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Bei Notruf unsichtbar: Dilemma mit deutschen Handys in Dänemark

Bei Notruf unsichtbar: Dilemma mit deutschen Handys in Dänemark

Bei Notruf unsichtbar: Dilemma mit deutschen Handys

Apenrade/Aabenraa
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Wer in Dänemark mit einer ausländischen Mobilfunknummer den Notruf 112 wählt, kann nicht sicher sein, dass die eigenen Standortdaten automatisch an die Alarmzentrale übertragen werden. Foto: Dimitri Karastelev/unsplash.com

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Wer mit einem Mobiltelefon in Dänemark unterwegs ist, in dem eine ausländische SIM-Karte steckt, kann im Notfall nicht sicher sein, dass die eigenen Positionsdaten automatisch an die Alarmzentrale übermittelt werden. Obwohl Lösungen möglich sind, wird sich vorerst wenig ändern.

Mit dem Mobiltelefon im Ausland zu telefonieren, im Internet zu surfen oder sich über einen Kartendienst online zu orientieren, ist heutzutage nichts Besonderes mehr.

Doch wer beispielsweise von seinem Mobiltelefon mit einer deutschen Telefonnummer in Dänemark die Notrufnummer 112 wählt, kann nicht darauf zählen, dass dabei auch automatisch die Positionsdaten an die Alarmzentrale übertragen werden. Das schreibt das Technikmedium „Ingeniøren“.

Technische Lösung mit Haken

Ohne eine genaue Standortübermittlung wird es für den Rettungsdienst jedoch schwierig, zügig Erste Hilfe an den Unfallort zu senden.

Eigentlich gibt es dafür seit einigen Jahren eine gut funktionierende technische Lösung, die den Namen „Advanced Mobile Location“ (AML) trägt. In Dänemark ist die Funktion seit mehr als drei Jahren aktiv. Seit 2016 ist sie zudem Standard in allen Android-Telefonen, und auch das iPhone von Apple unterstützt die Technik seit dem Frühjahr 2018.

Der Haken dabei: Zur Übertragung der Standortdaten wird in Dänemark eine SMS versendet. Dies funktioniert jedoch nicht in allen Fällen, wenn die Nutzerin oder der Nutzer auf Roaming angewiesen ist. Damit können Urlauberinnen und Urlauber, die mit ihrer ausländischen Telefonnummer die Notrufzentrale in Dänemark alarmieren, im Regen stehen.

AML

Wer von einem Mobiltelefon einen Notruf startet, übermittelt dank AML („Advanced Mobile Location“) gleichzeitig automatisch die genaue Positionsangabe des verwendeten Mobiltelefons an die Notrufzentrale. Die Position der anrufenden Person wird entweder anhand des globalen Navigationssatellitensystems (GNSS) oder anhand von WiFi ermittelt.

Die Übertragung erfolgt in Dänemark per SMS. Bei AML handelt es sich um ein technisches Protokoll zur Übermittlung von Daten. Es erfordert keine besonderen Einstellungen auf Nutzerseite. Problematisch kann die Übermittlung von AML-Daten jedoch im Falle von Roaming werden.

Roaming

Roaming kommt dann ins Spiel, wenn ein Mobiltelefon in einem anderen Netzwerk als demjenigen, für das man einen Vertrag hat, verwendet wird. Wer sich im Ausland aufhält, kann so weiterhin die eigene Telefonnummer und das eigene Mobiltelefon verwenden. Es verbindet sich dann automatisch mit einem lokalen Netzwerk und ermöglicht so, zu telefonieren, eine SMS zu versenden oder im Internet zu surfen.

Quelle: forbrugsguiden.dk, eena.org

Positionsdaten gehen ans Heimatland

Die Ursachen hierfür können gleich mehrere sein. Während ein Sprachanruf direkt an die Notrufnummer 112 gelangt, wird die SMS mit Positionsdaten standardmäßig noch ins Heimatland der reisenden Person versendet.

