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„Dann mache ich das eben“ – Tor Valstrøm geht gegen die Grenzkontrollen vor

„Dann mache ich das eben“ – Tor Valstrøm geht gegen die Grenzkontrollen vor

Tor Valstrøm geht gegen die Grenzkontrollen vor

Dänemark
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Tor Valstrøm hat im Juli seine Petition in Brüssel verteidigt. Foto: Karin Riggelsen/Tor Valstrøm

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Die Grenzkontrollen an der deutsch-dänischen Grenze sind nicht tragbar, so sieht es der Däne Tor Valstrøm. Dank seiner Petition wird sich Dänemark in Brüssel rechtfertigen müssen.

Dänemark gehört zu den EU-Ländern, die das Schengenabkommen unterzeichnet haben, das unter anderem vorsieht, dass die Binnengrenzen des Schengenraums ohne Kontrollen passiert werden können. Eigentlich. Bei einer besonderen Bedrohungslage können die Länder vorübergehend (maximal sechs Monate lang) Grenzkontrollen etablieren. 

Von dieser Möglichkeit macht die dänische Regierung seit 2016 nun alle sechs Monate erneut gebrauch und lässt die Einreise nach Dänemark an der Grenze zu Deutschland, und bis Mai auch zu Schweden, kontrollieren. 

Gegen das EU-Recht

Laut EU-Recht ist eine Einführung von zeitlich begrenzten Grenzkontrollen nur noch dann rechtens, wenn sie als Reaktion auf eine konkrete nationale Bedrohung eingeführt werden. Es handelt sich also um eine Maßnahme Ultima Ratio. 

Dann mache ich das eben.

Urheber der Petition, Tor Valstrøm

Zu Beginn dieses Jahres hatte Tor Valstrøm sich das lange genug angesehen. „Die Grenzkontrollen wurden ja einfach immer weiter fortgesetzt. Das ging nur noch nach dem ,Copy-Paste-Prinzip' mit neuen Rechtfertigungen für die Verlängerungen der Kontrollen“, kritisiert er.

Valstrøm, Cybersicherheitsexperte aus Odense, fährt selbst immer mal wieder über die deutsch-dänische Grenze, sowohl beruflich als auch privat.

Vorreiter in Österreich

Vier Jahre ist es her, dass ein Slowene sich weigerte, den Grenzbeamtinnen und -beamten, seinen Pass zu zeigen, als dieser die Grenze zu Österreich überqueren wollte. Die Sache landete vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH in Luxemburg), wo ein österreichischer Jurist die Verteidigung des Slowenen übernahm. Die Verhandlung endete mit der Erklärung, dass die Grenzkontrollen Österreichs gesetzwidrig seien.

Tor Valstrøm hatte davon gehört. Im Januar dieses Jahres entschloss auch er sich, auf der Heimreise nach Dänemark den Pass nicht hervorzuholen. Gedacht, getan. Was daraufhin folgte war, im Gegensatz zu der Situation in Österreich, keine Geldstrafe, sondern ein konstruktives, freundliches Gespräch mit den Beamtinnen und Beamten, erinnert sich Valstrøm.

Petition als offizieller Weg für Bürgerinnen und Bürger

Im vergangenen Jahr dann schrieb der Schwede Robert Jonsson eine Petition an das EU-Parlament, in welcher er die Grenzkontrollen an der dänisch-schwedischen Grenze anprangerte. Auch das verfolgte Valstrøm.

„Eine an das EU-Parlament gerichtete Petition ist die offizielle Klagemöglichkeit, derer sich EU-Bürgerinnen und -Bürger bedienen können. Gegen die Maßnahmen an der nördlichen Landesgrenze, war bereits ein schwedischer Grenzpendler mit einer Petition aktiv geworden. Bezüglich der deutsch-dänischen Situation habe ich aber nichts dergleichen finden können. Das hat mich zunächst gewundert und dann dachte ich mir: Dann mache ich das eben“, resümiert Valstrøm gegenüber dem „Nordschleswiger“.

Aufsetzen einer Petition bedarf Zeit und Kapazität

So eine Petition nehme natürlich einiges an Zeit in Anspruch, er selber habe bei der Formulierung den Vorteil gehabt, dass er, dank seines beruflichen Hintergrundes, einiges an Vorwissen mitbrachte. Dennoch sei der Großteil der Zeit, die er der Sache gewidmet habe, dem Einlesen in die Regeln und Gesetze gewidmet gewesen, berichtet Valstrøm. „Als ich mich mit den Regeln vertraut gemacht hatte, war mir klar, dass die momentane Handhabung der Grenzkontrollen höchstwahrscheinlich rechtswidrig ist“, erinnert er sich.

Im Juli dieses Jahres verteidigte Tor Valstrøm seine Petition vor dem Parlament in Brüssel. „Ich hatte die Wahl, meinen Vortrag online zu halten oder persönlich zu erscheinen. Aus organisatorischen Gründen habe ich mich dann für ersteres entschieden,“ sagt Valstrøm.

Erhöhung des Drucks auf die Regierung

Auf die Frage, was er sich von seiner Initiative verspreche, erklärt Valstrøm, dass er keine allzu hohen Erwartungen habe. Er mache sich keine Illusion, dass er mit seiner Petition viel bewirken könne, aber es sei immerhin eine Möglichkeit, etwas in Gang zu setzten.

„Jetzt wird es wohl zu einem Dialog kommen, in dem Dänemark aufgefordert wird, sich zu rechtfertigen. Darüber werde ich persönlich aber nicht in Kenntnis gesetzt“, so Valstrøm. In jedem Fall werde nun der Druck auf die Regierung erhöht.

Prinzipiell kann jeder EU-Bürger oder jede EU-Bürgerin eine Petition starten. Dies ist je nach Thema und Vorkenntnissen mehr oder weniger zeitaufwendig. Aber auch bestehende Petitionen, wie die von Tor Valstrøm, können unterstützt werden. „Je mehr sich anschließen desto besser“, so Valström.

Wer die Petition lesen oder unterstützen möchte, kann dies hier tun. 

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