Deutscher Tag
Eine wichtige Stimme für die Minderheit verabschiedete sich beim Deutschen Tag
Eine wichtige Stimme für die Minderheit verabschiedete sich beim Deutschen Tag
Wichtige Stimme für die Minderheit verabschiedete sich
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Der Venstre-Abgeordnete Hans Christian Schmidt hat sich jahrzehntelang für die Belange der deutschen Volksgruppe eingesetzt. Bei der kommenden Folketingswahl verlässt er das Parlament. Beim Deutschen Tag bedankte er sich auf Deutsch für die Zusammenarbeit.
Als der Venstre-Politiker Hans Christian Schmidt am Mittwoch um 9.51 Uhr mit einem zufriedenen Lächeln die Tür des Raums S-092 im Folketing öffnete, um die erste Sitzung des Ausschusses für die Deutsche Minderheit zu verlassen, konnte er einen Haken hinter seinem wohl letzten wichtigen Einsatz für die Volksgruppe machen.
„Ich bin nicht sicher, dass der Ausschuss ohne ihn etwas geworden wäre, denn es gab irgendwann großen Widerstand vom Kulturministerium, das diese Kompetenz nicht abgeben wollte“, sagt Harro Hallmann. Er leitet das Kopenhagener Sekretariat des Dachverbandes der Minderheit, dem Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN).
Langjähriger Alliierter
Als Schmidt am Sonnabend um 13.45 Uhr in der Tingleffer Sporthalle an das Rednerpult trat, könnte es sein abschließender Auftritt als Abgeordneter bei einer Veranstaltung des BDN sein. Nach 30 Jahren im Folketing hat der Politiker aus Woyens (Vojens) im August mitgeteilt, dass er nicht erneut antreten wird. Das nahende Ende seiner politischen Karriere schwang in seiner Rede beim Deutschen Tag mit.
„Ich möchte die Gelegenheit ergreifen, mich für die gute Zusammenarbeit der vergangenen 30 Jahre zu bedanken“, sagte Schmidt in seiner Rede, die er auf Deutsch hielt.
Mit Schmidt verliert die Minderheit in spätestens zwei Jahren einen ihrer wichtigsten Fürsprecher auf Christiansborg. Bereits Harro Hallmanns beiden Vorgänger wussten das zu schätzen.
„Als ich den Posten als Sekretariatsleiter von Siegfried Matlok übernahm, sagt er: ‚An den musst du dich halten‘“, sagt Jan Diedrichsen, der von 2006 bis 2019 das Amt innehatte.
Schmidts Einsatz für die Minderheit geht bereits auf seine Zeit im Stadtrat von Woyens zurück, den er 2001 verlassen hat.
„Man kann seine Bedeutung für die Minderheit überhaupt nicht übertreiben. Im Gegensatz zu vielen anderen Abgeordneten hat es uns immer im Hinterkopf und ist proaktiv“, so auch Hallmann.
Gleichstellung der Schulen
Mag sein, dass nicht geradezu jedes Kind aus der Minderheit den Namen Hans Christian Schmidt kennt, verdanken hat es ihm trotzdem so einiges. Die Schule, in die es geht, hätte nämlich ohne ihn nicht dieselben Möglichkeiten.
Sein Einsatz war entscheidend für die finanzielle Gleichstellung der deutschen Schulen mit den dänischen Volksschulen. Die damalige sozialdemokratische geleitete Regierung unter Helle Thorning-Schmidt war gegenüber diesem Anliegen des BDN alles andere als aufgeschlossen. Diedrichsen erinnert sich daran, dass ein Redner bei einem Deutschen Tag – den Namen möchte er nicht nennen – geradezu warnte, die Minderheit solle keine zu großen Forderungen stellen.
„Ich sehe noch vor mir, wie Hans an seinem Tisch vielsagende Blicke mit seiner Parteikollegin Ellen Trane Nørby wechselte“, so Diedrichsen.
Drama im Folketing
Der Venstre-Politiker versprach dem damaligen Sekretariatsleiter, sich für die finanzielle Gleichstellung einzusetzen, alleine könne er das jedoch nicht schaffen. Er gab daher Diedrichsen den Rat, er solle sich an Christian Juhl von der Einheitsliste wenden. Die linke Partei war Unterstützerin der Thorning-Regierung.
Die beiden Politiker könnten in den meisten Fragen kaum ferner voneinander stehen, aber bei der deutschen Minderheit waren und sind sie sich einig. Also ging Juhl zur damaligen Unterrichtsministerin Christine Antorini und sagte ihr, er und Schmidt seien bereit, die Frage im Folketingsaal zur Abstimmung zu bringen.
„Das war schon eine recht dramatische Situation“, so Diedrichsen.
Die Regierung wollte der drohenden Abstimmungsniederlage entgehen und lenkte ein. Die deutschen Schulen in Nordschleswig gelten seither als die Volksschulen der Minderheit.
Für Diedrichsen besagt dieser Verlauf so einiges über den Politiker Schmidt: „Hans ist bereit, auch ungewöhnliche politische Allianzen einzugehen, um seine Ziele zu erreichen.“
Schmidt lobt seriösen Einsatz des BDNs
In Schmidts Rede beim Deutschen Tag kam dieser zielführende Pragmatismus zum Ausdruck, als er beschrieb, wie er und der Kulturausschuss des Folketings für den neuen Ausschuss für die Deutsche Minderheit gearbeitet haben.
„Ich bin seit vielen Jahren politisch engagiert. Ich weiß, dass Dinge Zeit brauchen. Diese Arbeit hat zwei Jahre gedauert und das finde ich eigentlich ganz gut geschafft“, sagte Schmidt, der seine eigene Rolle dabei noch untertrieben hat.
„Der BDN hat so viel politischen Erfolg, weil man immer mit den Informationen, die er vorbringt, rechnen kann. Das ist für einen als Abgeordnete entscheidend“, begründet Schmidt gegenüber dem „Nordschleswiger“ seine Motivation für den langjährigen Einsatz.
„Es ist ein großer Verlust für die Minderheit und Nordschleswig, dass er aus dem Folketing ausscheidet, auch wenn ich ihm natürlich seinen Ruhestand gönne“, so Hallmann.
Der musikalische Politiker
Mit Schmidt verliert die Minderheit eine wichtige Stimme im Folketing, eine Stimme, die zumindest der BDN-Spitze auch auf ganz andere Weise zugutekommt. Beim jährlichen Julefrokost im Kopenhagener BDN-Sekretariat singt der ehemalige Musiklehrer häufig vor.
„Er ist immer einer der Stimmungsmacher, der das Liederbuch hervorholt, auch wenn er es eigentlich nicht braucht“, sagt Harro Hallmann.
Auch Jan Diedrichsen erinnert sich lebhaft an Hans Christian Schmidts Gesang, der neben Volksliedern „auch schon mal Schubert umfasste“.
„Es war mir ein großes Vergnügen“, bedankte Schmidt sich in seiner Rede für die Zusammenarbeit mit der Minderheit.