Reformen

Regierung gelingt Vereinbarung zur Bekämpfung von Arbeitskräftemangel

Regierung gelingt Vereinbarung zu Arbeitskräftemangel

Regierung gelingt Vereinbarung zu Arbeitskräftemangel

Ritzau/nb
Kopenhagen
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Finanzminister Nicolai Wammen (Soz.) informiert am Freitagabend im Finanzministerium über die erzielten Reformvereinbarungen. Neben der Regierung haben Vertreter der Dänischen Volkspartei, Volkssozialisten, Radikalen und Christendemokraten an den abschließenden Verhandlungen teilgenommen. Foto: Philip Davali/Ritzau Scanpix

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Mit der Reformvereinbarung werden 1,2 Milliarden Kronen zur Erhöhung des Beschäftigungsfreibetrages zur Verfügung gestellt. Zudem werden Arbeitseinkommen für Menschen im Ruhestand künftig nicht mehr gegen ihre Rente aufgerechnet. Schließlich soll die Mindestverdienstgrenze auf 375.000 Kronen abgesenkt werden.

Die Regierung ist am Freitagabend eine politische Vereinbarung mit vier Parteien im Rahmen ihres Reformpaketes „Dänemark kann mehr I“ eingegangen.

Ziel der Vereinbarung ist es, das Angebot an Arbeitskräften in einer Zeit zu vergrößern, in der viele Unternehmen ihre offenen Stellen nicht besetzt bekommen.

Arbeitslosengeld wird angepasst

Dazu wird unter anderem das Arbeitslosengeld angepasst. Künftig soll der Satz in den ersten drei Monaten, nachdem man arbeitslos geworden ist, etwas höher ausfallen. Gleichzeitig wird der Satz für neu ausgebildete Absolventinnen und Absolventen für den gleichen Zeitraum abgesenkt. Dadurch soll die Motivation, sich möglichst schnell eine Arbeit zu suchen, gesteigert werden.

Erhöhung des Beschäftigungsfreibetrages

Zudem wird auch die Besteuerung des Arbeitsverdienstes gesenkt. Dafür werden 1,2 Milliarden Kronen zur Erhöhung des Beschäftigungsfreibetrages zur Verfügung gestellt.

Hinter der Vereinbarung stehen die Radikalen, Dänische Volkspartei, Volkssozialisten und Christdemokraten. Die Vereinbarung soll die Zahl der Beschäftigten nach Angaben des Finanzministeriums um 12.000 Personen erhöhen und das Bruttonationalprodukt um 0,7 Prozent steigern.

Rentnerinnen und Rentner profitieren ebenfalls

Mit der Vereinbarung wird es für Rentnerinnen und Rentner außerdem möglich, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, ohne dass die Einkünfte aus dieser Tätigkeit mit dem Grundbetrag ihrer Rente und dazugehörigen Zuschlägen verrechnet wird. Dieser Teil der Vereinbarung soll – auch nach Ansicht mehrerer Forscherinnen und Forscher – dazu beitragen, das Problem fehlender Arbeitskraft zu beseitigen.

Umstrittene Absenkung der Mindestverdienstgrenze

Keine Unterstützung gab es vonseiten der Dänischen Volkspartei für die Senkung der Verdienstgrenze auf 375.000 Kronen jährlich. So viel sollen Ausländerinnen und Ausländer aus Staaten außerhalb der EU künftig mindestens verdienen müssen, um zum Arbeiten nach Dänemark kommen zu dürfen. Bisher liegt diese Grenze bei 448.000 Kronen.

Deshalb hat die Regierung für dieses Vorhaben keine Mehrheit. Dennoch rechnet die Regierung „Ritzau“ zufolge damit, dass mehrere bürgerliche Parteien für den Vorschlag im Folketing stimmen werden, da dies eine seit langem bestehende Forderung vonseiten der Unternehmen ist.

Bürgerliche Parteien skeptisch

Allerdings wird diese Auslegung am Freitagabend vom finanzpolitischen Sprecher der Konservativen, Rasmus Jarlov, zurückgewiesen. Ihm zufolge gilt das ebenso für Venstre, Neue Bürgerliche und die Liberale Allianz, die während der Verhandlungen in einem engen Dialog mit den Konservativen gestanden haben.

Vereinbarung steht auf wackligen Füßen

Derzeit beruht die gesamte Vereinbarung auf einer knappen Mehrheit. Zudem gibt es weiterhin Unsicherheit bezüglich der Mandate der Dänischen Volkspartei, die am Sonntag einen neuen Parteivorsitz wählen soll. Mehrere ihrer Mitglieder haben nämlich angekündigt, die Partei verlassen zu wollen.

Die Einheitsliste hat die Verhandlungen hingegen bereits am Freitag verlassen. Grund sind die Senkungen des Arbeitslosengeldes für neuausgebildete Absolventinnen und Absolventen sowie die geplanten Steuersenkungen.

Währenddessen war auch klar, dass die bürgerlichen Parteien ihre wirtschaftlichen Reformen, hierunter die Steuersenkungen, nicht so durchsetzen konnten, wie gewollt. Zugleich konnten sie eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes in den ersten drei Monaten nach Verlust des Arbeitsplatzes nicht mittragen.

Milliardenbetrag auch für das Klima

Die Vorsitzende der Volkssozialisten, Pia Olsen Dyhr, unterstreicht, dass die Vereinbarung auch anderes als das Arbeitskräfteangebot umfasst, unter anderem einen Milliardenbetrag für den Klimaschutz.

„Insgesamt ist es eine gute Vereinbarung“, sagt Pia Olsen Dyhr.

Die Radikalen heben die Maßnahmen hervor, die mehr Menschen eine Arbeit sichern sollen.

„Es ist erfreulich, dass wir die größten Herausforderungen in unserer Gesellschaft jetzt angehen. Nicht zuletzt aufgrund des Arbeitskräftemangels“, sagt Sophie Carsten Nielsen (Radikale).

Der einzige Abgeordnete der Christdemokraten im Folketing, Jens Rohde, bezeichnet die Vereinbarung als „schlau und ausbalanciert“.

„Ich kann die anderen Parteien nicht verstehen. Wir stellen 1,2 Milliarden Kronen zur Verfügung, um den Beschäftigungsfreibetrag zu erhöhen, und ich kann ganz einfach nicht sehen, wie man das ablehnen kann“, sagt Rohde.

Absenkung des Arbeitslosengeldes kann noch nicht in Kraft treten

Die geplante Senkung des Arbeitslosengeldes für neu ausgebildete Absolventinnen und Absolventen in den ersten drei Monaten auf 9.514 Kronen für Alleinstehende kann jedoch nicht sofort in Kraft treten, wie Beschäftigungsminister Peter Hummelgaard (Soz.) einräumt.

Dies sei darin begründet, dass es sich um einen Vergleich handele, an dem Parteien beteiligt sind, die nicht Teil der heutigen Vereinbarung sind.

Hummelgaard sagt, dass er sich vorstellen kann, dass die übrigen Parteien nicht mitziehen wollen, weshalb diese Änderungen möglicherweise erst nach den nächsten Wahlen zum Folketing in Kraft treten können.

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