Rezession

An jedem dritten Arbeitsplatz droht Kündigungswelle

An jedem dritten Arbeitsplatz droht Kündigungswelle

An jedem dritten Arbeitsplatz droht Kündigungswelle

Ritzau/nb
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Die Baubranche ist besonders anfällig für die Folgen der Inflation. Steigende Kosten und ausbleibende Aufträge machen den Firmen zu schaffen und sorgen für Unsicherheit bei den Beschäftigten. Foto: Henning Bagger/Ritzau Scanpix

Diesen Artikel vorlesen lassen.

In den Chefetagen der privaten Unternehmen antworten in einer Umfrage rund 30 Prozent, dass sie in den kommenden sechs Monaten Angestellte entlassen müssen. Und verweisen dabei auf die derzeit hohe Inflation.

Angestellte in privaten Unternehmen müssen sich in der nächsten Zeit auf eine unsicherere Jobsituation einstellen.

Im Rahmen einer aktuellen Untersuchung Gewerkschaft Lederne, in der Führungspersonen organisiert sind, antworten 33,7 Prozent von insgesamt 1.430 Chefinnen und Chefs im Privatsektor, dass sie damit rechnen, im Laufe der nächsten sechs Monate Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen zu müssen. Als Grund werden die Inflation und ausbleibende Umsätze genannt.

Dunkle Wolken zeichnen sich am Horizont der dänischen Wirtschaft ab.

Niklas Praefke, Chefökonom, Lederne

Ein Teil von ihnen musste bereits Angestellte kündigen und erwartet zudem, dass es zu weiteren Kündigungen kommen wird. Die Untersuchung umfasst zahlreiche Branchen und verschiedene große Unternehmen. Es wurde jedoch nicht berechnet, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen sein können.

„Extremen Sturm“ erwartet

Niklas Praefke, Chefökonom bei Lederne, sieht „einen extremen Sturm“ aufziehen und verweist auf die Industrie, Lebensmittelgeschäfte und die Baubranche, die als besonders energieintensive Branchen in erster Linie betroffen seien. Schuld sei die Inflation.

„Dunkle Wolken zeichnen sich am Horizont der dänischen Wirtschaft ab. Es gibt zwar immer Unternehmen, die Menschen entlassen müssen. Aber jetzt ist der Druck so groß, dass man damit rechnen muss, dass die nächsten sechs Monate alles andere als lustig werden“, sagt er.

Die Zeiten ändern sich

Auch der stellvertretende Direktor bei Dansk Industri, Steen Nielsen, teilt die negativen Aussichten der Untersuchung.

„Ich glaube, es herrscht eine weitverbreitete Erwartung, dass sich die Zeiten ändern, und dass wir leider einen Beschäftigungsrückgang sehen werden. In einigen Fällen wird man nicht umhinkommen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen müssen“, befürchtet er.

Ich glaube, es herrscht eine weitverbreitete Erwartung, dass sich die Zeiten ändern, und dass wir leider einen Beschäftigungsrückgang sehen werden.

Steen Nielsen, stellvertretende Direktor bei Dansk Industri

Er verweist ebenfalls auf die Baubranche, die auch vom Immobilienmarkt mitbeeinflusst wird. Es gibt weniger Aufträge und einen Rückgang bei den Bau- und Renovierungsarbeiten.

Starke Ausgangslage

Dennoch befindet sich Dänemark nach Ansicht von Steen Nielsen in einer recht starken Arbeitsmarktlage. Die Beschäftigung ist auf einem Rekordhoch, und es gibt noch immer zahlreiche offene Stellen im Privatsektor.

„Ich denke, dass es zunächst noch gute Möglichkeiten gibt, sich eine andere Arbeit zu suchen“, sagt Steen Nielsen.

Aus Sicht von Niklas Praefke ist die Lage jedoch eher unsicher.

„Ich tendiere zu der Ansicht, dass der Druck und die Probleme im Augenblick so massiv sind, dass wir eine Sättigung sehen werden, und dass die Erwerbslosigkeit nicht mehr im selben Tempo fallen und womöglich sogar etwas zunehmen wird“, sagt er.

Zahl der Langzeitarbeitslosen noch auf Rekordtief

Am Dienstag zeigten Zahlen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsbehörde, dass die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Dänemark auf dem niedrigsten Niveau seit 1996 gefallen ist.

Der Arbeitsmarkt ist in keiner Weise zu Eis gefroren.

Erik Bjørsted, Ökonom, Dansk Metal

„Daran wird deutlich, dass es nach wie vor eine hohe Nachfrage nach Arbeitskräften gibt. Der Arbeitsmarkt ist in keiner Weise zu Eis gefroren“, sagt der Ökonom bei Dansk Metal, Erik Bjørsted.

Die Wirtschaftsweisen haben in ihrem jüngsten Bericht vom Oktober einen Rückgang der Beschäftigung um mehr als 100.000 Menschen bis Ende 2023 prognostiziert. Gleichzeitig hoben sie hervor, dass der Rückgang von einem hohen Niveau aus geschieht.

Mehrere Kündigungswellen in jüngster Zeit

In jüngster Zeit haben mehrere große Kündigungswellen zu einem Zeitpunkt, zu dem Firmen händeringend nach Arbeitskräften suchen, für Aufsehen gesorgt.

Ende September hatte der Windradproduzent Siemens Gamesa mitgeteilt, dass 800 Stellen in Dänemark gestrichen werden. Bei Danish Crown wurden Anfang Oktober 146 Angestellte in den Schlachtereien in Sæby und Ringsted entlassen, nachdem die gestiegenen Kosten für Energie und Futter für einen Rückgang der Produktionsmenge gesorgt hatten. Gleichzeitig teilte das Unternehmen jedoch mit, dass es großes Interesse vonseiten anderer lokaler Unternehmen gäbe, die gekündigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzustellen.

Mehr lesen

Kulturkommentar

Claudia Knauer
Claudia Knauer
„Drum prüfe, wer sich auf ewig tätowieren lässt“