Deutsche Minderheit

Deutsche Schule Sonderburg feiert 75. Geburtstag

Deutsche Schule Sonderburg feiert 75. Geburtstag

Deutsche Schule Sonderburg feiert 75. Geburtstag

Sonderburg/Sønderborg
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Schulleiterin Henriette Tvede Andersen neben dem Schild an der Arnkilgade Foto: Karin Riggelsen

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Die Deutsche Schule Sonderburg feiert am Freitag ein Jubiläum. In der zweisprachigen Schule mit dem guten Ruf hat sich in den vergangenen 75 Jahren viel getan.

Am 7. November 1959 feierte ein großer moderner Rotstein-Neubau im früheren Brauereigarten an der Arnkilgade offiziell Einweihung. Dort liegt seitdem die Deutsche Schule Sonderburg, wo heute mit der höchsten Schülerzahl –  226 Mädchen und Jungen – in zwei Sprachen und mit zwei Kulturen unterrichtet wird.

Die Schule der deutschen Minderheit ist eine Erfolgsgeschichte – und feiert am Freitag Geburtstag. Der Geburtsort der deutschen Schule in Sonderburg lag nicht an der Arnkilgade, sondern am Ringridervej.

Dort startete die Schule am 15. Oktober 1946 mit drei Klassen und 70 Schülern in den Räumen der deutschen Jugend. „Es war eine bedeutsame Stunde für das Deutschtum in Nordschleswig. Ein erster Grundstein zum neuen deutschen Schulwesen war gelegt“, stellte damals die Tageszeitung „Der Nordschleswiger" fest.

Lehrerteam besteht aus 26 Frauen und Männern

Hinzu kamen in den nächsten Jahren eine neue Sporthalle und wegen der steigenden Kinderzahlen ein weiteres Schulgebäude. In der Schule der Zweisprachigkeit lernen die Mädchen und Jungen die deutsche und die dänische Kultur kennen. Das Lehrerteam besteht aus 26 Frauen und Männern. 

Aber was macht die Deutsche Schule Sonderburg so speziell? Schulleiterin Henriette Tvede Andersen lächelt: „Es sind die Kollegen, die hier arbeiten. Wir haben eine sehr gute Arbeitsatmosphäre und eine ausgezeichnete Kommunikation. Wir wissen, wo unsere Stärken und unsere Schwächen sind. Es ist nicht meine und deine, sondern unsere Schule." 

Für die Lehrer ist die Schule nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung. „Von allen wird etwas extra gemacht", so das große Lob der Schulleiterin. 

 

Beim heutigen digitalen Unterricht kommen die Schüler zur Tafel. Foto: Karin Riggelsen

Gab es in der „märchenhaften Schule“, so Schulleiter Helmuth Petersen beim Jubiläum zum 50-jährigen Bestehen, noch einen großen Tag mit Festakt, Einweihung der Bühne, Kinderfest und Tanz, wird am Freitag nur ein kleines internes Fest in der Schule stattfinden. Erst im kommenden Frühjahr soll auch für Gäste von außen eine Party in der Schule arrangiert werden.

Schule kann stolz auf sich sein

Inke Hansen gehört seit 1997 zum festen Lehrerteam der deutschen Schule. Sie und ihr Mann Edgar Claussen sind die „ältesten“ Lehrer an der Deutschen Schule Sonderburg.

Die Deutsche Schule Sonderburg könne stolz auf sich sein, so die Lehrerin. „Wir sind eine unglaublich lebendige Schule, und wir haben ein Wahnsinnsangebot. Das kann man nur, wenn man ein gutes Team hat und flexibel ist.“

Das Glasmosaik im ersten Gebäude Foto: Karin Riggelsen

„Wir haben viele Kollegen, die Spezialisten sind. Michael Kindl zum Beispiel mit Theater, Edgar Claussen mit dem Sport und Brigitte Hardt mit ihrer Musik und dem Chor“, zählt Inke Hansen auf. „Dadurch stehen wir auch so gut da. Wir machen nicht Dienst nach Vorschrift, sondern wir machen alles 150 Prozent“, erklärt die Fachlehrerin voller Begeisterung. Wenn ein gutes Team kreativ geleitet wird, dann kann man auch eine gute Schule haben."

2020-Jubiläum hat viel gebracht

Die einstige Skepsis gegenüber den deutschen Institutionen gebe es heute so gut wie überhaupt nicht mehr. „Es gibt sie noch in einigen Köpfen. Sie hat sich aber schon ziemlich abgeflacht. Das vergangene Jahr mit dem 100-jährigen Jubiläum der Grenzziehung hat ganz viel gebracht“, stellt Inke Hansen fest.

„Es wurde politisch wahrgenommen und in der Presse beschrieben, und wir haben auch sehr intensiv mit den Schülern damit gearbeitet. Die Wahrnehmung in der Mehrheitsbevölkerung von uns ist anders hier in Sonderburg. Allein das Museum. Was das für eine Strahlkraft hat, und wie viele Besucher dorthin kommen. Das hat zur Integration ganz viel beigetragen. Die Wahrnehmung ist positiver geworden", so Inke Hansen.

Der frühere Schulleiter Helmuth Petersen Foto: Karin Riggelsen

„Auch unser eigener Umgang mit der Geschichte ist offener geworden. Es ist nicht mehr so, dass die Schüler verstecken müssen, dass sie von einer deutschen Schule kommen“, meint sie. Die Deutsche Schule Sonderburg sei heute voll respektiert.

„Wir arbeiten auch mit den anderen Schulen viel enger zusammen. Bei der kürzlichen NIM-Woche (Natur im Mittelpunkt) wurden wir von der ,Statsskole’ eingeladen. Dann gehen wir dorthin. Wir werden als deutsche Schule genauso eingeladen wie alle anderen kommunalen Schulen“, so Inke Hansen.

