersetzt.

Seit nicht ganz fünf Jahren schreibt Lars Machmüller nun schon Romane. Er ist 39 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Rinkenis (Rinkenæs). Jetzt lebt er mit seiner Frau und seinen drei Kindern (fünf, fünf und sieben Jahre) in Apenrade.

Das Genre, dem er sich verschrieben hat, nennt sich LitRPG, „literary role playing game“, und kombiniert Fantasy und Science-Fiction mit Computerspielelementen im Rollenspielformat.

Wie in einem Computerspiel folgen die Lesenden innerhalb der Geschichte der Perspektive eines Charakters: von seiner Erstellung inklusive der Wahl seiner Klasse oder seiner Fähigkeiten über die Erledigung von sogenannten Quests bis zum Aufstieg in höhere Level.

In genauem Aufbau und Ablauf des Spielsystems unterschieden sich die verschiedenen Romane, das Grundprinzip sei jedoch ähnlich.

LitRPG

Literarische Rollenspiele, literary role playing games (LitRPG), sind ein literarisches Genre, das Elemente aus Computer-Rollenspielen mit Fantasy- oder Science-Fiction-Romanen verbindet. Spiele oder spielähnliche Herausforderungen bilden einen wesentlichen Teil der Geschichte, was zum Beispiel abgebildete Statistiken zum Spielcharakter und seiner Stärke, seiner Intelligenz oder seinem Kampfschaden beinhaltet. Typischerweise interagiert die Hauptfigur in einem LitRPG-Roman bewusst mit dem Spiel oder der spielähnlichen Welt und versucht, darin voranzukommen. (Wikipedia)

Erste Erscheinungen mit einem ähnlichen Prinzip habe es in den 1980ern gegeben, den Namen gebe es seit 2013. In den vergangenen fünf bis sechs Jahren stiegen die Veröffentlichungen sprunghaft an. (Lars Machmüller)

Von der Sydbank ins Ungewisse

„Ich habe dieses neue Genre entdeckt und mehrere Jahre erst mal nichts anderes mehr gelesen. Irgendwann wollte ich es selbst probieren“, berichtet Lars Machmüller.

Bevor er sich vollständig aufs Schreiben konzentrierte und alles auf eine Karte setzte, habe er zehn Jahre bei der Sydbank gearbeitet.

„Das war cool, die Leute dort waren nett“, erzählt er. LitRPG aber sei seine Leidenschaft. Mit seiner Frau zusammen habe er dann entschieden, dass er es einfach versuchen will – ohne zu wissen, ob es klappt.

Zum Glück scheint es zu klappen. Sein neuestes Buch, „Der Herr des Hortes“, ist aktuell auf Platz 888 der weltweiten Bestseller-Charts des Onlinehandels Amazon. Wenn es so weiterlaufe wie bisher, könne er bald sogar davon leben.

Seine Frau macht eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin (social- og sundhedshjælper). Dafür bekommt sie etwas Geld. Für den Rest verwenden sie alte Ersparnisse, sodass es zusammen reicht.

„Halbtags schreibe ich, und halbtags passe ich auf die Kinder auf“, berichtet Machmüller weiter.

Unabhängigkeit und Anonymität

Bei seinen Büchern kümmert sich Lars Machmüller um fast alles selbst. „Indie“ nennt sich das Prinzip und kommt vom englischen „Independent“ (unabhängig). Seinen amerikanischen Indie-Verlag hat er sich selbst gesucht.

„Ich bin zu 100 Prozent in den Prozess integriert. Der Verlag kommentiert und prüft, aber ich entscheide“, erklärt der 39-Jährige.

In dänischen Buchläden zu kaufen gebe es seine Werke nicht. Traditionell arbeiteten die Läden nur mit den großen Verlagen zusammen, Indie sei einfach zu unbekannt, erklärt der Apenrader.

Er könnte zwar selbstständig bei den Geschäften anfragen, aber eigentlich genießt er es auch, nicht so viel Aufmerksamkeit zu bekommen. „In Dänemark kennt mich niemand, aber Zehntausende aus der ganzen Welt haben meine Bücher gelesen“, sagt er lächelnd.

Lars Machmüller an seinem Computer im Austausch mit anderen internationalen Autorinnen und Autoren Foto: Florian Schaaf

Ursprünglich auf Englisch, jetzt auch auf Deutsch

Schreiben tut er seine Bücher auf Englisch: „95 Prozent aller Fantasybücher werden nicht ins Dänische übersetzt, alle Computerspiele sind sowieso auf Englisch. Ich bin einfach an die Sprache gewöhnt.“

Hinter seinem Schreibtisch, an dem er seine Romane schreibt, steht ein großes Regal. 300 Bücher ständen dort ungefähr, nur zwei seien Dänisch, so der Autor.

Mittlerweile werden Lars Machmülles Bücher sogar ins Deutsche übersetzt. Diese Idee ist zusammen mit einem deutschen Fan entstanden, der sonst als Übersetzer arbeitet. Er ist es auch, der die Bücher übersetzt – ganz nach dem Indie-Prinzip. 

Zusammenhalt über das Internet

Während des Schreibprozesses ist der in Apenrade lebende Autor über das Internet viel in Kontakt mit anderen Autorinnen und Autoren aus der ganzen Welt. Einmal in der Stunde machen sie einen sogenannten „Sprint“.

Zuerst versuchen alle in einer Einheit, so viele Wörter wie möglich am eigenen Buch zu schreiben. Danach schalten sie sich zusammen und motivieren sich gegenseitig – auch um sich nicht ablenken zu lassen und in den Weiten des Internets verloren zu gehen.

Diesen Sommer wollen die Autorinnen und Autoren sich in Madrid gemeinsam treffen: „Das wird wirklich cool. Ich freue mich zu 100 Prozent!“

Mehr lesen