Reportage

Selbsttest: „Tanze, als würde niemand zusehen“

Selbsttest: „Tanze, als würde niemand zusehen“

Selbsttest: „Tanze, als würde niemand zusehen“

Hadersleben/Haderslev
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In ihrer neuen Tanzschule bietet Camilla Muxoll Søberg nicht nur feste Tanzkurse wie Hip-Hop für junge Erwachsene an, sondern auch Drop-in-Kurse. Foto: Annika Zepke

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Die Tanzschule am Haderslebener Chr. X’s Vej hat eine neue Eigentümerin: Camilla Muxoll Søberg ist seit Beginn des Jahres nicht nur Leiterin des Tanzstudios „CMS Entertainment“, sondern auch offiziell Herrin im eigenen Haus. „Nordschleswiger“-Journalistin Annika Zepke hat den Neuanfang zum Anlass für einen unabhängigen Selbsttest genommen.

„Tanze, als würde niemand zusehen“, hat schon Mark Twain seinerzeit gesagt. Genau das ist auch meine Devise, als ich am frühen Mittwochabend die Tanzschule am Chr. X’s Vej in Hadersleben betrete. Erst wenige Monate zuvor war ich hier als Lokaljournalistin zur feierlichen Eröffnung des Tanzstudios „Dance Company Twenty“ eingeladen.

Seitdem hat sich in dem Gebäudekomplex namens „Dokken“ jedoch so einiges getan: Im Erdgeschoss ist die Haderslebener Filiale von „Fitness World“ eingezogen, und auch in der Tanzschule im ersten Stock gibt es einige Neuerungen. Sie verfügt seit neuestem nicht nur über einen separaten Treppen-Aufgang, sondern hat vor wenigen Tagen auch ihre Besitzerin gewechselt.

Camilla Muxoll Søberg, die frühere Leiterin der Haderslebener „Dance Company Twenty“-Filiale, hat die Tanzschule übernommen und ist nun Leiterin, Eigentümerin und Tanzlehrerin in einer Person. Mit der Übernahme stand allerdings nicht nur ein Namenswechsel – die Tanzschule heißt jetzt „CMS Entertainment“ –, sondern auch ein inhaltlicher Kurswechsel auf dem Plan.

Alle sind willkommen

Ihr Tanzstudio sei keine Kaderschmiede, betont Muxoll Søberg: „Mir ist wichtig, dass sich hier alle willkommen fühlen.“ Auch auf Wünsche und Anregungen ihrer Kundinnen und Kunden gehe sie ein. Ein Eltern-Kind-Tanzkurs sei beispielsweise mehrfach nachgefragt worden und soll künftig ins Programm aufgenommen werden, erzählt  die frischgebackene Studioinhaberin.

Darüber hinaus bietet sie festen Tanzunterricht wie Hip-Hop für junge Erwachsene, Paartanz und Fitness-Tanzkurse nach dem Drop-in-Prinzip an. Für mich als Lokaljournalistin mit abwechslungsreichem Terminkalender ist das die ideale Möglichkeit, endlich meinem lang gehegten Tanz-Wunsch nachzukommen.

„Es ist einfach nur schön, sein eigener Chef zu sein“, schwärmt die frischgebackene Tanzstudioinhaberin Camilla Muxoll Søberg. Foto: Annika Zepke

Und so stehe ich am Mittwoch pünktlich um 18 Uhr im Tanzstudio und bin offenbar die Einzige, die an diesem Tag Lust auf eine Dreiviertelstunde Latin-Dance hat. Kurz bin ich gewillt, einen Rückzieher zu machen, doch Camilla Muxoll Søberg versichert mir, dass der Tanzkurs auch mit nur einer Teilnehmerin stattfindet, wenn ich möchte. Also zahle ich meine 45 Kronen Gebühr, und ab geht die Luzi – oder fast. Wir fangen erst einmal gemächlich mit einem Salsa-Grundschritt an.

Mit dem kann selbst ich etwas anfangen, deren Tanzerfahrung über einen Zumba-Kurs im Fitnessstudio und einige Ballettstunden im Alter von vier Jahren – bei denen ich mit Gummibärchen zum Mitmachen „motiviert” werden musste – nicht hinausreicht.

Nicht aus dem Takt zu bringen

Beim nächsten Song werden die Bewegungsabläufe schon etwas komplexer – und zumindest bei Camilla Muxoll Søberg sieht es inzwischen nach richtigem Tanzen aus. Ich hingegen versuche im wahrsten Sinne des Wortes Schritt zu halten. An Grazie oder gar ein entspanntes Lächeln ist (noch) nicht zu denken – erst einmal ist meine gesamte Hand-Fuß-Koordination gefragt.

Doch die leidenschaftliche Tänzerin versteht es, zu motivieren, und schon bald habe ich meine Tanzhemmungen vergessen. Selbst ein Grinsen kann ich mir nicht mehr verkneifen – ob wegen der gute Laune versprühenden Musik oder meinem amüsanten Anblick im überdimensional großen Spiegel sei dahingestellt. Ehe ich mich versehe, ist die Dreiviertelstunde vorbei, und die nächsten Tanzbegeisterten kommen zu ihrer wöchentlichen Hip-Hop-Einheit ins Studio.

Bevor ich gut gelaunt die Tanzsschule verlasse, brennt mir jedoch noch eine Frage auf der Zunge: „Wie schaffst du es bloß, dich von so unkoordiniertem Gehampel nicht aus dem Konzept bringen zu lassen?“ „Ich unterrichte seit ich 13 bin und habe auf der Tanzfläche schon so ziemlich alles gesehen“, sagt Muxoll Søberg lachend, „mich bringt nichts mehr aus dem Takt!“

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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