Nach Angaben von Benoit Vivier, PR-Manager bei EENA, einem Zusammenschluss der europäischen Alarmzentralen, gelangen die Positionsdaten zwar an die dortige Alarmzentrale, allerdings verarbeite diese die Information nicht weiter. Zudem schreibt „Ingeniøren“, dass Apple bei seinen iPhones derzeit noch kein Roaming von AML-Daten unterstütze. Für Android-Telefone gebe es hingegen bereits technische Lösungen, die allerdings noch nicht in Dänemark implementiert sind, so „Ingeniøren“.

In Dänemark funktioniert das AML-Protokoll auf Grundlage einer sogenannten „langen Nummer“. Diese besteht aus der internationalen Ländervorwahl für Dänemark (+45) und der nachfolgenden Telefonnummer der anrufenden Person. Diese Lösung ist in mehreren europäischen Ländern getestet worden, allerdings sei die Fehlerquote dabei sehr hoch, so Benoit Vivier gegenüber „Ingeniøren“. 

Die Alarmzentrale der Region Süddänemark (Archivfoto) Foto: Kim Rune/Jysk Fynske Medier/Ritzau Scanpix

Für Netzbetreiber nichts Neues

Für die dänischen Mobilfunkunternehmen ist es nichts Neues, dass ausländische Gäste in Dänemark Probleme damit haben, ihre Position automatisch über eine SMS zu versenden, sobald sie die 112 gewählt haben. Schließlich habe die Branche mehrfach gegenüber den Behörden auf die Problematik hingewiesen, so Jakob Willer, Direktor des Branchenverbandes Teleindustrien, gegenüber „Ingeniøren“.

Eine Alternative wäre die Möglichkeit, Positionsdaten über eine sogenannte „kurze Nummer“ zu versenden, um die AML-Informationen zu empfangen. Dabei wird ein dreistelliger Ländercode übermittelt, der den Standort des Mobilfunknetzbetreibers eindeutig identifiziert. Bei dieser Lösung entfällt der Umweg über das heimische Mobilfunknetzwerk des Anrufenden.

Allerdings ist diese Möglichkeit in Dänemark derzeit noch nicht technisch realisiert, da sich die zuständigen Behörden und die Mobilfunkbetreiber nicht einigen können, wer für die Implementierung einer solchen Funktion verantwortlich ist. 

Behörden und Mobilfunkbetreiber uneins

Das Zentrum für Bereitschaftskommunikation der Reichspolizei (Center for Beredskabskommunikation) hat dem „Nordschleswiger“ auf Anfrage mitgeteilt, dass es keine Zusammenarbeit auf internationalem Niveau gebe, um hierfür eine Lösung zu erarbeiten.

„Der Nordschleswiger“ hat auch bei der Bereitschaftszentrale der Hauptstadt (Hovedstadens Beredskab) angefragt. Hier wird auf die obige Kurznummernlösung verwiesen, sodass die AML-Informationen statt an den ausländischen Netzbetreiber im dänischen Netz verbleiben. Dann wäre sichergestellt, dass die Daten in der dänischen Notrufzentrale landen.

Dies würde nach Angaben des Direktors des Branchenverbandes Teleindustrien, Jakob Willer, allerdings erfordern, dass die Netzbetreiber ihre Netze entsprechend dafür ausrüsten. Hierzu müssten sie in einen Dialog mit den Behörden treten, so Willer gegenüber dem „Nordschleswiger“.

Vor Notruf informieren

Deshalb kann noch einige Zeit verstreichen, ehe eine Lösung gefunden ist. Solange ist es von Vorteil, wenn die anrufende Person bei einem Notruf neben Angaben zur eigenen Person, der Anzahl Verletzter und der Schwere der Verletzungen auch eigenständig Angaben zum Standort machen kann, an den die Hilfe geschickt werden soll, so das Zentrum für Bereitschaftskommunikation der Reichspolizei.

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