Millionen-Projekt in Schleswig-Holstein
Für den Klimaschutz – Mobil im Moor
Für den Klimaschutz – Mobil im Moor
Für den Klimaschutz – Mobil im Moor
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Ein deutschlandweit einzigartiges Projekt der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein will Landwirtschaft und Klimaschutz in Einklang bringen
Zum Mäheinsatz muss niemand Kai Wiese groß bitten. Schnell steigt der Maschinenführer in das Gefährt, auf dem noch „Pisten Bully“ steht, tritt aufs Gas und brettert über den matschigen Moorboden, dass die nasse Erde nur so spritzt.
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Ein paar Meter weiter steht Leif Rättig von der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein auf dem matschigen Grund, den er schützen will, und nickt zustimmend. „Die Mähraupe kann schon was“, sagt er und schaut zu, wie Wiese auf dem, was mal ein See war, eine Bahn nach der anderen von lockerem Bewuchs befreit, damit Wiesenvögel dort gute Brutbedingungen haben.
Was Wiese da macht, soll einmal der Klimaschutz der Zukunft sein – und das nicht nur in der Eider-Treene-Sorge-Region, in der der Maschinenführer gerade seine Kreise zieht. Denn die Stiftung Naturschutz hat ein bundesweit einzigartiges Projekt an Land gezogen, das der Bund mit 12,4 Millionen Euro fördert. Dazu kommen noch einmal 3,1 Millionen, die die Stiftung selbst aufbringt. Dafür haben die Naturschützer einen Hof in Erfde (Kreis Schleswig-Flensburg) gekauft, den sie zur Klimafarm ausbauen wollen.
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„Die Idee ist, Moore optimal wieder zu vernässen, so dass sie so viel CO2 wie möglich binden – und gleichzeitig der Landwirtschaft alternative Einnahmequellen zu eröffnen“, sagt Rättig. Denn bislang landet das, was Wiese auf den Stiftungsflächen abmäht, oft in Biogasanlagen. „Das kostet eher Geld als das es etwas einbringt“, sagt Rättig. Und genau das will er ändern. Geschützte Flächen sollen als Grünland bewirtschaftet werden, so dass Bauern damit etwas verdienen. Die Stiftung will sie so motivieren, intensiv bewirtschaftete Flächen für den Naturschutz zu öffnen.
Zweimal im Jahr ist Wiese mit seiner Mähraupe auf den Moorflächen der Stiftung im Einsatz. Das Gerät ist fast 40 Jahre alt – wie der Name verrät, war es lange auf Skipisten in Garmisch-Partenkirchen im Einsatz. Vor fast zehn Jahren kam die Raupe in den Norden, wurde so umgebaut, dass sie auf extrem nassen Flächen vorankommt. Der Druck, den die Raupe auf den Boden ausübe, entspreche auf einem Quadratzentimeter nur ein Zwanzigstel von dem was ein menschlicher Fuß verursache, sagt Rättig. Das 3,50 Meter breite Gerät ist so konstruiert, dass es auch im Moor mobil bleibt.
Damit das, was die Raupe abmäht, besser genutzt werden kann, wollen die Naturschützer auf der Klimafarm verschiedene Verwertungsketten ausprobieren. „Das Mahdgut wird getrocknet und zu Pellets gepresst“, erklärt Rättig. Daraus könnten Biokohle oder Papier entstehen. „Uns ist dabei wichtig, dass die Wege des Materials überschaubar bleiben, damit wir auch so etwas für den Klimaschutz tun können.“
Wissenschaftliche Begleitung
Begleitet wird das auf zehn Jahre angelegte Projekt von Wissenschaftlern der Uni Kiel, die permanent kontrollieren, wie sich die Veränderung des Wasserspiegels auf den Ausstoß von CO2 aus dem Moor auswirkt.
Ob und wann die Ernte und die Verwertung des Schnittguts so gut läuft, dass es auch rentabel wird, ist unklar. „Es ist ja gerade Ziel der Klimafarm das hinzubekommen“, sagt Rättig. Und davon wird auch abhängen, ob Bauern das als Geschäftsmodell akzeptieren.
Projekt läuft zehn Jahre
Bis das geschafft ist, wird Maschinenführer Kai Wiese noch einige Runden in seiner Mähraupe drehen müssen – und dabei hält ihn so schnell kein Moor auf: „Bislang bin ich noch überall durchgekommen.“