Preissteigerungen

Inflation läuft Arbeitslosen- und Sozialhilfe davon

Inflation läuft Arbeitslosen- und Sozialhilfe davon

Inflation läuft Arbeitslosen- und Sozialhilfe davon

Ritzau/nb
Kopenhagen
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In den vergangenen zwei Jahren sind die Verbraucherpreise in Dänemark um 6,2 Prozent gestiegen. Die Sätze für die etwa 77.000 Arbeitslosenhilfe- und Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger sind im gleichen Zeitraum um 1,4 Prozent gestiegen, schreibt „Politiken“ (Archivfoto). Foto: Signe Goldmann/Ritzau Scanpix

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Arbeitslose sind von den starken Preissteigerungen der jüngsten Zeit wesentlich stärker betroffen. Die Einheitsliste fordert die Regierung zu Verhandlungen auf, um Lösungen zu finden.

Wer in diesen Tagen arbeitslos ist und deswegen Arbeitslosen- oder Sozialhilfe erhält, bekommt die derzeitigen Preissteigerungen erheblich härter zu spüren als Gehaltsempfängerinnen und -empfänger mit höheren Einkünften.

Das geht aus einer Analyse hervor, die die Organisation Arbejderbevægelsens Erhvervsråd (AE) für „Politiken“ ausgearbeitet hat.

Demnach sind die Verbraucherkosten in Dänemark in den vergangenen zwei Jahren um 6,2 Prozent gestiegen, während die Sätze für die bis zu 77.000 Arbeitslosen- und Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger im selben Zeitraum nur um 1,4 Prozent gestiegen sind.

Ungleichgewicht im Vergleich zu Besserverdienenden

Im Gegensatz dazu ist der Verbrauch bei Angestellten mit höheren Einkommen um 6,6 Prozent gestiegen, während die Gehälter im gleichen Zeitraum im Durchschnitt um 5,8 Prozent angezogen sind.

Es ist zutiefst besorgniserregend, dass die Menschen, die es im Vorwege am schwersten haben und über die geringsten finanziellen Mittel verfügen, am stärksten von Preissteigerungen betroffen sind.

Mai Villadsen, politische Sprecherin der Einheitsliste

Damit müssen Besserverdienende ihren Verbrauch in Folge der Preissteigerungen weniger stark einschränken. In der Analyse von AE erzielen die wohlhabendsten Haushalte ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 600.000 Kronen.

Einheitsliste fordert Regierung zum Handeln auf

Vor diesem Hintergrund fordert die politische Sprecherin der Einheitsliste, Mai Villadsen, die Regierung zu Verhandlungen mit den übrigen im Folketing vertretenen Parteien auf.

„Es ist zutiefst besorgniserregend, dass die Menschen, die es im Vorwege am schwersten haben und über die geringsten finanziellen Mittel verfügen, am stärksten von Preissteigerungen betroffen sind. Dagegen sollten wir etwas tun“, sagt Mai Villadsen gegenüber „Ritzau“.

Sozialhilfe seit 2016 nur moderat angepasst

Sie macht darauf aufmerksam, dass Sozialhilfeleistungen seit 2016 weniger stark angepasst wurden. Normalerweise werden sie einmal jährlich an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst. Allerdings wurde im Zuge einer Steuerreform im Jahr 2012 beschlossen, die Steigerungsrate bei den Sozialhilfeleistungen für den Zeitraum von 2016 bis 2023 etwas zu verringern.

„Über Jahre hinweg wurden die Leistungen weniger stark angepasst, sodass sie ausgehöhlt und damit immer weniger wert wurden. Wir sind der Auffassung, dass die Regierung zu Verhandlungen einladen sollte, sodass wir auch diesen Menschen bei den Preissteigerungen helfen können“, sagt Mai Villadsen.

Auch nach Alternativen Ausschau halten

Ihrer Auffassung nach sollte die verringerte Anpassung an die Löhne und Preise beendet werden, zudem sollte nach Alternativen Ausschau gehalten werden, beispielsweise in Form einer weiteren Anhebung des geplanten Heizkostenzuschusses.

Es geht nicht darum, ob man seine Sommerferien auf Gran Canaria verbringen kann. Es geht im Grunde genommen darum, dass nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um den Alltag zu meistern.

Ninna Thomsen, Direktorin der Mütterhilfe

Die Regierung hat bereits mit einer breiten Mehrheit im Folketing im Rücken beschlossen, besonders schwer von den Preissteigerungen für Energie betroffene Haushalte einen Heizkostenzuschuss zukommen zu lassen. Zudem wurde ein Fördertopf für die Kommunen von 100 auf 200 Millionen Kronen erhöht, aus dem sie betroffenen Bürgerinnen und Bürgern Leistungen zur Abfederung der gestiegenen Energiekosten zukommen lassen können.

Allerdings ist Mai Villadsen der Auffassung, dass ein Heizkostenzuschuss allein nicht ausreicht, wenn gleichzeitig die Preise für Lebensmittel stark ansteigen.

Es geht um die Existenz

Auch bei der Mütterhilfe hat man auf die Schwierigkeiten aufmerksam gemacht, die die gestiegenen Kosten vor allem für Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger mit sich bringen.

„Es geht nicht darum, ob man seine Sommerferien auf Gran Canaria verbringen kann. Es geht im Grunde genommen darum, dass nicht genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um den Alltag zu meistern“, sagte die Direktorin der Mütterhilfe, Ninna Thomsen, bereits zu einem früheren Zeitpunkt gegenüber „Ritzau“.

Keine konkreten Pläne vonseiten der Regierung

Beschäftigungsminister Peter Hummelgaard (Soz.) sagt in einem Kommentar gegenüber „Politiken“, dass die Regierung die Situation „sehr ernst“ nehme. Allerdings gebe es aktuell keine Pläne, die Sätze für öffentliche Leistungen wie Sozial- und Arbeitslosenhilfe anzuheben.

Stattdessen habe die Regierung ein Auge darauf, ob „es einen Bedarf für weitere zielgerichtete Initiativen“ gebe.

Deshalb wird Einkaufen teurer

In den vergangenen Monaten haben die Preise für Güter des täglichen Bedarfs kräftig angezogen; der Krieg in der Ukraine hat diese Entwicklung noch beschleunigt.

Die Preise für Alltagsprodukte steigen auch durch höhere Energiekosten und Rohstoffpreise, wodurch sich die Produktion verteuert.

Beispielsweise sind Russland und die Ukraine wichtige Exporteure landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Zusammengenommen stehen die Ukraine und Russland für 30 Prozent der globalen Ausfuhr von Weizen, dessen Preis infolge des Krieges stark gestiegen ist.

Im Ergebnis hat sich der Preis für Pasta im Vergleich zu vor einem Jahr um 24 Prozent verteuert. Der Preis für Butter ist seit Beginn des Ukraine-Krieges vor fünf Wochen um 15 Prozent gestiegen, die Preise für Sahne und Mozzarella haben im gleichen Zeitraum um 9 Prozent zugelegt.

Im Februar lag die Inflation in Dänemark bei 5,3 Prozent, was einer der höchsten Werte seit vielen Jahren ist.

Quellen: „Ritzau“, „Avisen Danmark“, Danmarks Statistik und Dansk Industri

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