Lebensgeschichte

Goldschmied Manfred: „Wichtig ist, die Hoffnung nicht zu verlieren“

Goldschmied Manfred: „Wichtig ist, die Hoffnung nicht zu verlieren“

Goldschmied Manfred: „Die Hoffnung nicht verlieren"

Sonderburg/Sønderborg
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Manfred Klingenberg Jensen ist Elektriker, Pädagoge und Schmuckhersteller und sagt: „Ich habe nie meinen Lebensmut verloren.“ Foto: Karin Riggelsen

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Manfred Klingenberg Jensen ist ein Kind des Grenzlandes. Aufgewachsen mit einem Vater, der als deutscher Soldat in Stalingrad einen Arm verloren hatte. Der 72-Jährige hat im Laufe der Jahrzehnte eines gelernt: Ein gutes Leben muss man sich selbst schmieden. Hier ist seine Geschichte.

Manfred Klingenberg Jensen lebt seit 1951 im deutsch-dänischen Grenzland. Geboren und aufgewachsen in Guderup, lebt er seit einigen Jahren in Sonderburg. Der 72-Jährige hat im Laufe seines Lebens viele Rollen ausgefüllt. Er war Angestellter, Monteur, Elektriker, Wirtshausbesitzer, Pädagoge und Kindergartenleiter, war verheiratet und ein Familienvater.

Heute ist Manfred Klingenberg in Rente. Er lebt mit seiner französischen Bulldogge in seinem Haus in Sonderburg und ist geschieden. Nebenbei arbeitet er als Goldschmied und Assistent des lokalen Hafenmeisters. Wo ein Weg endet, beginnt ein neuer, das weiß Manfred Klingenberg Jensen aus eigener Erfahrung.

Plötzlich arbeitsunfähig

Als gelernter Elektriker endet sein bisheriger Arbeitsalltag 1998 jäh und schmerzhaft. „Ich wurde nach einem Arbeitsunfall mit einer Waschmaschine arbeitsunfähig. Ich musste ein Jahr lang in Krankenhäusern behandelt werden, da ich mir Nerven zwischen Rücken und Bein durchgerissen hatte und nicht mehr gehen konnte“, erinnert sich der 72-Jährige, der bei seinem Unfall als Elektriker gearbeitet hatte. „Daraufhin musste ich mich neu orientieren, ich war arbeitsunfähig und das Kunsthandwerk war ein neuer Weg.“

Aus Edelmetallen formt der 72-Jährige seine Schmuckstücke. Foto: Karin Riggelsen

Sein Vater war überzeugter Nationalsozialist und kehrte als Kriegsinvalide nach Sonderburg zurück. Manfred ist überzeugter Lebensidealist. Sein Motto: „Wenn das Leben hart zu dir ist, dann musst du es dir wieder zurechtbiegen und etwas Schönes daraus machen.“

Dieses Lebensmotto setzt er täglich in seiner Schmuckwerkstatt in die Tat um. Dort verarbeitet er Edelmetalle zu massiven Schmuckstücken. Ein Kunsthandwerk, das er nach seiner schweren Rückenverletzung in der Volkshochschule Jarplund erlernte.

Ein Ehering für die Tochter

Als seine Tochter heiraten wollte, schmiedete Manfred Klingenberg Jensen 2020 ihr den Ehering. „Das war mein größter Wunsch, und auf dieses Schmuckstück bin ich besonders stolz.“

Seine Schmuckstücke aus Gold und Silber verkauft er unter anderem im Geschäft „De Kreative“ in der Sonderburger Perlegade, und über seine Instagram-Seite. Auch beim Weihnachtsmarkt im Sonderburger Schloss hatte er einen Verkaufsstand.

