Leitartikel

„Gute Aussichten für eine moderne Arbeitswelt“

Gute Aussichten für eine moderne Arbeitswelt

Gute Aussichten für eine moderne Arbeitswelt

Apenrade/Aabenraa
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Soziale Verantwortung und Gerechtigkeit werden von jungen Menschen als besonders wichtig bewertet, wenn es um die Wahl ihres künftigen Arbeitsplatzes geht. Einige Unternehmen leben dieses Motto bereits, werden jedoch der Scheinheiligkeit verdächtigt. Eine moderne Arbeitswelt benötigt deshalb eine konstruktive Debatte, meint Nils Baum.

In der vergangenen Woche haben sich mit Fagbevægelsens Hovedorganisation (FA) und Dansk Arbejdsgiverforening (DA) zwei einflussreiche Interessenorganisationen auf neue Regeln für den Mutter- und Vaterschaftsurlaub geeinigt. Künftig soll beiden Teilen gleichermaßen elf Wochen zugesprochen werden, die nicht an den jeweils anderen übertragen werden können.

Aus der Ecke der kleineren selbstständigen Unternehmen wurde daraufhin die Sorge geäußert, ein aufgezwungener Vaterschaftsurlaub könne schnell zu hohen Verdienstausfällen führen. Sollte das Folketing den Vorschlag annehmen, würde das dennoch für mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern sorgen. Und damit voll im Trend dessen liegen, was mehr als 2.600 Berufsschülerinnen und -schülern willkommen heißen: mehr soziale Gerechtigkeit und Verantwortung am Arbeitsmarkt.

Denn das ist das Ergebnis einer Studie zu den Wünschen, wie sich die jungen Menschen ihren künftigen Arbeitsplatz vorstellen. Die Daten wurden an 20 verschiedenen Berufsschulen erhoben.

Die Ergebnisse zeigen klar, dass Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz eine wichtige Rolle spielt. Insbesondere gute Arbeitsverhältnisse, Gleichstellung und die Herstellung nachhaltiger Produkte geben die Berufsschüler als besonders relevant an.

Dazu zählt auch eine gute Balance zwischen Arbeitsleben und Freizeit. Die Möglichkeit, dass beide, Mutter und Vater, gleich viel Anrecht auf Elternschaftsurlaub haben, war übrigens eines der Themen, die unter den Top 10 der abgefragten Punkte lag. Auch werden Jobs, die ein Engagement in der Gesellschaft vor Ort ermöglichen, besonders wertgeschätzt.

Insgesamt haben die jungen Menschen zu 31 verschiedenen Punkten Stellung bezogen. Dass die Ergebnisse so sehr die Bedeutung der oftmals als „weiche Faktoren“ bezeichneten Rahmenbedingungen unterstreicht, bestätigt einen Trend, der bereits seit einiger Zeit zu beobachten ist: Das Gehalt ist zwar nach wie vor auch ein wichtiger Aspekt, steht aber nicht mehr an oberster Stelle.

Deshalb tun die Unternehmen, die in diesen Wochen händeringend nach Arbeitskräften suchen, seitdem die Wirtschaft wieder an Fahrt aufnimmt, gut daran, Werte wie soziale Gerechtigkeit und Verantwortung großzuschreiben.

Dass sie damit nicht immer gut davonkommen, zeigt das Beispiel von Mærsk-Topchef Søren Skou. Er hatte sich zuletzt während der Pride-Woche zusammen mit dem Firmenchef von Novo Nordisk, Lars Fruergaard Jørgensen, Pride-T-Shirts angezogen. Die Unterstellung, dass dies nur aus Profitorientierung, nicht aber aufgrund innerer Überzeugung geschah, ließ nicht lange auf sich warten.

Skou zeigte sich irritiert und sagte, dass sein Unternehmen längst damit aufgehört habe, Entscheidungen nur aus kommerzieller Sicht zu treffen. Diese seien zwar nach wie vor wichtig, doch nicht weniger relevant sei die Tatsache, dass junge Menschen heute nur noch in Unternehmen arbeiten wollten, wenn diese auch etwas Gutes für die Gesellschaft tun würden.

Und genau das haben die Berufsschülerinnen und -schüler mit ihren Antworten eindrucksvoll bestätigt.

Bleibt zu wünschen, dass sich die Debatte konstruktiv weiterentwickelt, sodass die vielversprechenden Entwicklungen für eine moderne Arbeitswelt weder von vermeintlichen Gegensätzen zwischen den Absichten von Unternehmern und den Forderungen junger Menschen unterlaufen noch von Sprechverboten selbst ernannter Moralwächter über die Sorgen von Kleinstunternehmern überlagert werden.

Dann sollten einer modernen Arbeitswelt, in der sich alle wiederfinden, gute Aussichten beschert sein.

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