Ob SSP – die Zusammenarbeit von Schule, Kinder und Familie sowie Polizei, ein Kinobesuch oder andere Angebote – die deutsche Schule ist überall mit dabei. „Wir nutzen alles und sind auch bekannter geworden. Wir stoßen jetzt nicht mehr auf Ablehnung. Wir haben ja auch mehr dänische Kinder", so Inke Hansen. 

Unterricht ist heute anders

Schüler können heutzutage im Schulunterricht nicht mehr 45 Minuten dem Lehrer nur zuhören. Es muss was passieren. „So ist unsere Welt heute gestrickt. Das ruhige, gezielte Arbeiten, da muss man sehr drauf hinarbeiten“, so Inke Hansen, die auf die sozialen Medien hinweist.

Der Artikel über das Jubiläum zum 50-jährigen Bestehen der Deutschen Privatschule Sonderburg Foto: Der Nordschleswiger
Berichterstattung von der Feier zum 50. Geburtstag der Deutschen Privatschule Sonderburg Foto: Der Nordschleswiger

Bei Corona ist den Kindern auch aufgefallen, dass ihnen die echten Freunde fehlten. Eine Vereinsamung vor dem Computer gibt es überall. Hinzu kommt, dass Familien heute mehr umziehen. Einige Kinder erhalten heute psychologische Hilfe, wo es früher noch ein Tabu war, wenn einfach zu viel um die Jungen und Mädchen passierte.  

Schule mit gutem Ruf

Der ganz große Unterschied zu früher ist das digitale Zeitalter im Unterricht. „Als ich einst bei Helmuth Petersen anfing, da haben wir noch an die Tafel geschrieben. Da war der Unterricht mehr frontal. Die Unterrichtsmethode heute ist anders. Alle bringen einen Computer ab fünfter Klasse mit. Heute müssen die Schüler selbstständiger arbeiten und in Gruppen kooperieren können“, stellt Inke Hansen fest.

Das digitale Zeitalter wurde vor rund zehn Jahren an der Deutschen Schule Sonderburg eingeführt.

Henriette Tvede Andersen mit einem alten Stundenplan Foto: Karin Riggelsen

Es gibt heute keine Ablehnung gegen das  Deutsche mehr. Es gab mal eine gewisse Berührungsangst. Wenn man heute angibt, von einer deutschen Schule zu kommen, dann zeigen die anderen ein großes Interesse. „Unser Ruf ist einfach auch gut. Wie macht ihr das, fragen sie. Das Interesse an unserer Schule ist größer geworden“, so Inke Hansen. 

Zweisprachigkeit ein großes Plus

Ganz bewusst wird mit der Identität der deutschen Minderheit gearbeitet. Es ist ein Gewinn, Deutsch und Dänisch zu können. Das ist ein Plus. 

Am 1. August 2020 übernahm Henriette Tvede Andersen die Leitung der Deutschen Schule Sonderburg. Sie hat vorher schon 13 Jahre lang an der Schule in der Arnkilgade unterrichtet, ging dann vier Jahre an die deutsche Schule in Apenrade (Aabenraa) und kam anschließend als neue Leiterin nach Thomas Mühlhausen wieder nach Sonderburg.

Digital und selbstständig arbeiten

„Es hat sich ja viel getan.  Wir haben uns mit der Zeit entwickelt. Wir versuchen, die Schüler so gut wie möglich zu begleiten in ihrem Lernprozess. Aber jetzt begleiten wir sie anders. Es werden mehr Anforderungen an die Schüler und auch an uns gestellt“, so Henriette Tvede Andersen. Heute bestehen die Lernprozesse aus bedeutend mehr Gruppenarbeit und Projekten.

Früher war eine Klassenlehrerin immer dabei. Nun werden die Kinder im Zuge der Jugendausbildung auch in andere Schulen geschickt, um sich dort Informationen zu holen. Die Kinder müssen heute eigenständig lernen können. 

Pläne und Träume für die Zukunft

An der Deutschen Schule Sonderburg läuft es rund. Pläne hat die Schulleiterin aber trotzdem für die Zukunft. 

Henriette Tvede Andersen leitet die deutsche Schule, an der aktuell 232 Kinder in den Klassen 0 bis 10 unterrichtet werden. Foto: Karin Riggelsen

„Unser Motto ist: zwei Sprachen und zwei Kulturen. Dass wir die Kulturen noch mehr leben und dass es auch für die Kinder transparenter wird. Dass sie deutsche und dänische Kultur besser unterscheiden können. Sie machen manchmal Sachen, zum Beispiel die Einschulung mit einer Schultüte. Das ist eine Tradition, aber auch Kultur. Oder Laternelaufen. Heute haben wir Laternebasteln, durch die Straße gehen und Lieder singen ist eine deutsche Kultur. So macht man das in Deutschland", so Henriette Tvede Andersen.

Zwei Kulturen – nicht nur ein Spruch

„Die zwei Kulturen wirklich ausleben, und wir besuchen die dänischen Institutionen, das Fröslev-Lager oder Historiecenter. Wir lesen dänische Literatur und singen dänische Lieder. Die Kinder sollen merken, dass wir in zwei Kulturen leben. Das ist ist nicht nur ein Spruch, sondern es wird auch wirklich umgesetzt“, sagt die Schulleiterin.

Der Kern der deutschen Minderheit schickt weiterhin seine Kinder in die deutschen Institutionen. Hinzu kommen aber auch dänische und deutsche Familien oder Familien mit einer ganz anderen Kultur. „Wir sind ein Teil der Gesellschaft, der einfach akzeptiert wird. Da hat sich viel getan“, so die Schulleiterin.

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