Virusinfektion

Rettungsanker: Fische können in den Handel

Rettungsanker: Fische können in den Handel

Rettungsanker: Fische können in den Handel

Renz/Rens
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Fischverarbeitung in der betriebseigenen Schlachterei in Renz Foto: Karin Riggelsen

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Der von der Fischkrankheit IHN betroffene Zuchtbetrieb in Renz hat gerade noch rechtzeitig eine Anlage zum Schlachten der Fische einrichten können. Ein Super-Gau kann damit vermutlich abgewendet werden.

Der Verzehr der Forellen ist für Menschen unbedenklich, und die Fische in den mit Eis gefüllten Kisten sehen recht appetitlich aus.

In der Renzer Fischzucht hat nach langem Hoffen und Bangen das Schlachten beginnen können.

Als in Renz eine Infektion mit dem für lachsartige Fische gefährlichen IHN-Virus (Infektiöse Hämatopoetische Nekrose) nachgewiesen worden war, war es ungewiss, ob das für Menschen unbedenkliche Fleisch überhaupt in den Handel kommen und der wirtschaftliche Schaden damit in Grenzen gehalten werden kann.

Deadline

Im April 2022 ist im wahrsten Sinne des Wortes Deadline für die insgesamt acht betroffenen Fischfarmen, darunter der Renzer Betrieb.

Dann müssen alle Fische entfernt und die Anlagen desinfiziert werden, und es muss eine sechs Wochen lange Zwangspause eingehalten werden, ehe man wieder bei Null anfangen und die Zucht neu aufbauen kann.

Alle Fische entsorgen – dieses existenzbedrohende Szenario bleibt dem Renzer Familienunternehmen erspart.

 

In der Renzer Fischzucht werden die Sonderauflagen für das Schlachten von Fischen mit IHN-Infektion erfüllt. Foto: Karin Riggelsen

Olaf Schmidt-Meyer und Sohn Henk ist es gelungen, eine Anlage für das Verarbeiten von potenziell infizierten Fischen genehmigt zu bekommen. Herkömmliche Schlachtereien erfüllen die Sonderauflagen nicht.

Sie einigen Tagen wird in dem neu eingerichteten Trakt in Renz geschlachtet.

Im Soll

„Wir haben schon ganz gut was geschafft. Etwa ein Drittel der Fische ist verarbeitet“, berichtet Henk Muus Meyer.

Während auf dem größten Teil der Anlage Fische für einen Branchenkollegen gezüchtet werden, hat Henk Muus Meyer auch einen eigenen Zuchtbereich.

Von den insgesamt 250 Tonnen Fisch, die in Renz geschlachtet werden sollen, sind etwa zehn Tonnen vom Jungunternehmer. Insgesamt geht es um mehrere Hunderttausend Fische.

Innereien und Spülwasser werden gesondert aufgefangen und später unter Einhaltung von Sicherheitsauflagen entsorgt. Foto: Karin Riggelsen

Bei aller Erleichterung, dass es kurz vor Toresschluss noch mit der Schlachterei geklappt hat, macht man in Renz nicht die großen Jubelsprünge.

Dass die Fische in den Handel können, sei angesichts der Gesamtsituation lediglich Schadensbegrenzung.

„Ohne Verkauf wäre es verheerend gewesen. Nun ist es aber immer noch schlimm“, bringt Henk Muus Meyer die angespannte Ausgangslage auf den Punkt.

Der Blick ist dennoch nach vorn gerichtet, und alles konzentriert sich erst einmal auf das Schlachten und Verkaufen der Fische.

Der Absatz gelingt zum Glück recht gut, auch wenn die aktuellen Preise für Fisch hin und wieder zu wünschen übrig lassen.

Abnehmer gefunden

„Das meiste geht nach Polen, es gibt aber auch Abnehmer in Deutschland“, so Henk Muus Meyer.

In der eigens für IHN-Fische ausgerichteten Schlachterei packt der 24-Jährige selbst mit an.

Bis zu vier Personen verarbeiten die Fische, deren Gewicht von einem bis drei Kilogramm variieren. Es handelt sich in erster Linie um Regenbogenforellen und Lachsforellen.

