Deutsche Minderheit

Osterhoist: Neues Leben für ehemalige deutsche Schule

Osterhoist: Neues Leben für ehemalige deutsche Schule

Osterhoist: Neues Leben für ehemalige deutsche Schule

Osterhoist/Øster Højst
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Schulleiterin Katharina Krebs aus Huntlosen in der Turnhalle in Osterhoist. Foto: Monika Thomsen

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Die frühere Bildungsstätte steht an der Schwelle zu einer neuen Zukunft als Landschulheim. Die neuen Besitzer aus Niedersachsen gewähren einen Einblick in die Pläne.

Entlang der Hauptverkehrsader durch Osterhoist schien es lange, als ob die frühere deutsche Schule noch genauso unberührt daliegt, wie seit ihrer Schließung vor fast fünf Jahren aufgrund einer rückläufigen Kinderzahl.

Der äußere Eindruck täuscht jedoch. Im Inneren des Schulgebäudes und des früheren Kindergartens tut sich in baulicher Sicht allerhand. Wände werden neu gezogen, Badezimmer eingebaut, Farbe ist im Einsatz und Notausgänge sind in der Planung.

Die Gebäude werden von der Freien Humanistischen Schule in Huntlosen in der Nähe von Oldenburg in Niedersachsen zu einem Schullandheim für 25 bis 30 Personen umfunktioniert.

„Wir hoffen, dass wir im Sommer 2024 so weit sind, sodass die Ersten hier übernachten können“, sagt Schulleiterin Katharina Krebs. Geplant ist, dass die Schülerinnen und Schüler aus der Nähe von Oldenburg jeweils für ein bis zwei Wochen ins Schullandheim ins 350 Kilometer entfernte Osterhoist kommen.

Kaufvertrag vor neun Monaten unterzeichnet

Im November 2022 hatte die Grund- und Oberschule aus Huntlosen die Liegenschaft vom Deutschen Schul- und Sprachverein für Nordschleswig (DSSV) gekauft. Mit der Pädagogik und dem Humanismus als Schlagwörter arbeitet die Schule nach einem alternativen pädagogischen Konzept.

Neun Monate später ist dann auch die Grundbucheintragung unter Dach und Fach.

„Unsere alternative Schule erlebt einen wahnsinnigen Run. Wir haben jetzt 90 Schüler und wollten eigentlich nur 70. Ich finde es wichtig, dass man jedes Kind mit dem Namen kennt“, sagt Katharina Krebs an einem warmen Spätsommernachmittag in Osterhoist. In Niedersachsen würde es mittlerweile zehn bis 15 Schulen in freier Trägerschaft geben.

Nach außen hin hat sich scheinbar nicht viel verändert. Foto: Monika Thomsen

Grund- und Oberschule

Die Grund- und Oberschule in freier Trägerschaft gibt es seit zehn Jahren in ihrer jetzigen Form. Die Schule für die Altersgruppe von sechs bis 18 Jahre wird vom deutschen Staat bezuschusst. Die Eltern zahlen Schulgeld, das nach dem Einkommen gestaffelt ist und bei Geschwistern gibt es Ermäßigung.

„Das jüngste Kind, das angemeldet worden ist, war noch im Bauch“, sagt Katharina Krebs mit einem Lächeln. Die Einrichtung nimmt auch Quereinsteiger. „Es gibt immer wieder Kinder, die in der Regelschule nicht zurechtkommen. Wir alle gründen diese Schulen wegen unserer Kinder“, erläutert die Schulleiterin.  

„Als Kind wäre ich hochgeklettert“, sagt Katharina Krebs lächelnd. Foto: Monika Thomsen

Gemüse- und Obstanbau auf dem Sportplatz

Platz sei sehr wichtig. Davon gibt es in Osterhoist mit den Gebäuden und dem 1,5 Hektar großen Sportplatz genug. „Hier kommt ein großes Gemüsebeet hin. Dabei nehmen wir Sorten, die nicht ständig gegossen werden müssen“, erzählt Katharina Krebs beim Gang über das Außengelände.

Auf dem Sportplatz sind die Weichen dafür gestellt worden, dass im Herbst Bäume und Büsche gepflanzt werden können. Wichtig sei, dass sie Früchte erzeugen.

„Einige Kinder gehen vielleicht morgens als Erstes ins Gemüsebeet, um zu frühstücken. Die Kinder kennen sich und haben viel Freiheiten. Wir haben kleine Gruppen von drei, vier, oder sieben Schülerinnen und Schüler, aber nie mehr als acht“, erzählt Katharina Krebs. Zu den Standardfächern Deutsch, Mathe und Englisch gesellen sich zum Beispiel Breakdance und Selbstverteidigung.

