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Kaputt, feucht und gammelig: Wohin mit Kappelns Wikingerschiff „Haithabu“?

Kaputt, feucht und gammelig: Wohin mit Kappelns Wikingerschiff „Haithabu“?

Wohin mit Kappelns Wikingerschiff „Haithabu“?

Rebecca Nordmann/shz.de
Kappeln
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Hinter einer Halle steht die „Haithabu“ auf dem Werftgelände von Henning Mittelmann. Das Wikingerschiff war der Botschafter Schleswig-Holsteins auf der Weltausstellung Expo 2000 in Hannover. Foto: Rebecca Nordmann/shz.de

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Seit einigen Jahren steht Kappelns „Expo“-Wikingerschiff fernab von aller Öffentlichkeit auf einem Werftgelände. Sein Zustand ist ziemlich trostlos. Jetzt soll es die Wikingerstadt Schleswig schmücken. Das gefällt aber nicht jedem Kappelner.

Wie lange das Wikingerschiff schon hinter der Halle auf seinem Werftgelände steht, weiß Henning Mittelmann gar nicht so genau. Zwei oder drei Jahre, schätzt er. Davor hatte es einige Zeit vor dem „Pierspeicher“ gestanden. Und davor bei der Weltausstellung 2000 in Hannover.

Boot hat durch das lange Rumstehen Schaden genommen

Unübersehbar ist: Das lange Rumstehen ist dem Boot nicht gut bekommen. Es ist kaputt, das Holz ist aufgeweicht, an einigen Stellen sprießen Pilze hervor. „Jetzt ist der Punkt, an dem dringend etwas damit geschehen müsste“, sagt auch Henning Mittelmann.

Rückblick: Wikingerschiff „Haithabu“ – Blickfang am Kappelner Hafen

Seine Nachbarn, die Schleswiger Werkstätten, die direkt neben Mittelmanns Werft den Ostsee-Marine Service betreiben, sehen das offenbar genauso. Sie haben der Stadt gegenüber erklärt, das Schiff gerne übernehmen zu wollen, es selbst wieder in Schuss zu bringen, um es anschließend in Schleswig auszustellen.

Wikingerstadt Schleswig

Das passt insofern recht gut, als dass sich Schleswig zur Wikingerstadt erklärt hat und auch ein entsprechendes Stadtlogo trägt – ganz ähnlich übrigens wie die Schleswiger Werkstätten.

Allerdings: Das Wikingerschiff mit dem Namen „Haithabu“ war bei der Expo 2000 Botschafter Schleswig-Holsteins im deutschen Pavillon. Zwei Jahre nach der Expo erwarb es die Stadt Kappeln für 60.000 Euro, knapp 17.500 Euro davon waren zuvor als Spenden gesammelt worden.

Erst im April 2011 fand es seinen Platz vor dem „Pierspeicher“, nachdem es zuvor auf dem Gelände der heutigen Schleiterrassen und ehemaligen Marinewaffenschule gelagert worden war.

Heringsstadt Kappeln

Die Überlegung, das „Expo-Boot“ nun unentgeltlich den Schleswiger Werkstätten zu überlassen, traf indes im Wirtschaftsausschuss der Stadt Kappeln nicht auf geschlossene Begeisterung. So hielt etwa Norbert Dick (Grüne) das Schiff, „auch wenn wir Heringsstadt sind und nicht Wikingerstadt“, für einen touristischen Anziehungspunkt. Zudem nannte er die kostenfreie Überlassung des Bootes gegenüber den damaligen Spendern „ziemlich gewagt“.

Auch Jürgen Strahl (SPD) mochte sich nicht vom Wikingerschiff trennen. Er plädierte dafür, Sponsoren zu suchen, die die fällige Sanierung unterstützen. Derweil sah Frank Germighausen (CDU) das Boot bei den Schleswiger Werkstätten eigentlich in guten Händen, wollte es aber gleichzeitig „nicht einfach so weggeben“.

Bodenbretter und Flagge im „Pierspeicher“-Keller

Auf dem Gelände von Henning Mittelmann frisst es zwar kein Brot, tatsächlich aber ist der Kappelner auch nicht verantwortlich für das städtische Eigentum. Er bietet ihm dennoch einen Standort auf Zeit, weitere Bodenbretter und eine Flagge, so erzählt er, würden noch im Keller des „Pierspeichers“ liegen.

Hoher Sanierungsaufwand

Die angegriffene Planke des etwa acht Meter langen und etwa zwei Tonnen schweren Schiffes wird, so vermutet Mittelmann, erst der Anfang des Verfalls sein. „So etwas Ähnliches wird auch an anderen Stellen passieren“, sagt er. Ohne wirklich Konkretes sagen zu können, schätzt der Experte den Sanierungsaufwand – sollte die Arbeiten ein professionelles Unternehmen übernehmen – auf einen fünfstelligen Betrag.

Und er wiederholt die in seinen Augen überfällige Notwendigkeit, die Reparatur des „Expo-Bootes“ nun endlich anzugehen. „Nicht dass das so endet, dass jemand zur Kettensäge greifen und kurzen Prozess machen muss“, prognostiziert er eine zwar noch nicht nahe, aber in Sichtweite befindliche Zukunft.

Suche nach geeignetem Standort

Sollte das Exponat der Weltausstellung, das Henning Mittelmann „relativ hochwertig“ nennt, doch auf städtische Kosten saniert werden und in Kappeln bleiben, schließe sich erneut die Suche nach einem geeigneten Standort an. Dafür konnte ad hoc auch kein Kommunalpolitiker einen Vorschlag liefern. Bürgermeister Joachim Stoll bat die Fraktionen jedoch um Zuarbeit bei der Beantwortung dieser Frage, ebenso um Ideen, wie Sanierung und künftige Nutzung zu gewährleisten seien.

Außerdem will sich der Ausschuss selbst ein Bild vom „Expo-Boot“ machen und dafür Henning Mittelmann auf seinem Betriebsgelände besuchen. Der kündigt bereits jetzt – gestützt durch die Erfahrung aus der Zeit, als das Ausstellungsstück vor dem „Pierspeicher“ stand – einen recht hohen Pflegeaufwand für das Schiff an, will man es langfristig erhalten.

Der angeschlagene Zustand des „Expo-Bootes“ verleitete Jürgen Strahl schließlich zu der Aussage: „Wir müssen uns eingestehen, dass wir das Schiff sträflich vernachlässigt haben.“

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