Stadtgeschichte

Das haben ein Fischfilet, H. P. Hanssen und der Königssaal gemeinsam

Das haben ein Fischfilet, H. P. Hanssen und der Königssaal gemeinsam

Fischfilet, H. P. Hanssen und Königssaal auf einen Streich

Apenrade/Aabenraa
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Im jüngsten Nordertor-Bauprojekt, dem Nørreport-Park“, begann Erwin Andresen seinen Rundgang durch das Viertel. Der „Eiffelturm“ ist übrigens ein Werbeprojekt des örtlichen Handelvereins „ShopiCity“. Foto: Jan Peters

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Was haben diese drei so unterschiedlichen Dinge wohl gemeinsam? Die Antwort ist einfach: Sie waren Thema bei einer Veranstaltung des BDN Ortsvereins. „Der Nordschleswiger“ gibt hier weitere Einblicke und hat sogar eine „Breaking News“ dabei.

„Extra für euch ist heute das neue Kunstwerk am Nordertor angebracht worden“, sagt Erwin Andresen, Apenrader Stadtratspolitiker der Schleswischen Partei (SP). Das Kunstwerk, auf das er anspielt, ist nicht unumstritten. Es geht um ein überdimensioniertes paniertes Fischfilet, das seit Mittwoch in dem Durchgang vom Nørreport zum Parkplatz an der Post führt und Kilegaard heißt. Das Werk spaltete die Gemüter sogar über die kommunalen Grenzen hinaus und machte in nationalen und sogar internationalen Medien Schlagzeilen. „Doch Kunst soll zur Diskussion anregen. Und das ist hier geschehen“, hält Andresen fest.
 

Seit Mittwoch hängt das umstrittene Kunstwerk an einer Hauswand in einer Passage. Auch unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Nordertor-Rundgangs gab es geteilte Meinungen über das Werk. Foto: Jan Peters

Erwin Andresen war am Mittwochabend auf Einladung des Apenrader Ortsvereins des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN) im Nordertorviertel (Nørreportkvarter) erschienen, um vor Ort über die Stadtentwicklung zu berichten. Das „Fischfilet“ war nur einer der Sachverhalte, über die er sprach. So erzählte er unter anderem über die Entwicklung des Viertels, das vor Jahren mit leerstehenden Geschäften und einer sehr langen Fußgängerzone zu kämpfen hatte, an deren „toten“ Ende das Viertel lag.

Die instandgesetzten Häuser am Nordertor verleihen dem Viertel ein neues, attraktiveres Aussehen, findet Erwin Andresen. Die Kommune Apenrade hat die Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer finanziell bei den Renovierungsarbeiten unterstützt, um das Viertel aufzuwerten. Foto: Jan Peters

„Es gab viele Ideen, das Viertel wieder aufzuwerten. So war angedacht, die Straße vom Nørreport bis zum Barkmøllevej wieder für den Verkehr zu öffnen. Die Mehrheit hat sich jedoch dagegen entschieden. Wir haben die Bürger mit in den Entscheidungsprozess einbezogen und entstanden ist das neue Viertel, wie wir es jetzt hier sehen“, so der SP-Politiker.

Erfolgreiche Investition

25 Millionen Kronen hat die Kommune investiert, um eine ganze Häuserzeile zu kaufen und abreißen zu lassen. Hier ist ein Stadtpark entstanden. Andere Häuser sind renoviert worden und geben dem Norderviertel einen neuen Glanz. Geschäftsgründerinnen und Geschäftsgründer haben sich dort auch wieder niedergelassen. „Die Mieten sind angepasst worden und machen es attraktiver, sich dort einzumieten“, berichtet Andresen, der von einem ähnlichen Projekt am Apenrader Storetorv berichtet, wo die Stadt ebenfalls investiert habe und es jetzt „vor Leben nur so sprudelt“. „Für jede kommunal investierte Krone geben Investoren drei Kronen“, so die Erfahrungen.

Auch Fassaden sind mit Malereien aufgewertet worden. Foto: Jan Peters

Jetzt werden die kleinen Passagen, die unter anderem die hinter den Häusern liegenden öffentliche Parkplätze mit der Straße verbinden, in Schuss gebracht. „Das wertet auf“, finden einige der Teilnehmenden.

Doch die Begehung des Nordertorviertels war an dem Abend erst der Anfang, denn nach einem kurzen Spaziergang zum „Genforeningspark“ (Wiedervereinigungspark) am „Folkehjem“, der vor zwei Jahren fertiggestellt worden ist.

Im „Genforeningspark“ (Wiedervereinigungspark) übergibt Kurt Seifert das Wort (Mitte r. stehend) an Werner Sternberg (Mitte l. stehend), der die Gruppe durch den Park und das „Folkehjem“ führte, das ab 1900 als Treffpunkt dänisch gesinnter Menschen diente. Foto: Jan Peters

„Eigentlich sollte diese Veranstaltung unser Beitrag zum 100. Jahrestag der Wiederangliederung Nordschleswigs an Dänemark sein. Damals machte das Coronavirus dem Plan jedoch ein Ende. Das holen wir heute nach“, erklärte Kurt Seifert, Mitglied des BDN-Ortsvereinsvorstandes, der die Veranstaltung geplant hat. Und er verwies darauf, dass es „der dänischste aller Tage und wohl einer der dänischsten Orte ist, an dem wir uns hier treffen“, sagte er. Der 15. Juni ist nämlich der „Valdemarsdag“ und der „Tag, an dem Dänemark die Oberhoheit über Nordschleswig übertragen worden ist. Und das Folkehjem, vor dem wir hier stehen, spielte dabei eine bedeutende Rolle“, so Seifert.