Die Eltern von Manfred Klingenberg Jensen bei ihrer Hochzeit Foto: Privat
Der Handwerkskünstler schmiedet Ringe, Armbänder, Ohrringe und Ketten. Foto: Karin Riggelsen

Manfreds Vater war deutscher Nordschleswiger und sympathisierte mit den Nationalsozialisten. Er meldete sich für den Kriegseinsatz. Er wurde in Stalingrad schwer verletzt, verlor seinen Arm. „Er ging von Russland nach Wien, von dort aus kehrte er nach Sonderburg zurück, wo er zwei Jahre lang im Sonderburger Schloss in Gefangenschaft saß“, erzählt Manfred Klingenberg Jensen. „Danach hat er meine Mutter geheiratet.“

Als der Sohn Manfred 1951 zur Welt kommt, lebt die Familie in Guderup. Der Vater schlägt sich als Fischverkäufer durch und verkauft mit dem Fahrrad geräucherten Fisch. Die Familie lebt in Armut und muss immer wieder umziehen. Die Nazi-Vergangenheit des Vaters macht die Familie vielerorts unerwünscht.

„Das ist heute hier in Nordschleswig zum Glück anders. Deutsche und Dänen leben miteinander. Ich hatte den Schmuckstand im Sonderburger Schloss übrigens zusammen mit einer sehr guten Freundin und deren Tochter aus Kiel.“

Den Keller mit einem Arm ausgraben

„Ich erinnere mich an mehrere Male, bei denen wir aus der Wohnung geworfen wurden, auch weil wir kein Geld hatten. Einmal wohnten wir in Guderup in der Feuerwehrwache. Aber mein Vater hat sich immer wieder durchgekämpft und irgendwie hat er uns durchgebracht. 1959 hat er ein Haus gebaut. Den Keller hat er selbst ausgegraben – mit nur einem Arm. Diese Seite an ihm konnte ich nur bewundern.“

Dieser Kampfgeist habe sich auch in ihm geregt, als er schwer verletzt war, sagt Manfred Klingenberg Jensen. „Mein Herz hat irgendwann geschwächelt, weil ich so viel Medizin einnehmen musste. Aber ich habe nie meinen Lebensmut verloren.“

In der Schmiedewerkstatt von Manfred Klingenberg Jensen Foto: Karin Riggelsen
Manfred Klingenberg Jensen in seinen 30ern. In dieser Zeit arbeitete er in der Reklameabteilung von Danfoss und war viel auf Reisen. Foto: Privat

Für die letzten Jahre seines Arbeitslebens sattelte Manfred Klingenberg Jensen noch einmal um. Er ließ sich in Hadersleben zum Sozialpädagogen ausbilden, arbeitete als Leiter eines Kindergartens in Guderup und beendete sein Berufsleben als Sonderpädagoge an einer Schule in Broacker (Broager).

Die große Liebe liegt am Hafen

Doch auch im Ruhestand erfand er sich noch einmal neu – und heuerte kurzerhand als Assistent des Hafenmeisters in Sonderburg an. „Das macht mir einfach Spaß, ich bin draußen, habe Arbeit und bin nah an meiner großen Liebe, meinem Boot, das im Hafen liegt“, sagt der stolze Schiffsbesitzer.

Manfred Klingenberg Jensen sagt: „Nach Regen kommt immer wieder die Sonne raus. Es ist der Gang der Natur, dass es nicht immer nur schwarz und schlecht ist.“ Foto: Karin Riggelsen


Seine Werkstatt-Grundausstattung hat er von einem Goldschmied in Hadersleben (Haderslev) abgekauft. Über die Weihnachtszeit und Neujahr wird Manfred Klingenberg Jensen damit das ein oder andere Schmuckstück herstellen und über das Leben nachdenken.

 

„Wichtig ist, nach vorn zu blicken“

„Ich hatte ein gutes Leben und durfte viel erleben. Nach Regen kommt immer wieder die Sonne raus. Es ist der Gang der Natur, dass es nicht immer nur schwarz und schlecht ist.“

Das Leben sei nicht immer leicht, stellt Manfred Klingenberg Jensen fest. „Gesundheitlich habe ich immer wieder schwere Zeiten erlebt. Wichtig ist, die Hoffnung nicht zu verlieren. Sich nicht zu viele Sorgen und Gedanken zu machen, sondern nach vorn zu blicken. Ansonsten wird es nur schlimmer. An dem Tag, an dem ich sterbe, kann ich sagen: Ich habe das Beste daraus gemacht. In guten und in schlechten Zeiten.“

Aus der Vorlage entsteht ein Schmuckstück. Foto: Karin Riggelsen
Eine Auswahl verschiedener Schmuckstücke Foto: Karin Riggelsen
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