Selbst bei einer IHN-Infektion ist der Verzehr der Forellen für Menschen unbedenklich. Foto: Karin Riggelsen

„Es sind die gleichen Fische. Regenbogenforellen haben weißes Fleisch, Lachsforellen durch besondere Fütterung rotes Fleisch. Das rote Fleisch bringt etwas mehr ein“, erläutert Henk Muus Meyer.

Beim Besuch des „Nordschleswigers" machte sich der Renzer zusammen mit Mitarbeiter Tobias „Tobi“ Wagner ans Werk. Auch zu zweit flutschte es auf dem Schlachtereitisch.

Tobias Wagner ist selbst ausgebildeter Teichwirt und kennt sich zudem sehr gut mit der Fischverarbeitung aus.

„Wir schauen immer ganz neidisch zu ihm hinüber, weil es bei ihm so schnell geht“, erwähnt Henk Muus Meyer mit einem Schmunzeln.

Henk weiß, was er an seinem Mitarbeiter hat, der schon seit zehn Jahren im Familienbetrieb arbeitet.

Mitarbeiter Tobias Wagner ist nicht nur ausgebildeter Teichwirt, sondern auch ein Kenner der Fischverarbeitung. Foto: Karin Riggelsen

Der Ablauf ist genau festgelegt. Die Fische kommen betäubt auf die Verarbeitungsstrecke, wo sie getötet und ausgenommen werden.

Die Innereien kommen in gesonderte Sicherheitsbehälter und werden unter Einhaltung besonderer Auflagen später der Entsorgung zugeführt.

Gleiches geschieht an der speziellen Absaugvorrichtung.

 

Eine spezielle Absaugvorrichtung soll eine Verbreitung von IHN-Viren verhindern. Foto: Karin Riggelsen

„Hier werden in erster Linie die Nieren am Rücken der Fische abgesaugt“, erläutert Henk Muus-Meyer, nachdem er zuvor mit lautem Zischen ein paar Fische mit der Saugapparatur bearbeitet hatte.

Es wird alles dafür getan, eine Verbreitung des IHN-Virus zu verhindern.

Wer in der Schlachterei tätig ist, trägt Schutzkleidung und Maske.

Zumal die Zucht im kommenden Jahr ganz neu aufgebaut werden muss, und es eine Zeit dauert, ehe wieder ausreichend Umsatz gemacht werden kann.

Henk Muus Meyer

Was unterm Strich mit dem Verkauf der Fische rauskommt, sei schwer abzuschätzen, so Henk Muus Meyer.

Der Wert des aktuellen Fischbestandes geht in die Millionen. Da aber der Handel seit Ausbruch der Fischseuche im Mai brachlag und die Betriebskosten weiterliefen, zeigt der Pfeil nach unten.

Bei null wieder anfangen

„Zumal die Zucht im kommenden Jahr ganz neu aufgebaut werden muss, und es eine Zeit dauert, ehe wieder ausreichend Umsatz gemacht werden kann“, erwähnt der Renzer.

Für ihn ist die IHN-Situation gleich in zweifacher Hinsicht bitter, denn Henk betreibt südlich der Grenze einige Angelseen, die er normalerweise mit Fischen aus der Renzer Zucht versorgt.

Diese Möglichkeit ist erst einmal weggefallen. Er muss die Angelfische woanders und zu anderen Konditionen besorgen.

Kleiner Lichtblick im Betrieb sind die geglückte Verarbeitung und der Absatz der Fische.

Das Schlachten der Fische hat sich in der Renzer Zucht schon ganz gut eingespielt. Foto: Karin Riggelsen

Auch für Kollegen, deren Fische von einer IHN-Infektion betroffen sind, ist die Schlachtung zugesagt worden. Die Schlachterei des Renzer Betriebs ist somit der Rettungsanker auch für andere Betriebe.

Die Verarbeitung wird in Rechnung gestellt, den Kohl mache es aber nicht fett,  so der Jungunternehmer.

Man nimmt halt alles mit, was irgendwie dazu beitragen kann, so gut wie möglich aus der Misere zu kommen.

Zurück zu Plan A

Ursprünglich sollte der jetzige Schlachtraum viel kleiner sein, ergänzt mit Räucherei, Hofladen und kleinem Außencafé. Für dieses Vorhaben hat Henk Muus Meyer Fördermittel zugesprochen bekommen.

Er hofft, dass man die IHN-Krise im kommenden Jahr hinter sich lassen und er zu Plan A zurückkehren kann.

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