Eine Zeitleiste markiert den Weg des deutsch-dänischen Grenzlandes, in dessen Zuge unter anderem zwei sogenannte Schleswigsche Kriege geführt worden sind. Werner Sternberg erzählt kurzweilig die geschichtlichen Abschnitte. Foto: Jan Peters

Er übergab anschließend an Werner Sternberg, der im Wiedervereinigungspark über das geschichtliche Ereignis und wie es dazu kam, berichtete. Außerdem erzählte er über den Park, in dem Apenrader Geschichte „sichtbar gemacht wurde“, so der Fremdenführer, der schon seit Jahren vor allem Schulklassen über die Geschichte der „Wiedervereinigung“ informiert.

Er berichtete unter anderem aber auch, dass die hügelige Landschaft des Parks bewusst so angelegt worden ist, und die durch die jüngste Eiszeit geformte Landschaft Nordschleswigs symbolisiert.

Vor dem Folkehjem standen am 17. November 1918 etwa 3.000 Menschen, um sich die historische Rede von H. P. Hanssen anzuhören. Die in die Steine eingelassenen Fußspuren markieren einige der Menschen, die damals dort standen und über die es heute Hörbeiträge per QR-Code gibt. Foto: Jan Peters

Danach ging es ins Folkehjem, wo vor nunmehr 102 Jahren die Oberhoheit Dänemarks über Nordschleswig deklariert worden ist. Im sogenannten Königssaal des Gebäudes gab es weitere Einzelheiten zur „Wiedervereinigung“. So erzählte Sternberg, dass „die dänisch Gesinnten sich damals nicht versammeln durften, um ihre politischen Gedanken zu diskutieren oder gar auszusprechen. Deshalb sind Versammlungshäuser gegründet worden, in denen man sich vordergründig zu Kaffee und Kuchen, hintergründig jedoch zu politischen Gespräche traf“, so der geschichtsbewanderte Apenrader. 42 solcher Häuser gab es damals in Nordschleswig.

„Was du nicht willst, was man dir tut, das füg auch keinem anderen zu“, so lautet sinngemäß das Zitat von H. P. Hanssen, der damit die dänisch gesinnten Menschen in Nordschleswig nach der Volksabstimmung daran erinnerte, sich nicht gegen ihre deutsch gesinnten Mitmenschen zu wenden. Das Zitat ist in einem Saal des Folkehjems zu lesen. Foto: Jan Peters
Der sogennante Königssaal im Folkehjem Foto: Jan Peters
In der „Aabenraa-resolution“ ist unter anderem festgehalten worden, wer bei der Volksabstimmung teilnehmen darf. Foto: Jan Peters

Noch eine große Neuigkeit

Im „Bildersaal“ gab es neben Kaffee und Kuchen weitere Infos über die dort aufgehängten Gemälde. Kurt Seifert konnte jedoch mit einer weiteren Neuigkeit aufwarten. Er berichtete, dass „Gesine Grandt Texte über den ,Wiedervereinigungspark‘ ins Deutsche übersetzt hat. Das bedeutet, dass auch deutschsprachige Touristen bald in den Genuss von deutschen Texten kommen können“, so Seifert.

Im sogenannten Bildersaal gab es Kaffee und „Gammeldags Æblekage“. Hier berichtete Sternberg noch über einige Personen, die auf den Gemälden im Saal zu sehen sind. Foto: Jan Peters

Die in Flensburg lebende Gesine Grandt ist Museumspädagogin und hat auf der Insel Röm (Rømø) entdeckt, dass es im Museum „Kommandørgård“ keine Informationen in deutscher Sprache gab. Sie hat begonnen, die Texte zu übersetzen, und diese werden jetzt dort eingesetzt.

Texte ins Deutsche übersetzt

Ähnliches ist ihr auch im „Genforeningspark“ aufgefallen, und wieder hat sie sich an die Arbeit gemacht, die Texte, die per QR-Code auf dem Mobiltelefon abgerufen werden können, zu übersetzen.

„Die Kommune hat ihr Ja gegeben, dass die deutschen Texte dort auch bald abgerufen werden können“, berichtet Seifert, der als Organisator der Veranstaltung sehr zufrieden ist. „Es war mit 20 Teilnehmenden eine gute Gruppengröße. So konnten auch Gespräche untereinander und mit dem Leiter geführt werden“.

Im Anschluss schauten sich noch einige der Teilnehmerinnen und Teilnehmer die am Tag zuvor eingeweihte „Vermittlungstreppe“ an, die am Parkplatz des „Wiedervereinigungsparks“ entstanden ist.

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Leitartikel

Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
„Orbáns Schatten reicht bis zu uns ins Grenzland“