Katharina Krebs auf dem Sportplatz, wo Gemüse und Obst angebaut werden soll. Foto: Monika Thomsen

Alle Wünsche außer Japanisch erfüllt

„Bisher haben wir alle Wünsche erfüllen können, außer Japanisch. Wir achten darauf, dass die Schülerinnen und Schüler in der Grundschule lesen und schreiben lernen und holen sie über ihr Interesse heran. Es ist unsere Hoffnung, dass wir einen Punkt finden, wofür die Kinder brennen. Meistens suchen sie sich einen Bereich aus, den sie dann die ganze Schulzeit machen“, erzählt sie.

„Wir gehen davon aus, dass die Kinder etwas lernen wollen. Sie sind wissbegierig und man muss sie da abholen, wo sie sind“, so die Schulleiterin.

Wenn die Schülerinnen und Schüler einen Abschluss machen wollen, welches ihnen frei steht, wird dieser in Kooperation mit einer staatlichen Schule abgenommen.

Ein Klassenzimmer ist mit einer Trennwand zu zwei Schlafräumen verwandelt worden. Foto: Monika Thomsen

Humanismus als Oberthema

„Das Landschulheim ist für unsere Schüler, andere Schulen oder auch andere Gruppen mit dem Oberthema Humanismus gedacht“, erläutert die Schulleiterin.

Zwei Handwerker aus dem Elternkreis befassen sich mit dem Innenausbau der Räumlichkeiten. Auch ehemalige Eltern engagieren sich ehrenamtlich.

Ich übe mich in Gelassenheit, wenn es langsam oder schiefgeht und mache einen Schritt nach dem nächsten. Wir sind hier sehr offen aufgenommen worden.

Katharina Krebs

„Oben planen wir noch einen Ausbau und eine große Gaube“, erzählt die Schulleiterin im früheren Kindergarten, wo es nach frischer Farbe duftet. In der Turnhalle wiederum stehen gespendete Möbel für die Einrichtung der umgestalteten Räume.

Florian Degering gehört zu den professionellen Handwerkern aus dem Elternkreis, die den Innenumbau mit Unterstützung von autorisierten Fachkräften stemmen. Foto: Monika Thomsen

Zwölf Monate auf der Suche

Katharina Krebs hat ein Jahr lang in Dänemark nach einem Domizil gesucht, bevor sie in Osterhoist fündig wurde. „Es liegt hier schön zwischen den zwei Meeren. Es ist nett und schön hier und so ruhig und der Abstand ist passend“, sagt die 63-Jährige.

„Ich hoffe, dass wir im Sommer 2024 mit dem Umbau fertig sind. Ein Teil der Problematik besteht darin, die Dinge von Deutschland aus zu machen“, erzählt sie.

Auch im oberen Geschoss des Hauptgebäudes tut sich einiges. Foto: Monika Thomsen

Indes seien die Mädchen aus der achten und neunten Klasse ungeduldig. „Sie wollen gerne herkommen, und es schön machen“, sagt sie lächelnd.

Vorher gibt es aber noch so einiges in Eigenbauarbeit zu tun. Abgesehen von den Arbeiten mit Gas, Wasser und Strom, die werden von autorisierten Fachkräften ausgeführt. So ist zum Beispiel an diesem Tag der Elektriker Kurt Carstensen aus einem Elektrobetrieb aus Tondern (Tønder) vor Ort, der seinerzeit selbst die Schule besucht hat.

Erwartungsvolle Mädchen und Jungen

Der frühere „Jugendraum“ steht auch weiterhin für die Skatabende in Regie der Minderheit zur Verfügung.

„Ich übe mich in Gelassenheit, wenn es langsam oder schiefgeht und mache einen Schritt nach dem nächsten. Wir sind hier sehr offen aufgenommen worden. Anke, Georg und Tina und Gert unterstützen, wo sie können. Das ist toll“, so die Katharina Krebs in Bezug auf Anke Tästensen, Schulrätin des DSSV, Tina und Gert Sørensen sowie Georg Thomsen aus der Umgebung.

Für den neuen Nutzungszweck werden neue Wände gezogen und auch Wände eingerissen. Foto: Monika Thomsen

„Die Kinder sind so gespannt und wollen unbedingt kommen“, sagt Katharina Krebs. Und im Dorf wird es allgemein begrüßt, dass der Leerstand ein Ende hat.

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Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
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